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„Piazolo-Paket“: KM reagiert bei Arbeitszeitkonto und schafft Sabbatjahr für alle Lehrkräfte Startseite Topmeldung
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Erste Schritte in Richtung Gerechtigkeit und Fairness

München – Das so genannte Piazolo-Paket gegen den Lehrkräftemangel sorgt seit der Einführung im Jahr 2020 für Unmut und Streit. Unter anderem wurde das Sabbatjahr für Lehrerinnen und Lehrer gestrichen. Grundschullehrkräfte wurden außerdem verpflichtet, für die Dauer von fünf Jahren eine Unterrichtsstunde mehr pro Woche in Form eines verpflichtenden Arbeitszeitkontos zu leisten. Erst nach einer anschließenden Wartezeit von drei Jahren sollte eine fünfjährige Ausgleichsphase beginnen, in der eine Unterrichtsstunde weniger zu halten ist. Gegen Letzteres klagte der BLLV erfolgreich vor dem Verwaltungsgerichtshof. Jetzt folgt auf die Gerichtsentscheidung vom letzten November endlich die Reaktion des Bayerischen Kultusministeriums: Das Arbeitszeitkonto wird neu gestaltet. Außerdem erhalten die Kolleginnen und Kollegen wieder die Möglichkeit eines so genannten Sabbatjahrs. Durchaus positive Nachrichten – eines fehlt allerdings: eine Entschuldigung des Kultusministeriums für die ungerechtfertigten Maßnahmen auf dem Rücken der Lehrkräfte.

Die Wiedereinführung der Sabbatmodelle in allen Schularten ist ein wichtiger Schritt zur Steigerung der Attraktivität des Lehrberufs. Simone Fleischmann, die Präsidentin des BLLV, betont: „Zwangsmaßnahmen bringen nichts. Die einzig wirklich richtige Maßnahme gegen den Lehrkräftemangel ist, den Lehrberuf und das Lehramtsstudium attraktiv und zukunftsfähig zu gestalten. Der BLLV hat dafür die Konzepte entwickelt und schon lange vorgelegt. Das Kultusministerium geht mit dem aktuellen Kultusministeriellen Schreiben deshalb einen Schritt in die richtige Richtung.“

Kommentar in der Süddeutschen Zeitung

“Grundschulen in Bayern: Jetzt bekommen die Lehrer ihre Zeit zurück”

Die SZ berichtet ausführlich und differenziert über die Verkürzung der Arbeitszeitkontos durch das Kultusministerium und die Wiedereinführung des Sabbtjahrs. Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes wird die Begründung zitiert, das Arbeitszeitkonto hat Grunschullehrkräfte „einseitig und gleichheitswidrig in Anspruch genommen“. Der Fokus von Kultusministerin Stolz liege anders als beim Ministerpräsidenten auf der vom BLLV geforderten Freiwilligkeit. Die Einschätzung des BLLV, es sei ein “Schritt in die richtige Richtung” wird ebenso wiedergegeben wie die Kritik von Präsidentin Simone Fleischmann, dass eine Entschuldigung für "ungerechtfertigte Maßnahmen auf dem Rücken der Lehrkräfte fehlt. » zum Bericht auf SZ online


Neugestaltung des Arbeitszeitkontos 

Wesentlicher Punkt in der Klage des BLLV gegen das Arbeitszeitkonto war, dass die zugrundeliegende Datenbasis falsch war, da das Kultusministerium den Lehrkräftebedarf systematisch um 25-35 Prozent zu hoch angesetzt hatte. Hier lag die Vermutung nahe, dass gezielt Grundschullehrkräfte an die vom Lehrkräftemangel besonders betroffenen Mittel- und Förderschulen verschoben werden sollten, was laut Gerichtsurteil aber nicht zulässig ist. Außerdem waren die Lehrerinnen und Lehrer an den bayerischen Schulen damals wegen der Corona-Pandemie ohnehin schon deutlich überlastet. Auch die extrem lange Laufzeit des Modells war ein Kritikpunkt. 

Erste Kohorte bekommt ihre Stunden zurück

Beim Arbeitszeitkonto hat das Kultusministerium jetzt reagiert und die Kohorten an die Wirklichkeit und gesetzlich korrekt angepasst. Für die erste Kohorte der betroffenen Kolleginnen und Kollegen, die bereits im Schuljahr 2020/2021 mit dem Arbeitszeitkonto gestartet sind, wurde zugegeben, dass hier zu früh begonnen wurde. Die Betroffenen bekommen nun einen Ausgleich für das zu Unrecht erhöhte Stundenmaß. Sie sollen die Möglichkeit haben, zwischen drei Lösungsmodellen zu wählen: entweder die zu viel geleisteten Stunden ausbezahlt zu bekommen, ab dem Schuljahr 2026/27 eine Stunde weniger zu arbeiten oder die Stunden gebündelt als eine entsprechende Dienstbefreiung in Form von Urlaubstagen zu erhalten. Die Kolleginnen und Kollegen der ersten Kohorte können selbst wählen, für welche Option sie sich entscheiden. Für alle Kohorten wird das Modell außerdem verkürzt auf eine „4-3-4 Regelung“ mit einer Stunde Mehrarbeit für vier Jahre, drei Jahren Wartezeit und einer Rückgabephase von vier Jahren, in der eine Stunde weniger gearbeitet werden muss. Somit sind für zwei der vier Kohorten die Ansparjahre schon beendet.

Gerd Nitschke, 1. Vizepräsident des BLLV: „Mit den Wahlmöglichkeiten für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen zeigt sich das Kultusministerium hier erstmals sehr flexibel, was genau der richtige Weg ist und allen entgegenkommt. Und auch die Verkürzung für alle Betroffenen ist genau der richtige Schritt. Angesichts der Vorgeschichte hätten wir uns eine Entschuldigung für die ungerechtfertigte Zwangsmaßnahme gewünscht, die Unterschrift des Amtschefs zeigt aber zumindest eine angemessene Wertschätzung allen betroffenen Lehrkräften gegenüber. Auch dürfen wir nicht vergessen, die übrigen Notmaßnahmen aus dem Piazolo-Paket auf den Prüfstand zu stellen. Denn hier geht es um die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen!“

Weiterhin offen: Antragsteilzeit und Ruhestandsregelung

Was nach wie vor für Kritik sorgt: Seit dem Piazolo-Paket dürfen Förderschullehrkräfte im Rahmen einer Antragsteilzeit höchstens noch auf 23, Grund- und Mittelschullehrkräfte auf 24 Wochenstunden reduzieren. Ein vorzeitiger Ruhestand wird mittlerweile in der Regel erst ab 65 Jahren erlaubt. Alles Maßnahmen, die der BLLV nicht nur mit Blick auf die Lehrkräftegesundheit kritisiert, sondern auch als wirkungslos bis kontraproduktiv ansieht, da hiermit keine Stunden gewonnen, sondern lediglich Dienstunfähigkeiten produziert werden. Simone Fleischmann: „Entscheidend ist die Attraktivität des Lehrberufes, statt Zwangsmaßnahmen beim Ruhestandseintritt oder der Teilzeit. Denn jede Kollegin und jeder Kollege in Teilzeit hat Gründe dafür, wie viel er oder sie arbeiten kann. Auch bei diesem Thema werden wir als BLLV nicht lockerlassen.“

Kommentar

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