Prof. Dr. Max Liedtke

Um Max Liedtkes Wirken darzustellen, würden wir ein Wochenendseminar benötigen. Um seine Forschungsthemen angemessen würdigen zu können, bräuchten wir ein Fachsymposium mit Biologen, Anthropologen, Pädagogen, Historikern und auch Gerontologen. Allein seine Publikationsliste als Autor und als Herausgeber vorzulesen wäre abendfüllend.

Warum ehren wir Max Liedtke?

Max Liedtke ist in die Geschichte des BLLV im Jahr 1977 getreten oder umgekehrt vor 38 Jahren der BLLV zum Schicksal Max Liedtkes geworden. Anlass waren die Nürnberger Lehrervereinsprotokolle von 1821 und 1830. Max Liedtke war so begeistert von diesem historischen Schatz, dass er sich entschied sie in kommentierter Form zu publizieren.

Diese Arbeit hat ihn zum BLLV gebracht und zur Lehrerbewegung in Bayern. In kurzer Abfolge kam eine Reihe von Publikationen hinzu, die den BLLV und seine Einrichtungen in unterschiedlichster Weise darstellen so z. B. Die Arbeit Die Geschichte des BLLV beginnt 1823. In dieser Schrift weist Liedtke nach, dass die Gründungen eines allgemeinen Lehrervereins in Bayern in den Jahren 1821, 1823 und 1848 direkter Teil der BLLV-Geschichte sind und eng mit der Gründung im Jahr 1861 in Verbindung stehen.

Max Liedtke beschäftigte sich mit der Geschichte unserer Kinderzeitschrift, die unter der Bezeichnung Jugendlust 1876 das erste Mal erschienen, mit der Süddeutschen Lehrerbücherei, mit dem Lehrergesangsverein und mit der Lehrerwitwen- und -waisenstiftung. Im Mittelpunkt seiner Forschungen steht natürlich Mittelfranken und Nürnberg und hierbei die Geschichte der Lehrerbewegung im 19. Jahrhundert.

Max Liedtke gab in den 90er Jahren zusammen mit dem BLLV im Klinkhardt Verlag eine Schriftenreihe heraus, mit einer systematischen und einer historischen Reihe. In der historischen Reihe erschien z. B. eine kommentierte Neuauflage der Denkschrift des BLV aus dem Jahr 1863 und eine Monografie über den 1. Vorsitzenden des BLV Josef Bauer (Autor Fritz Schäffer), enger Freund Adolf Hitlers, der 1933 den BLV nach der verbrecherischen Ideologie der Nationalsozialisten ausrichtete. Die Liste der Themen, der Vorträge, der Publikationen über den BLLLV ist sehr lang, die Berührungspunkte mit dem BLLV sind groß. Allein diese unglaublich akribisch exakten historischen Recherchen sind tief beeindruckend und wären genug, ihn heute zu ehren. Aber da ist noch mehr.

Lassen Sie mich das kurz ausführen:
1. Max Liedtke verbindet die großen Zusammenhänge mit dem historischen Detail. Wer Max Liedtke über die BLLV-Geschichte sprechen hört, hält es kaum für möglich, über welches enorme Detailwissen er verfügt, aber gleichzeitig immer die großen Linien der Lehrerbewegung im Bewusstsein hat. Genau das macht auch seine Bedeutung für den BLLV aus. Er kennt unglaubliche Details über Personen und Ereignisse in der Geschichte des BLLV, aber er setzt sie immer in Bezug zu der großen Idee – nämlich der Idee einer pädagogisch fundierten Schule und eines seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewussten und verpflichteten Berufsverbandes. Es ist kein Zufall, dass Liedtke über das Thema Evolution und Erziehung habilitiert hat und dass er die menschliche Geschichte nur als einen Ausschnitt der umfassenden Evolution versteht. Aber einen Ausschnitt, der vom Menschen mitgestaltet wird. Und so ist für ihn wiederum der BLLV ein zentraler Teil der Lehrerbewegung, der die großen Zusammenhänge der Bildungsgeschichte in Bayern zentral beeinflusst.

