„Schulmisere - Scholz rechnet über mehrere Jahre mit Lehrermangel“ – so titelte der Spiegel am vergangenen Wochenende. Und der Spiegel konkretisiert: „Die nächsten zehn Jahre könnten deutschlandweit Lehrkräfte fehlen, warnt Bundeskanzler Scholz. Dabei kritisiert er vor allem ein Bundesland.“ Gemeint sind damit (natürlich) Bayern und die Pläne von Ministerpräsident Markus Söder, Lehrkräfte aus anderen Bundesländern abzuwerben. Scholz sprach sogar vom „klauen“ von Lehrkräften aus anderen Bundesländern. Der BLLV kritisierte die Abwerbepläne schon Ende Januar als unrealistisch. Denn dafür bräuchte es nicht zuerst mehr Geld sondern bessere Arbeitsbedingungen und weniger Bürokratie. In einem orientiert sich Scholz aber an Söder: Er macht Bildung zur Chefsache!
„Auch durch unseren Aufruf hat Söder in Bayern das Thema Bildung zur Chefsache gemacht und jetzt hat auf Bundesebene wohl auch Olaf Scholz eingesehen, dass es so wie bisher einfach nicht mehr weitergehen kann. Der Bildungsgipfel, zu dem Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger am 14. und 15. März in Berlin gerufen hatte, hat dazu bestimmt beigetragen. Unter einem Gipfel haben wir uns wohl alle mehr vorgestellt und die Kritik war zu recht groß. Wir brauchen jetzt eine große Beteiligung aller, die im Bildungsprozess eine Rolle spielen, vor allem der Schülerinnen, der Lehrer, der Eltern, der Gesellschaft. Und wenn der Bundeskanzler den Lehrkräftemangel so wie jetzt klar anerkennt, dann ist er zu diesem enorm wichtigen Thema jetzt auch zum Handeln aufgerufen“, kommentiert Simone Fleischmann.
Wenn zigtausende Lehrkräfte fehlen
Basis für den Artikel im Spiegel sind die Zahlen der Kultusministerkonferenz. „Nach Prognosen der Kultusministerkonferenz (KMK) werden im Jahr 2030 rund 14.000 Lehrerinnen und Lehrer fehlen. Der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm kommt gar auf eine Lücke von mehr als 80.000 Lehrkräften – und Reformen wie etwa der Ganztagsanspruch ab 2026 sind da noch nicht einmal berücksichtigt.“ – so der Spiegel in seinem Artikel. Spannend dürfte werden, auf welche Lösungen der Kanzler verfällt, wenn er sich des Themas persönlich annimmt. Die Pläne von Kanzlergattin und brandenburgischer Bildungsministerin Britta Ernst sorgten nicht gerade für Begeisterung. Laut Medienberichten plant sie unter anderem, dass in Brandenburg 200 Lehrkräfte-Planstellen für Verwaltungsfachkräfte und Schulsozialarbeiter umgewidmet werden, womit Ressourcen für Zusatzangebote wie Förder- und Ganztagsunterricht sowie Inklusion gekürzt werden.
„Natürlich brauchen wir mehr Verwaltungsfachkräfte und Schulsozialarbeiter – aber doch nicht zu Lasten der Lehrer. Wenn ich mir dazu noch die aktuellen Ideen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) ansehe, dann kann uns allen nur angst und bange werden. Verantwortlich für den Lehrkräftemangel ist nicht zuletzt die Politik, die in den letzten Jahren alle Mahnungen, alle Vorschläge und alle Maßnahmen ausgeschlagen hat, die an sie herangetragen wurden. Büßen sollen es jetzt die Schwächsten in der Schule, die auf Förderung angewiesen sind und die Inklusion brauchen und verdienen. Und büßen sollen es auch die Lehrerinnen und Lehrer, die vielfach schon am absoluten Limit arbeiten. Das Niveau wird gesenkt, die Bildung ausgehebelt“, so Simone Fleischmann weiter.
Falsche Weichenstellungen verhindern
Auch der Spiegel verschweigt nicht die umfassende Kritik an der aktuellen Entwicklung, die unter anderem von zahlreichen Organisationen von der Bertelsmann Stiftung bis hin zum Deutschen Gewerkschaftsbund mitgetragen wird. Kritisiert wird unter anderem das seit Jahren sinkende Leistungsniveau an den Schulen und der Spiegel verweist auf die steigende Zahl junger Menschen, die im Berufsleben den Anschluss verlören. Der Schule gelinge es immer weniger, diese Fehlentwicklungen zu korrigieren.
„Die Zahlen, wie wir sie beispielsweise im IQB-Bildungstrend, aber auch in vielen anderen Studien gesehen haben sind alarmierend. Dass viele Schülerinnen und Schüler die Mindeststandards nicht mehr erreichen ist mehr als erschreckend. Und wir müssen Lösungen dafür finden. Wir dürfen bei all der Leistungsorientierung aber auch die menschlichen Aspekte der Misere nicht vergessen. Die Kinder die nicht mehr mitkommen und die darunter leiden. Die Probleme in den Familien. Die soziale Schere, die immer weiter auseinandergeht. Die Schwächsten, die als erstes abgehängt werden. Es ist sehr begrüßenswert, dass das Thema Bildung jetzt auf die oberste mediale und politische Ebene gehoben wird. Jetzt müssen so viele wie möglich einbezogen und in die Diskussion integriert werden, um Weichenstellungen zu verhindern, unter denen wir und die Kinder noch viel länger leiden werden als die 10 Jahre, die der Bundeskanzler für den Lehrkräftemangel annimmt“, resümmiert Simone Fleischmann den Artikel im Spiegel.