Angesichts der Ankündigungen des Kultusministeriums begrüßt der BLLV zwar eine Stärkung der Kernkompetenzen, insbesondere Mathematik und Deutsch, kritisiert aber ein „Streichkonzert“ zulasten ganzheitlicher Bildung und fordert eine Stärkung der Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen!
Im Interview mit den BR24 TV-Nachrichten betont BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: „Ein Kind muss natürlich lesen können, es muss rechnen können, es muss zuhören können und es muss schreiben können. Aber es gibt noch andere Kompetenzen und der BLLV kämpft für ganzheitliche Bildung.“
Herz, Kopf und Hand - es braucht weiterhin alles!
„Was ist denn ganzheitliche Bildung? Lernen mit Kopf, mit Herz und mit Hand! Und da sehen wir es natürlich kritisch, dass gerade an den Fächern Kunst, Musik, Englisch und Werken womöglich gestrichen wird. Eine Fokussierung auf die Basiskompetenzen ist wichtig. Aber jetzt sind wir sehr gespannt, wie es im Laufe der Diskussion weitergeht. Wir würden uns gerne einbringen, weil eigentlich kann nichts gestrichen werden. Kinder brauchen mehr, mehr Förderung, mehr Bildung und mehr Ganzheitlichkeit und nicht weniger“, erläutert Simone Fleischmann.
Mehr und besserer Unterricht – mitten Im Lehrkräftemangel?
Doch abseits fragwürdiger Prioritätensetzung gibt es bei der Umsetzung ohnehin ein ganz konkretes Problem, stellt die BLLV-Präsidentin klar: „Die Lehrkräfte fallen leider nicht vom Baum. Wir müssen alles dafür tun, dass der Lehrberuf wieder attraktiver wird. Wie wird er denn attraktiv? Dann, wenn wir nach der Arbeit wieder erfüllt nach Hause fahren, wenn wir erfüllt im Unterricht sind, wenn wir ‘Good Stories‘ erzählen können und wenn ich Ihnen dann hier erzählen kann, dass es der schönste Beruf ist, den es gibt. Denn es ist der schönste Beruf. Wir brauchen aber die Rahmenbedingungen dafür. Dann sind die Lehrerinnen und Lehrer glücklich, die Kinder glücklich und die Eltern auch“, so Fleischmann weiter.
Zum Glücklichsein gehört aber auch ein Quantum Freiheit an den Schulen, damit diese nach ihren Möglichkeiten und nach ihrer Expertise den Unterricht vor Ort bestmöglich und auf ihre Situation zugeschnitten gestalten können. Aber sind dann nach der vierten Klasse beim Übertritt überhaupt gleiche Voraussetzungen da für die Kinder?
Danach gefragt sagt die BLLV-Präsidentin: „Wissen Sie, es ist jetzt schon nicht jede Grundschule gleich. Wir müssen von diesem Gleichheitsgedanken Abstand nehmen. Flexibilisierung und Eigenständigkeit haben wir jetzt schon und die müssen wir auch haben. Jede Schule muss die Löcher dort stopfen, wo gerade Löcher sind. Wir stecken mitten im Lehrermangel, wir stecken in einer Migrationsdiskussion, wir haben erhöhte Anforderungen an die Schule, wir wollen die Basiskompetenzen und die Ganzheitlichkeit fördern und es ist einfach jede Schule anders. Dumm ist nur, dass wir einfach zu wenige sind und jetzt sollen wir – mal flapsig gesagt - vor Ort die Karre aus dem Dreck ziehen. Das ist nicht gerade einfach.“
Ist der jetzt beschlossene Umbau der Stundentafel überhaupt leistbar?
Das gilt eben auch für die immer wieder festgestellten Probleme bei den Basiskompetenzen, die ja gerade auch eine Folge des dauernden Lehrkräftemangels sind. In diesem Spannungsfeld geben Lehrkräfte ohnehin alles, schildert Simone Fleischmann: "Wir leisten all die Herausforderungen jetzt schon. Alle Kolleginnen und Kollegen stehen zusammen und wir werden im Dialog mit der Ministerin alles geben. Es geht jetzt auch darum, wie wir uns längerfristig aufstellen. Es kann nicht sein, dass die Kinder weniger Werken haben. Es kann nicht sein, dass die Kinder nicht mehr Englisch lernen. Und wir vor Ort sollen jetzt streichen, was gerade so geht. Längerfristig geht es an die Lehrpläne. Längerfristig müssen wir kämpfen für ganzheitliche Bildung in Bayern." Ganzheitliche Bildung bedeutet dabei eben Lernen mit Herz, Kopf UND Hand - weswegen mit Blick auf Letzteres insbesondere eben nicht beim Werken und Gestalten gestrichen werden sollte!
Dabei ist der BLLV-Präsidentin ein Aspekt besonders wichtig: "Das gilt auch für den Religionsunterricht", betont Fleischmann. "Viele fragen jetzt, ob drei Stunden Religionsunterricht sein müssen und ob nicht eine oder zwei Stunden reichen. Aber es geht hier nicht um die Stundenanzahl. Hier geht es um Wertebildung. Es geht um Demokratiebildung. Wir könnten auch mit den Kleinsten schon politische Bildung machen. Wir brauchen Zeit für die ganze Persönlichkeit eines Kindes. Und Kinder sind mehr als Lesen, Rechnen und Schreiben. Das müssen sie können. Aber dann erwarten wir noch wesentlich mehr. Und das könnte man wunderbar in einem qualitativ veränderten Religionsunterricht tun. Also da darf man dann auch nicht kürzen, sondern wir müssen überlegen, wie wir die Bildung aufstellen“, fordert die BLLV-Präsidentin.