Über Freundschaft, Vorurteile und witzige Mäuse auf dem Weg in die Wüste
Das Forum Lesen empfiehlt im Juli zwei liebenswerte und lustige Lesebeginnerlektüren über wahre Freundschaft und mit sprechenden Tieren sowie eine spannende, zum Nachdenken anregende Schulgeschichte von Juli Zeh.
Wir vier Helden. Froschtage
Von Maike Harel
- Mit Illustrationen von Julia Dürr
- Verlag: Carlsen
- ISBN: 978-3-551-69093-7
- Preis: 9,00 Euro
- Seiten: 59
- Altersempfehlung: ab 7 Jahren
Die ganze Klasse muss die Fahrradprüfung ablegen und das macht Ludwig traurig, denn er kann nicht richtig Fahrrad fahren. Aber er ist nicht allein, seine Freunde stehen ihm bei.
Eine liebenswerte Geschichte über wahre Freundschaft und gegenseitige Unterstützung mit wunderbaren Illustrationen, die das Textverständnis erleichtern.
Inhalt:
Niko aus der 3a gibt fürchterlich an und spielt sich als Held auf, weil er eine kleine Katze gerettet hat. Also wollen Mila, Ludwig, Pepe und der/die Ich-ErzählerIn auch durch eine gute Tat Ruhm ernten und beschließen, Kröten bei ihrer Wanderung zu helfen und sie über die Straße zu tragen. Zwar sind zunächst keine Kröten vorhanden, aber ein Problem taucht doch auf: Die Fahrradprüfung steht an und Ludwig kann nicht richtig Fahrrad fahren. Nun müssen die Freunde erst einmal ihm helfen und mit ihm üben. Das klappt nur halb, sodass am Ende Ludwig, Mila und das Fahrrad in einem Bach liegen. Bei der Fahrradprüfung fährt Ludwig zwar nicht perfekt, aber ohne umzufallen. Als der Prüfer, ein Polizist, einen dummen Scherz mit ihm macht, stehen die Freunde Ludwig heldenhaft zur Seite. Was für ein schönes Gefühl, richtig gute Freunde zu sein!
Bewertung:
„Wir vier Helden. Froschtage“ ist in der Erstlesereihe „Einfach Lesen Lernen“ erschienen und wird seinem Anspruch, LeseanfängerInnen Spaß am Lesen zu vermitteln, wirklich gerecht. Zum einen ist es eine liebenswerte Geschichte, die hier erzählt wird und in der u.a. – für eine mögliche Klassenlektüre hervorragende Gesprächsanlässe - die Themen Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Fairness, aber auch Selbstbehauptung angesprochen werden. Zum anderen erleichtern der einfache Wortschatz, die kurzen Sätze, das klare Schriftbild und nicht zuletzt die comicartigen Bilder den Kindern das Lesen und das Textverständnis. In der kurzen Geschichte begegnen wir ganz unterschiedlichen Charakteren, die alle zu ihrem Recht kommen und in ihrer Verschiedenheit von den anderen akzeptiert werden bzw. voneinander profitieren.
Sehr zu empfehlen, auch für Büchereien oder als erste Klassenlektüre!
Der war's
Von Juli Zeh und Elisa Hoven
- Mit Illustrationen von Lena Hesse
- Verlag: Carlsen
- ISBN: 978-3-551-65308-6
- Preis: 12,00 Euro
- Seiten: 152
- Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Wer hat Maries Supersandwich geklaut? Der dicke Konrad war’s – wer sonst? Schnell ist sich die Klasse 6a da einig. Auch die Krümel auf dessen Pullover lassen drauf schließen, dass er es war, der Maries Pausenbrot gestohlen hat. Aber war es wirklich? Oder sollte man doch erst einmal genauer hinschauen?
Eine spannende und gleichzeitig sehr informative und einprägsame Schulgeschichte der besonderen Art. Sehr empfehlenswert!
