Ich unterstütze das Manifest: HALTUNG ZÄHLT, ...
... weil Gewalt und Rücksichtslosigkeit den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährden. Es ist unsere Pflicht, dem entgegenzuwirken. Dazu bedarf es in unserem Land klarer Regeln, die für alle gleichermaßen gelten und die nicht verhandelbar sind. Diese Regeln umfassen nicht nur formale Gesetze, sondern auch Umgangsformen und ein Verständnis dafür, was man tut und was man eben nicht tut. Nur wenn wir uns darüber einig sind, kann unsere Gesellschaft auch auf Dauer ihren Zusammenhalt bewahren.
Zu diesen Regeln gehört auch die Ächtung jeder Form von Gewalt, sei sie körperlich oder seelisch. Denn wir müssen uns darüber im Klaren sein: Gewalt gebiert immer wieder neue Gewalt. Menschen, und gerade Kinder, die Gewalt erfahren und erdulden mussten, wissen sich in schwierigen Situationen häufig nicht anders zu helfen als mit Gewalt. Sie übernehmen die Verhaltens- und Konfliktlösungsmuster, die sie kennen. So geben Menschen die Verletzungen, die sie erlitten haben, einfach weiter, übertragen sich Gewalterfahrungen von einer Generation auf die nächste.
Dabei dürfen wir uns keine Illusionen machen: Ohne es bewusst wahrzunehmen, sind wir Zeuge einer zunehmenden Enttabuisierung von Gewalt. Das zeigt sich in der politischen Rhetorik und den gesellschaftlichen Umgangsformen, die mittlerweile sogar in einigen europäischen Nachbarländern Platz gegriffen haben, es zeigt sich im Erfolg gewaltverherrlichender Filme, Fernsehserien und Computerspiele und es zeigt sich in den sozialen Netzwerken, wo Cybermobbing, also brutalste seelische Gewalt, das Bloßstellen anderer und perfide Drohungen ein Klima geschaffen haben, das an den mittelalterlichen Pranger oder Lynchjustiz erinnert.
Verstärkt wird diese Entwicklung dadurch, dass Gewalt alltäglich zu werden scheint. Das belegen nicht nur die sich in immer kürzeren Abständen ereignenden Terrorattacken in Europa. Nein, auch die schier unfassbaren Erfahrungen, die Traumata, die viele Flüchtlinge mitbringen, werden auf Dauer nicht ohne Einfluss bleiben auf unsere Gesellschaft. Vielfach liegt es vollkommen außerhalb unserer Vorstellungskraft, was diese Menschen erlitten haben.
Umso wichtiger ist es, die Betroffenen - und vor allem die Kinder unter ihnen - therapeutisch zu begleiten, um ihnen Auswege zu zeigen aus einer Situation, aus der sie ohne Hilfe nicht herausfinden werden. Hier ist jeder Euro gut angelegt. Je früher wir den betroffenen Menschen helfen, umso eher haben sie eine Chance, ihre Traumata zu überwinden und in unserer Gesellschaft anzukommen. Dabei weisen viele der Betroffenen keine sichtbaren Narben auf.
Vielmehr müssen sie Verlusterfahrungen bewältigen, haben Furchtbares anschauen müssen, Beleidigungen, Demütigungen und emotionale Erpressung erlitten. Gerade Kinder und Jugendliche haben häufig Schuldgefühle entwickelt ohne sich schuldig gemacht zu haben. Wir müssen verhindern, dass sich das in sie einprägt.
Deshalb ist es so wichtig, genau darauf zu achten, wie wir mit den Menschen, die zu uns kommen, aber auch wie wir miteinander umgehen. Gerade in einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammenleben, brauchen wir klare Regeln und Anstand im Umgang miteinander. Das umfasst die Ächtung jeder Form von Gewalt jedem und jeder gegenüber. Denn ich sehe es als unsere Verantwortung, dass jeder in diesem Land frei - und angstfrei - leben kann.