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Bildungsqualität

Albtraum adé

Das Schuljahr startet: Mit einer Pressekonferenz des BLLV – und mit denselben Inhalten: Lehrkräfte fehlen, Bildungsqualität sinkt, Personal vor dem Burn-out. Es ist alles gesagt, im Süden nichts Neues. Und doch: Gerade jetzt ist Grund zur Hoffnung.

Bildungsqualität auf höchstem Niveau. Lehrkräfte professionell aufgestellt, flächendeckend multiprofessionelleTeams; Förderung ist auf allen Ebenenmöglich: Ganztagsbildung, Inklusion, Digitalität, Integration und individuelle Förderung ist auf höchstem Niveau in den Schulen angekommen; ausreichend Ressourcen für Partizipation, Demokratiebildung, politische Bildung und Bildung für Nachhaltige Entwicklung, genügend Zeit zur Entwicklung von Basiskompetenzen und Zukunftsskills – das Schuljahr startet unter besten Vorzeichen. Wir Lehrerinnen und Lehrer freuen uns auf das neue Schuljahr und werden alle Erwartungen erfüllen können. Ein Traumberuf.

Wie gerne würde ich mal die BLLV-Pressekonferenz zum neuen Schuljahr so antexten. Wie schön wäre es für unsere Kolleginnen und Kollegen, wenn sie unter solchen Voraussetzungen ins neue Schuljahr starten könnten. Wie glücklich wären die Schülerinnen und Schüler, wenn sie spüren könnten, dass sie ganzheitlich gebildet und in ihren Schwächen und Stärken individuell abgeholt werden.

Ein Traum von einem Beruf. Ein erfüllbarer? Über Monate hinweg hat sich Kultusministerin Anna Stolz in allen Regierungsbezirken ein ungeschöntes Bild gemacht von der Realität an den Schulen. Hat einen Workshop nach dem anderen besucht. Und jetzt? Die Schwachstellen sind benannt, die Gelingensbedingungen sind aufgeschrieben, auf zig Flipchart-Seiten sind Ideen, Visionen und konkrete Maßnahmenkataloge zur Umsetzung gesammelt. Jetzt müssen die Ideen runter von den Stellwänden, rein in die Schulhäuser. Die To-Do-Liste ist klar, Frau Ministerin, legen Sie auf!

Die Grundschule braucht mehr statt weniger, die Stundentafel muss ausgeweitet werden. Schluss mit Streichkonzerten. Keine roten Linien mehr, weder beim Sport noch beim Werken. Der Übergang Kita / Schule braucht nicht nur eine Sprachstandsdiagnostik, sondern echte individuelle Fördermöglichkeiten mit qualifiziertem Personal – nicht nur im Vorkurs.

Die Mittelschule braucht massiv politische Stärkung und ein echtes Bekenntnis für die Kinder in dieser Schulart. Sie darf nicht zum Schmuddelkind dieses Schulsystems verkommen. Das verdienen weder die Schülerinnen und Schüler noch die Kolleginnen und Kollegen. Mit ein paar Pflastern wird’s nicht getan sein. „Diese Kinder“ wird es immer geben, egal in welcher Schulstruktur, sie brauchen eine Lobby. Als solche fordertder BLLV: Die Staatsregierung muss sich bekennen.

In den Förderschulen zerreißen sich die Kolleginnen und Kollegen.Sie müssen immer umfassendere Bedarfe der Kinder bewältigen – und sind doch bei weitem zu wenige. Das gilt auch für die inklusiven Regelschulen. Die betroffenen Kinder brauchen mehr Profis denn je, und davon viele. Die Grund-, Förder- und Mittelschulen haben jetzt lange Jahre den gravierenden Lehrkräftemangel ertragen und getragen. In Zukunft werden auch Realschule und Gymnasium zu spüren bekommen, dass das Personal nicht mehr reicht.

Imagekampagnen richten es nicht. Wenn man sich jetzt etwas sparen kann, dann das ewige Loblied auf die beste Bildung in Bayern. „Wie wäre es mit einem Lehramtsstudium?“ – das klingt für viele Abiturienten inzwischen so verlockend wie „Probier doch mal Weißwursteis“. Woran man keinesfalls mehr sparen kann: an der Kernmannschaft. Je schlechter die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen werden, desto schlechter geht es ihnen. Noch immer hallt so manchem das Kanzlerwort in den Ohren: faule Säcke.

Verständlich, dass viele allergisch reagieren, wenn Politiker mantraartig die vermeintlich einfachste Lösung propagieren: Einfach mehr arbeiten! Weniger Teilzeit! Dann wird das schon. Was dann wird, ist klar: mehr Dienstunfähigkeiten, höhere Burnout-Quoten, weniger Unterrichtsstunden in Summe. Also: Bei einem chronischen Mangel an Lehrkräften brauchen die vorhandenen Lehrkräfte Entlastung statt zusätzliche Belastung. Klingt komisch? Ist aber so.

Der Traum vom gelingenden Schulleben kann wahr werden.Die Zeiten der umfassenden Krisen sind auch ein Fenster guter Gelegenheiten. Beste Arbeitsbedingungen, große Flexibilität,echte Eigenverantwortung und klare Fokussierung des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrags – das sind die Stellschrauben für den Erfolg. Langfristig geht es womöglich auch um die Frage, ob das System auf Biegen und Brechen aufrechterhalten werden muss. Müssen denn immer die Kinder ins System passen, kann sich nicht endlich das System den Kindern anpassen? Wir erwarten keine Revolution. Aber eine gesunde systemische Veränderung täte der ganzen Schulfamilie gut – und der Gesellschaft im Ganzen.

Der BLLV hilft gerne mit, die große Schraube zu drehen. Was sonst sollen wir tun? Welche Analyse hätten wir noch nicht geliefert, welche Forderung noch nicht gestellt, welches Argument noch nicht geliefert? Es ist alles gesagt. Handeln ist angesagt! Wir wissen wie, die Ministerin weiß wie. Also dann: Go!

» zur bayerischen schule #5: Lückenbüßer



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