2. Max Liedtke hilft uns bei der historischen Selbstvergewisserung Max Liedtke hilft uns mit seinen Arbeiten, unsere historische Wurzeln und damit auch unser Grundideen in der Hektik des Alltags nicht aus den Augen zu verlieren. Seine vielen Publikationen und Vorträge über den BLLV führen uns immer wieder zurück zu unseren Ideen als Pädagogen und als Selbsthilfeeinrichtung. Sie machen uns immer wieder unsere große Tradition und unsere große historische Verantwortung bewusst. Höhepunkt ist die 160seitige Festschrift, die er für den Bezirksverband Mittelfranken anlässlich seines 150-jährigen Jubiläums verfasst hat. Er ist hierbei auch an die gesundheitlichen Grenzen gegangen. Diese Festschrift fasst auf regionaler Ebene zusammen, was diesen BLLV als Ganzes bewegt hat, wie die Idee einer pädagogischen Schule und eines gerechten Status für Volksschullehrer weitergetragen wurde und welche Rolle dieses Wirken für die Lehrerbewegung gespielt hat. Max Liedtke zeigt uns immer wieder die unterschiedlichsten Facetten dieses großen Verbandes. Er holt uns damit zurück aus dem Getriebe der Tagespolitik und mahnt uns, vergesst die pädagogischen, humanistischen und demokratischen Ursprünge dieses Verbandes nicht. Haltet sie auch heute noch hoch, ihr habt einen historischen Auftrag. Ruft er uns zu.

3. Max Liedtke tritt ein für eine Erinnerungskultur im BLLV In der Festschrift zum 150jährigen Bestehen des BLLV –Mittelfranbken hat Max Liedtke ein letztes Kapitel eingefügt mit dem Titel „Auf der Suche nach den Gerechten“. Er hat uns damit ermahnt, uns der Kolleginnen und Kollegen, die während der Nazidiktatur verfolgt und teilweise auch ermordet wurden, zu erinnern. Denn bis jetzt haben wir sie vergessen und sie einfach aus unserem kollektiven Verbandsbewusstsein verdrängt. Das waren Kollegen, die aufgrund ihrer politischen Überzeugung, ihrer kritischen Einstellung zur Nazidiktatur, ihrer religiösen Einstellung oder ihres jüdischen Glaubens aus der Schule verjagt und verfolgt wurden. Mit dem Projekt Aufstehen: Gegen Vergessen und Unrecht haben wir im Rahmen der 150 Jahr Feier des BLLV begonnen, uns endlich der verfolgten, emigrierten und ermordeten jüdischen Kolleginnen und Kollegen zu erinnern. Wir haben dies bis jetzt aber nicht getan mit den anderen verfolgten Kollegen. Max Liedtte hat in den Archiven drei von Ihnen ausfindig gemacht: Es handelt sich um Kollegen, die höchsten Mut gezeigt haben, die zu ihren politischen Überzeugungen gestanden haben, die oft ihre Arbeit verloren haben, ihren Beamtenstatus und damit ihre Versorgung, die verfolgt wurden und in Gefängnisse und KZs gesteckt wurden, weil sie gegen Unmenschlichkeit und Diktatur aufgestanden sind. Mit dieser Arbeit ermahnt uns Max Liedtke, weiter zu recherchieren, die Namen dieser Kollegen ausfindig zu machen und ihnen endlich einen würdigen Platz in der Geschichte des BLLV zuzuweisen. Wir danken Max Liedtke hat uns über 35 Jahre hinweg sein Wissen, seine Kompetenz, seine Zeit, seine Ideen im besten Sinne des Wortes selbstlos zur Verfügung gestellt. Er hat dies getan ohne Auftrag, ohne Honorar, ohne Eigennutz. Er hat dies getan aus Überzeugung, dass das das Wirken des BLLV diese Gesellschaft ein Stück gerechter und ein Stück menschlicher macht. In diesem Sinne erinnert uns Max Liedtke mit seinem Wirken auch immer wieder an unsere Aufgabe als Pädagogen und als BLLV – Bildung in den Dienst der Gesellschaft und der Menschlichkeit zu stellen.

Herr Prof. Liedtke, wir sind Ihnen zu größtem Dank verpflichtet.

 

Laudatio gehalten von der Präsidentin Simone Fleischmann