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Kommentar zur Einführung von BYLES Startseite
Lesen Arbeitsbelastung

Gutes Diagnoseinstrument, schlechter Zeitpunkt

BLLV-Expertin Antje Radetzky begrüßt, dass es endlich einen wissenschaftlich fundierten und kostenfreien Lesetest gibt. Bei der Einführung in der Stressphase zu Schuljahresbeginn stellt sich aber die Frage, wie ernst es der Ministerin mit der Lehrkräftegesundheit ist.

Das Bayerische Lesescreening (BYLES) ist ein standardisierter digitaler und adaptiver Lesetest, der im Auftrag des Kultusministeriums für Grundschulen in Bayern entwickelt wurde. Dieser ermöglicht es Lehrkräften, die Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler systematisch zu erfassen und ist Teil der so genannten PISA-Offensive. Denn, wie Kultusministerin Anna Stolz (FW) betont, „Lesen ist eine Schlüsselkompetenz für ein erfolgreiches Leben“.

Es ist durchaus erfreulich, dass uns mit BYLES endlich ein geeignetes, wissenschaftlich fundiertes und kostenfreies Diagnoseinstrument zur Verfügung gestellt wird. Diagnosegeleitete Förderung ist bekanntermaßen effektiver und unterstützt die gezielte Entwicklung der Lesekompetenz unserer Schülerinnen und Schüler. In diesem Sinne scheint der richtige Schritt gemacht worden zu sein.

Genau dann, wenn  am meisten zu tun ist?

Der jetzt gewählte Zeitpunkt für die Einführung dieses Konzepts könnte jedoch unpassender nicht sein.

Pünktlich zum Schulanfang trudelten die ersten Kultusministeriellen Schreiben (KMS) dazu ein, mitten in der Fülle der vielen weiteren Schreiben und Informationen zum Schuljahresbeginn. Die dazugehörigen Fortbildungen für Schulleitungen sind auf den 24. und 25. September terminiert – also mitten im hektischen Schuljahresanfang.

In dieser Phase sind die Schulleitungen bereits durch die vielen organisatorischen Erfordernisse zum Schuljahresanfang sowie das Erstellen der Oktoberstatistik ohnehin sehr stark gefordert. Die Koordinatoren der BayernCloud Schule (ByCS), welche die technischen Voraussetzungen für den Einsatz von BYLES schaffen sollen, sind sowohl mit ihrer eigenen Klasse und ihrem Unterricht als auch mit der Anlage vieler neuer Zugänge uvm. beschäftigt.

Die, die fördern sollen, müssen dazu in der Lage sein

Auch die Lehrkräfte haben zu Schuljahresbeginn ohnehin schon viel zu tun, damit eine gute Klassengemeinschaft entsteht und qualitativer Unterricht stattfinden kann. Und genau dann kommt nun auch noch die Einführung von BYLES.  Diese zusätzliche Belastung widerspricht dem erklärten Ziel der Ministerin, die Gesundheit der Lehrkräfte stärker in den Fokus zu rücken. Statt die Lehrkräfte zu entlasten, kommt zu Beginn des Schuljahres noch eine weitere, umfangreiche Aufgabe hinzu.

Leseförderung hat bei uns im BLLV eine lange Tradition und ist uns ein Herzensanliegen. Die Unterstützung durch BYLES bei der diagnosegeleiteten Förderung begrüßen wir sehr. Doch der für die Einführung gewählte Zeitpunkt belastet die ohnehin schon sehr geforderte Kernmannschaft an den Schulen noch mehr. Förderung von Lehrkräftegesundheit sieht anders aus.

<< Antje Radetzky, Leiterin der Abteilung Berufswissenschaft im BLLV