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Neustart an den Schulen Startseite

„Wir sind da“

Wie werden die Schulöffnungen ab Montag in Bayern laufen? „Wir packen das an“, sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann in der BR-Sendung "Münchner Runde": „Auf der Marathonstrecke, die jetzt zu laufen ist, wollen wir unsere Expertise einbringen.“

Familien trifft die Corona-Krise besonders hart. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann versteht, dass es in der aktuellen Situation viele Sorgen und Fragen zur Schule gibt. Sie betont in der "Münchner Runde" des BR-Fernsehens aber auch: „Die Profis sind wir: Der Lehrer, der das Fach schon seit langen Jahren unterrichtet, seine Klasse kennt, die unterschiedlichen Jahrgangsstufen kennt. Er weiß ganz genau, was er in der neuen Situation mit den Kindern tun kann.“

Dem stimmt Kultusminister Michael Piazolo zu. Er verweist zwar auf eine Vielzahl kultusministerieller Schreiben aus den letzten Tagen, die den Rahmen für die Schulöffnung vorgäben, stellt aber mit Blick auf die BLLV-Präsidentin klar: „Ich sage ganz deutlich: Da sind die Profis! Ich als Kultusminister sage nicht dem einzelnen Lehrer, was er zu tun hat. Das weiß er und sie vor Ort besser. Dafür sind sie ausgebildet, auch wenn sie sich an die neue Situation herantasten müssen.“

Vertrauen sei jetzt wichtig, betont Fleischmann. „Wir haben keine Normalität. Es ist nicht so wie in den letzten Jahren. Wir müssen uns zum Beispiel an neue Feedback-Strukturen gewöhnen.“ Zudem gebe es sehr unterschiedliche Herausforderungen. So müsse ein Gymnasiallehrer mit acht Klassen etwa 250 Schülerinnen und Schüler versorgen. „Fünf Wochen Training haben wir hinter uns“, sagt die BLLV-Präsidentin. „Wir strengen uns alle an. Es gibt wunderbare Untersuchungen, die zeigen, dass ungefähr 80 Prozent der Eltern sehr zufrieden sind.“


Große Sorgen um alleingelassene Kinder

Die Corona-Krise verschärft auch die Bildungsungerechtigkeit. In seiner Funktion als Schulleiter in Schweinfurt kommt BLLV-Vizepräsident Tomi Neckov in der Münchner Runde zu Wort: „Viele unserer Kinder haben zuhause ganz wenig Unterstützung beim Lernen. Viele sind an der Jugendsozialarbeit angedockt. Wie geht es mit diesen Kindern weiter, wenn die Schule weiter zu bleibt?“

Simone Fleischmann greift das Thema auf: „Hier spüren wir Lehrerinnen und Lehrer deutlich, dass wir den Kontakt verloren haben. Du rufst an, versuchst den Schüler in die Videokonferenz einzubinden. Aber das geht nicht, er kann nicht, ist nicht erreichbar und die Eltern sind auch nicht da. Du machst dir Sorgen um diese Kinder. Wir wissen alle, wie sehr Lernerfolge schon immer vom sozioökonomischen Hintergrund des Elternhauses abhängig waren. Das gilt nun umso mehr, wenn das Kind ganz alleine ist und niemanden mehr hat, der sich kümmert. Wir sind weg, die Institution Schule fällt weg.“

„Deswegen schlagen wir als Lehrerinnen und Lehrer vor, auch die Kinder in die Notbetreuung zu holen, die allein gelassen sind und um die wir uns große Sorgen machen“, sagt die BLLV-Präsidentin mit dem Verweis auf die Praxis in anderen Bundesländern. „Lehrerinnen und Lehrer sind bereit, sich hier einzubringen. Es haben sich damals auch schon viele gemeldet, um in den Gesundheitsämtern auszuhelfen. Wir wollen. Wir sind da!“

Neustart der Schulen

Zu den geplanten Regelungen für die Öffnung der Schulen sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann in der Rundschau des Bayerischen Fernsehens: „Wir müssen jetzt schauen, wie wir das an den Schulen vor Ort umsetzen können. Es braucht höchstes Vertrauen von denjenigen, die die Vorgaben gemacht haben.“

In der Mainpost schildert Tomi Neckov die Situation vor Ort. An der Frieden-Mittelschule in Schweinfurt werden am Montag 120 Schüler aus sechs Abschlussklassen zurück erwartet. Unterricht gibt es dort nur in den Kernfächern in Kleingruppen und in getrennten Klassenzimmern mit ausreichend Abstand. Dafür sind doppelt so viele Lehrkräfte nötig. Noch sei das kein Problem, sagt Neckov der Zeitung. "Aber sollten mehr Schüler zurückkehren, können wir das nicht mehr stemmen", warnt er.

Ähnlich beschreibt es Frank Hortig, Rektor der Gustav-Leutelt Schule in Kaufbeuren und stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Berufswissenschaften im BLLV, in der Münchner Runde. Zwar könne er den vorgeschriebenen Mindestabstand in normalen Klassenzimmern durch versetzte Sitzordnung einhalten, im Werkraum werde es aber schwierig: "Die Arbeitsplätze beim Werken muss ich so umgestalten, dass vielleicht nur eine Werkbank pro Schüler möglich ist. Hier brauchen wir eine Maßnahme, denn da geht es um Klassenbildung, Gruppenbildung und die Organisation des Stundenplans: Wie viele Schüler können von einem Lehrer betreut werden?" Spätestens wenn Kinder in die Grundschule zurückkehren, sieht Frank Hortig einige Probleme, vor allem bei den für die jüngeren Schüler besonders wichtigen offenen Formen wie dem Erzählkreis – hier sei der Mindestabstand unmöglich einzuhalten. Es gebe Unterstützungsbedarf für Schulleiter seitens des Kultusministeriums, stellt der Rektor klar.


