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Verteidigungsunterricht: Ängste auffangen und Wert von Demokratie vermitteln

In Lettland üben Zehntklässler im Unterricht mit Gewehr und Kompass. Zur Frage, ob das auch in Deutschland nötig ist, stellt BLLV-Präsidentin Fleischmann klar: An den Schulen bräuchten Jugendliche dann auch emotionalen Beistand und mehr Demokratiepädagogik.

Mit dem Gewehr auf der Turnmatte das Nachladen üben, draußen im Gelände nur mit einem Kompass versteckte Orte finden: So sieht Unterrichtsalltag in Lettland aus, das den aggressiven Expansionswillen des Nachbarn Russland fürchtet. „Die Welt ist voller Waffen, so ist es im Moment leider“, kommentiert dies eine 17-jährige Schülerin aus Sigulda nahe der Hauptstadt Riga im Bayerischen Rundfunk. „Wenn der Moment kommt, können wir nicht genug wissen.“

Angesichts der Ankündigung von Verteidigungsminister Pistorius, Deutschland müsse „kriegstüchtig werden“, fragen sich manche, ob so etwas auch an deutschen Schulen gemacht werden sollte. Im Gespräch mit BR24 fordert BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann dazu: „Wenn man das, was jetzt in Lettland auf der Agenda steht, ebenfalls machen möchte, dann muss es auch um Fragen gehen wie: ‘Was macht das mit mir, wie sehr macht mir das Angst? Oh Gott, der Krieg ist vor meiner Haustür, wie gehe ich damit um?‘ Diesen psychologischen Aspekt sehe ich dann als ein wichtiges Element!“

Die Angst ist schon da

Dass es eben nicht damit getan ist, ein Maschinengewehr bedienen oder sich im Wald orientieren zu können, zeigt auch eine Umfrage des BR an einer Schule in Würzburg zu den wachsenden Militärausgaben. „Es macht einem Angst, dass Politiker in unserem Land das für notwendig halten“, sagt eine Schülerin.

Sollte es also wirklich dazu kommen, dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht an der Waffe trainiert werden sollen, müsste das auf jeden Fall sehr gut psychologisch begleitet werden. Denn aktuelle Untersuchungen zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zeigen immer wieder, dass sie bereits massiv mit dem Aufwachsen in einer Polykrise zu kämpfen haben.

Demokratiepädagogik wichtiger denn je

Aus Fleischmanns Sicht hat auch die ohnehin kontroverse Debatte um Jugendoffiziere an bayerischen Schulen inzwischen zusätzliche Brisanz gewonnen. Denn jetzt gehe es eben nicht mehr nur um Berufsorientierung, die der BLLV immer als Priorität eingefordert hatte: „Wenn Jugendoffiziere jetzt in die Schule kommen, wo der Krieg vor der Haustür ist, wo der Krieg uns allen sehr nah ist, uns allen auch Angst macht, dann ist es anders konnotiert. Es hat jetzt einen anderen Zusammenhang. Wenn die Landesregierung hier in Bayern sagt: ‘Macht das bitte!‘, dann wissen wir auch, was dahinter steht.“

Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk betont die BLLV-Präsidentin, dass hinter den aktuellen Überlegungen eine enorm wichtige Erkenntnis steht, die entsprechend auch in Schulen im Mittelpunkt stehen sollte: Die freiheitlich-demokratische Grundordnung muss vor Bedrohungen geschützt werden. "Wenn wir jetzt nicht Demokratie erlebbar machen, politische Bildung in die Mitte unseres Auftrags stellen, wenn man das jetzt nicht erkennt, dass die demokratisch freiheitliche Grundordnung zu thematisieren ist, zu problematisieren, Widerstände zu diskutieren sind, dann haben wir verloren", so Simone Fleischmann. 

» zum Bericht bei BR24: „Verteidigung als Schulfach: Lettland als Vorbild für Bayern?“