Inhalt
Wer hat Maries Supersandwich geklaut? Der dicke Konrad war’s – wer sonst? Schnell ist sich die Klasse 6a da einig. Auch die Krümel auf Konrads Pullover lassen drauf schließen, dass er es war, der Maries Pausenbrot gestohlen hat. Wahre Wunderwerke an gesundem Pausensnacks produziert Maries Mutter täglich für ihre Tochter und die sind natürlich für einen wie Konrad, der gerne isst, eine große Verlockung, klare Sache! Als sich der Vorfall wiederholt und Konrad dem Anschein nach in flagranti erwischt wird, bestätigt sich für die Kinder der Verdacht. Besonders Torben, dessen Vater Polizist ist, ist sich da ganz sicher und versendet per WhatsApp an alle SchülerInnen der Schule kompromittierende Fotos von Konrad. Gemeinsam mit Lukas, Phil und Anna beschließt er außerdem, dass der Täter – also Konrad – eine handfeste Abreibung, einen Denkzettel bekommen muss. Auf dem Heimweg lauern sie Konrad auf und verprügeln ihn. Doch als die Geschädigte, also Marie, interveniert, wird allen klar, dass es so nicht weitergehen kann. Sie beschließen, eine richtige Gerichtsverhandlung abzuhalten. In deren Rahmen stellt sich heraus, dass Konrad unschuldig ist. Wer aber hat dann die Supersandwiches geklaut?
Bewertung
Eine Geschichte wie aus dem wahren Leben gegriffen haben sich die beiden Autorinnen da einfallen lassen. Sie zeigen, wie schnell es zu Vorverurteilung und Mobbing in einer Gruppe kommen kann und wie die Rollen hierbei verteilt sind. Zunächst ist es also z.B. mit der Unschuldsvermutung - davon haben die Kinder ja auch noch nichts gehört - nicht weit her. Erstaunlich rasch aber organisieren sie sich dann selbst – die Lehrkräfte sind samt und sonders als sehr unfähig gezeichnet – und ziehen eine richtige Gerichtsverhandlung durch, nachdem sie sich über die Abläufe und die verschiedenen Rollen dabei schlau gemacht haben. Den Lesenden vermitteln die Autorinnen dabei in recht einprägsamer Weise, wie es bei Gericht zugeht. Unter der Überschrift „Nachgefragt. Wie funktioniert ein Strafverfahren?“ liefern sie, die ja beide vom Fach sind, im Anhang in einfachen und verständlichen Worten Erklärungen zu Fragen rund um das Thema Strafverfolgung und Gerichtsbarkeit. Die Geschichte selbst ist gleichzeitig ein Plädoyer gegen Mobbing, Vorurteile (die dem Aussehen nach vermeintliche Ausländerin hat eine deutsche Großmutter und spricht perfekt Deutsch) und Vorverurteilungen.
Die ProtagonistInnen nehmen sich das, was sie durch die Sache mit Konrad gelernt haben, sehr zu Herzen und setzen es um. Natürlich sind sie insgesamt recht klischeehaft und überspitzt gezeichnet und fungieren eher als Rollen denn als echte Charaktere. Aber es sind genau die Rollen, die man tatsächlich in einer Klasse findet.
Juli Zeh hat zudem recht genau hingeschaut, wie es heutzutage in den Schulen zugeht, und mit spitzer Feder Auswüchse des deutschen Schulsystems auf die Schippe genommen. Besonders Erwachsene amüsieren sich sicher königlich über diese Spitzen, z.B. über die Vertretung von der Vertretung, die gleich zwei Klassen zeitgleich betreuen muss, über die „pädagogischen“ Gespräche zwischen den Lehrkräften, während die Kinder nicht weit entfernt einen Mitschüler verprügeln, oder über den Schulhund, der auf dem Schulgelände herumlaufen darf, „weil eine Studie aus Dänemark heraufgefunden hat, dass Schulhunde die Lernfähigkeit von Kindern erhöhen“.
Alles in allem eine spannende und gleichzeitig sehr informative und einprägsame Schulgeschichte der besonderen Art. Sehr empfehlenswert!