Fair, sicher und achtsam

Auf die schwierige Situation in den Schulen geht auch BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann ein und betont, dass die Risikogruppen unter den Lehrkräften nicht in die Schulen gehören. "Der Gesundheitsschutz der Lehrer und Lehrerinnen muss jetzt das oberste Gebot sein. Das führt in der einen Schule dazu, dass ich nicht die passgenauen Schülerzahlen zu den Lehrerzahlen habe, in einer anderen Schule mag es gut funktionieren." Fleischmann erklärt: "Es wird also ganz unterschiedliche Situationen geben und es wird den Schulleiter geben, der sagt, ich kann das beim besten Willen nicht vorhalten. Dann ist es verantwortungsvoll, wenn er sagt, ich kann nicht öffnen." Dem stimmt auch Kultusminister Piazolo in der Münchner Runde zu, bittet aber darum eine Schulöffnung nicht wegen "einem fehlenden Stück Seife" abzusagen.

Im Gespräch mit Radio Arabella sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: „Wir müssen zusammenrutschen – nicht körperlich, aber intellektuell – und sagen: Wir haben keinen Normalzustand, also kann auch nichts normal so wie sonst laufen und das muss es auch nicht. Wir packen das alle miteinander, zur höchstmöglichen Zufriedenheit. Mit höchster Fairness für die Abschlussschüler und höchster Sicherheit. Wir müssen alle zusammen achtgeben, dass jeder gesund bleibt und dass wir gut durch diese Krise kommen.“

Erstmal zählt der Mensch

Diese Sichtweise teilt auch der Kultusminister und bremst ebenfalls überzogene Erwartungen: „Natürlich werden wir die Ziele der Lehrpläne in diesem Jahr nicht erreichen. Das ist aber auch nicht notwendig. Es geht jetzt um Basiswissen und darum, das zu erwerben, was für das nächste Schuljahr wichtig ist. Wir wissen dabei aber jetzt schon, dass auch das nächste Schuljahr nicht normal starten wird. Wenn die Schülerinnen und Schüler jetzt wieder in die Schule kommen, dann geht es nicht gleich darum „Was ist das Wissen? Was muss man da reingeben?“ Sondern wir brauchen eine Zeit des Ankommens. Wir sollten mit den Schülerinnen und Schülern über Corona reden. Wir wollen darüber reden, was sie erfahren haben. Wo sie vielleicht Probleme haben, wo es vielleicht ein Trauma gibt. Schule ist nicht nur Wissen und Kompetenz, sondern es geht um wesentlich mehr.“

Präsidentin Simone Fleischmann präzisiert mit Blick auf die BLLV-Forderung nach einer ganzheitlichen Bildung mit Herz, Kopf und Hand, die gerade jetzt besonders gefragt ist: „Klar sind Abschlüsse und Noten wichtig, aber eigentlich geht’s doch um was ganz anderes: Es geht um die physische und psychische Gesundheit von uns allen. Das zählt jetzt mehr als eine Schulaufgabe, eine Note oder Lernstoff: Ob Menschen resilient durch diese Krise kommen. Ob Kinder verstehen, was in der Welt gerade los ist. Wir dürfen uns auch mit den Abschlussschülern mal Zeit nehmen und fragen: „Wie geht es dir eigentlich? Was war denn los zuhause? Wie geht’s deiner Oma, die du im Altenheim nicht besuchen darfst?“ Da sind Schüler, wie wir alle, sehr emotional . Also: Es zählt erstmal der Mensch, dann kommt die Sicherheit und dann kommt das Lernen.“
 

Aus der Sicht eines Schulleiters: Wie das Lernen zuhause läuft und die Schulen auf die Öffnungen vorbereitet werden

Tomi Neckov, 2. BLLV-Vizepräsident und Rektor der Frieden-Schule in Schweinfurt, war zu Gast in der Radiosendung "Sebastian Winkler und die Frühaufdreher" (Bayern 3). Dort erzählt er von seinen Erfahrungen beim Lernen zuhause (ab Minute 14.45) und wie er seine Schule auf die kommenden Schulöffnungen (ab Minute 24.40) vorbereitet: "Wir haben zum Beispiel innerhalb der Schule ein Einbahnstraßen-System etabliert, der Pausenverkauf wurde gestrichen, die Hände werden gewaschen vor dem Unterricht, die Abstände werden in den Klassenzimmern gewahrt, Pausen und Schulbeginn finden zeitversetzt statt."


Weitere Informationen

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann in der Münchner Runde:
Corona-Krise in Bayern - Wer hilft den Familien?

2. Vizepräsident Tomi Neckov in der Mainpost:
Teilöffnung am Montag - So bereiten sich Schulen in der Region vor

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann in der Rundschau (ab 2:50):
Schulen - Viele Beschränkungen zum Neustart

Interview: Radio Arabella Nachrichten

BLLV-Themenseite: Corona und Schule

So geht’s derzeit vielen Eltern:
Reportage „Mit (Schul-)Kindern durch die Coronakrise“, Folge 3: „Der Frust“

Ganzheitlich bilden: Herz, Kopf, Hand



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