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A13 Arbeitsbedingungen Mittelschule

Lehrerbedarfsprognose 2022: Ehrlichkeit gefragt

Bei der kürzlich vom Kultusministerium veröffentlichten Lehrerbedarfsprognose 2022 wird ein düsteres Bild des Lehrkräftemangels gezeichnet. ADB-Abteilungsleiter Hans Rottbauer fordert vom KM: Masterplan statt Durchwurschtel-Taktik.

Geben an einem Lehramt interessierte junge Menschen auf der Homepage des Kultusministeriums ihre Wunschlehrämter ein, erhalten sie im Moment für alle Lehrämter eine grüne Ampel. Dies heißt, für alle Lehrämter im bayerischen Schulsystem wird dringend Nachwuchs gesucht. Die Grundlage für diese Einschätzung liefert die Ende Juli vom Kultusministerium herausgegebene Lehrerbedarfsprognose 2022 für Bayern.

Sie zeigt in schönstem Statistikerdeutsch eine mehr als ernste Lage im Bereich der Unterrichtsversorgung an allen Schularten für die nächsten zehn Jahre. Für alle Lehrämter steht die Ampel zwar auf Grün. Dies verheißt aber nichts Positives. Eigentlich sollte nämlich die Grundfarbe der Lehrerbedarfsprognose ein kräftiges, alarmierendes Rot sein – für alle Schularten. Insbesondere im Bereich der Mittelschule.

Besonders düster: katastrophale Untersorgung an Mittelschulen

Hier kann man die Lehrerbedarfsprognose mit Fug und Recht als Bankrotterklärung bezeichnen. Wer meint die Situation der Personalversorgung für die Mittelschulen sei derzeit auf einem historisch katastrophalem Stand, hat zwar recht, es geht aber immer noch schlimmer. Das, was wir im Moment im Bereich der Mittelschule erleben, ist – und das zeigt die Lehrerbedarfsprognose deutlich – erst der Anfang. Das schwarze Loch zwischen Angebot an verfügbaren Lehrkräften und dem eigentlichen Bedarf wird in den nächsten Jahren noch deutlich größer.

Alleine in den Jahren 2027 bis 2029 werden knapp 2000 Lehrkräfte an der Mittelschule fehlen

Während uns im aktuellen Jahr nach den Berechnungen des Kultusministeriums 330 Mittelschullehrkräfte fehlen, werden alleine in den Jahren 2027 bis 2029 knapp 2000!! Lehrkräfte an dieser Schulart fehlen. Beim Blick auf die katastrophalen Folgen der Unterversorgung für das kommende Schuljahr und der Ratlosigkeit auf allen Ebenen, wie man das noch hinbekommen soll, wird einem beim Blick in diese Zukunft schlicht und ergreifend schlecht. Ein Licht am Ende des Tunnels ist nicht im Ansatz zu erkennen.

Im  Bereich der Grundschule hingegen, schaut es inzwischen etwas besser aus. Hier rechnet man ab dem Jahr 2025 mit einer Entspannung und ab dem Jahr 2026 mit einem Überangebot an Lehrkräften, das man dann – und auch das ist in der Lehrerbedarfsprognose offiziell zu lesen – nutzen wird, um den Mangel an Mittel- und Förderschulen zumindest teilweise auszugleichen. Zu verdanken haben wir diese vergleichsweise gute Situation in erster Linie dem Ausbau der Studienplätze für das Lehramt an Grundschulen und der Abschaffung des Numerus clausus für dieses Lehramt an den meisten Universitäten.

Nach Wegfall des NC: Viele wechselten von Mittelschul- auf Grundschullehramt

Beides Maßnahmen, die zwar im Bereich der Grundschule durchaus für Entspannung sorgen, für das Lehramt Mittelschule aber zu noch größeren Problemen geführt haben, weil eine große Anzahl an Mittelschulstudenten hier die Gunst der Stunde genutzt haben und zum Lehramt Grundschule gewechselt sind. Noch nicht wirklich realisierend, dass man sie zu einem großen Teil dann trotzdem wieder an den Mittelschulen einsetzen wird.

Und wie schaut es an den anderen Schularten aus? Die Lage an den Förderschulen will man vor allem durch die fünf neu geschaffenen Lehrstühle für Sonderpädagogik einigermaßen in den Griff bekommen. An der Realschule zeichnet sich durch den Rückgang der Studierendenzahlen in den letzten Jahren ebenso ein erheblicher Mangel an Lehrkräften ab und auch das Gymnasium braucht vor allem durch die Wiedereinführung des G9 in Zukunft mehr Lehrkräfte als zur Verfügung stehen. Dies führt schon jetzt dazu, dass eine große Zahl an Zweitqualifikanten für die Lehrämter Grund- und Mittelschule wieder an ihre Ursprungsschularten zurückkehren werden.

Insgesamt also ein alles andere als Hoffnung machendes Gesamtbild, das selbst bei optimistischster Betrachtung erkennen lässt, dass es zwischen den einzelnen Schularten zu einem Kampf um die zur Verfügung stehenden Bewerber kommen wird. Mit deutlichen Vorteilen natürlich für die Schularten, an denen besser bezahlt wird.

Statt Masterplan heißt die Strategie des KM weiterhin: Durchwurschteln. Auf Kosten von Kindern und Lehrkräften.

Und was macht man in dieser Situation am Kultusministerium. Statt ehrlich zu sagen, dass der Karren an der Wand steht und man endlich einen Masterplan bräuchte, fährt man weiter auf Sicht. Man versucht also, sich weiter durchzuwurschteln und hofft, dass es doch irgendwie wieder weitergehen wird. Auf Kosten der Kinder und der Lehrkräfte an den betroffenen Schularten.

Die Politik, die ja eigentlich Entscheidungen treffen sollte, hält sich still, verweigert ein grundsätzliches und vor allem mittel- und langfristig ausgerichtetes Herangehen an die Problematik und stellt finanzielle Mittel für nicht zu findendes zusätzliches Personal zur Verfügung. Geld unterrichtet aber keine Kinder!

Insgesamt also eine Flickschusterei ohne wirklich nachhaltige Absicht der Problemlösung.

Dabei zeigt die derzeitige Situation mehr als deutlich, dass es so nicht mehr weitergehen kann und dass wir es nicht mehr schaffen werden, die Unterrichtsversorgung – im Moment vor allem an Grund- und Mittelschulen – im absolut notwendigen Rahmen aufrecht zu erhalten. Sich dann zum Schuljahresanfang hinzustellen und von einer zwar angespannten, aber trotzdem noch soliden Unterrichtsversorgung zu reden, während an den Schulen, an den Schulämtern und in den Regierungen für die Kolleginnen und Kollegen immer mehr die Welt untergeht, wird das Problem noch weiter verschärfen statt zu lösen.

Was nachhaltig hilft: Lehrerberuf attraktiver machen

Was wir jetzt brauchen, ist endlich Ehrlichkeit. Ehrlich zu sagen, wie die Situation ist. Die eigenen Statistiken zeigen es ja. Und dann brauchen wir schnellst möglich Konzepte, wie man den Lehrerberuf an allen Schularten wieder zu einem attraktiven Beruf machen kann, damit alle Schularten im Wettbewerb um die zur Verfügung stehenden Lehrkräfte bestehen können ohne die schon im Dienst stehenden Kolleginnen und Kollegen weiter zu belasten.  

>> "Bayerische Lehrerbedarfsprognose" vom KM (PDF-Download)



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