Mafalda mittendrin
Von Katja Alves
- Mit Illustrationen von Jutta Wetzel
- Verlag: magellan
- ISBN: 978-3-7348-4126-2
- Preis: 15,00 Euro
- Seiten: 139
- Altersempfehlung: ab 8 Jahren
Mafalda darf auf die zwei Wüstenrennmäuse Cosimo und Claus aufpassen, die dem Freund ihres Bruders Flynn gehören, aber kurzzeitig bei Matilda zu Hause zu Besuch sind. Es kommt, wie es kommen muss – die Mäuse entwischen aus ihrem Käfig und schlüpfen aus der Wohnung ins Treppenhaus. Zu allem Überfluss ist da auch noch Kater Caligula im Haus unterwegs …
Ein Reihenauftakt mit einer turbulenten Geschichte, die von Situationskomik, lustigen Dialogen und witzigen Illustrationen lebt. Sehr empfehlenswert!
Inhalt
Mafalda Beckmann ist überglücklich: Sie darf auf die zwei Wüstenrennmäuse namens Cosimo und Claus aufpassen, die ein Freund ihrem Bruder Flynn für ein Biologieprojekt ausgeliehen hat. Flynn will nämlich trotz der Verantwortung für die Mäuse unbedingt am Wochenende an einem Skaterevent teilnehmen.
Kaum ist er weg, als die beiden Rennmäuse einen unbeaufsichtigten Moment nutzen und Mafalda und ihrer Freundin Selin entwischen. Nun ist guter Rat teuer. Natürlich dürfen Mafaldas Eltern nichts von der unangenehmen Situation mitbekommen. Mafalda und Selin beginnen eine systematische Suchaktion – sie wohnen in einem Mehrfamilienhaus - und lernen dabei die Mitbewohner im Haus näher kennen. Die Rennmäuse, die sich in dieser Geschichte in Menschensprache unterhalten können, haben nur ein Ziel: die Wüste, ihre Heimat. Ist nur die Frage, wo die ist. Auch Kater Caligula, den Frau Kowalski aus dem ersten Stock unerlaubterweise als Haustier hält, ist der Menschensprache mächtig. Und der stellt fest, dass es in seiner Wohnung plötzlich köstlich nach Maus riecht …
Bewertung
Schon auf Innendeckel und Vorsatzblatt werfen wir einen Blick in das Treppenhaus von Mafaldas Zuhause, sodass wir eine Vorstellung davon bekommen, wo sich die Geschichte abspielt. Dass durch die Suchaktion der beiden Mädchen Bewegung ins ganze Haus gekommen ist, stellt man fest, wenn man dasselbe Treppenhaus auf dem hinteren Buchdeckel betrachtet: Nun ist es richtig belebt.
Familie Beckmann wohnt im zweiten Stock. Bei Mafalda und ihrem Bruder Flynn – einem Teenager – geht es zu wie im wirklichen Leben: Der Umgang der Geschwister untereinander ist wenig freundlich, der Papa ist im Homeoffice, die Mama arbeitet in der Apotheke und beide haben viel zu tun. Ein Haustier steht bei Mafalda ganz oben auf der Wunschliste, aber Haustiere sind im Haus ja nicht erlaubt. Das kennen viele junge LeserInnen auch so.
Turbulent und mit viel Situationskomik – wenn z.B. der Student Luca die Körner, die die Mädchen ausgestreut haben, um die Mäuse anzulocken, aufsaugt, um Frau Kowalski zu helfen, und dabei die Rennmaus Claus gleich mit im Staubsaugerbeutel verschwindet, sehr zum Entsetzen seines Bruders Cosimo - nimmt die Geschichte ihren Lauf – mit einem hohen Schmunzelfaktor für den erwachsenen Leser und viel Spaß und Spannung für den jungen. Kaum kann man sich vorstellen, dass die beiden Rennmäuse das Abenteuer wohlbehalten überleben, angesichts der Gefahren, die ihnen bei ihrem Ausflug durch das Mehrfamilienhaus drohen. Nicht nur die Dialoge zwischen den beiden Rennmäusen sind witzig, auch die Illustrationen, die sich fast auf jeder Seite finden, tragen ihren Teil zum Lesevergnügen bei.
Ein gelungener Reihenauftakt, der gut zum selbst Lesen geeignet ist für schon etwas geübtere Leserinnen und Leser, sich aber auch wunderbar fürs Vorlesen eignet.