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Bildungsgerechtigkeit Deutschklasse Einschulung Individuelle Förderung Verbindliche Sprachtests

Verpflichtende Sprachtests: Diagnose macht nur Sinn, wenn sie in Förderung mündet!

Ab März 2025 sind für angehende Schulkinder Sprachtests Pflicht. BLLV-Präsidentin Fleischmann begrüßt die frühe Diagnostik, stellt aber klar, dass dann zwingend auch entsprechend gefördert werden muss. Dafür ist aber gar kein Personal vorhanden.

Wenn Kinder dem Unterricht nicht folgen können, weil sie sich mit der deutschen Sprache schwer tun, dann ist das für sie höchst frustrierend. Und es stellt Lehrkräfte vor kaum lösbare Aufgaben, wenn sie nicht auf dieser Grundkompetenz aufbauen können. Darüber sind sich alle an Bildung Beteiligten weitgehend einig. Doch wie darauf zu reagieren ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander, wie der Bayerische Rundfunk berichtet.

Denn die Staatsregierung hat dazu verordnet, dass ab März 2025 alle Kinder eineinhalb Jahre vor der Einschulung einen verpflichtenden Sprachtest absolvieren müssen. Wenn dabei Mängel festgestellt werden, ist laut Staatskanzlei „der verpflichtende Besuch einer Kindertagesstätte mit einem Vorkurs Deutsch zur gezielten Förderung des Deutscherwerbs vorgesehen.“

Wer soll’s machen?

Neu ist dabei vor allem auch, dass dies für Kinder gilt, die nicht in Kitas gehen, wo die Sprachtests schon seit Langem eineinhalb Jahre vor der Einschulung durchgeführt werden. Die neue Regelung betrifft also häufig Kinder mit eher bildungsfernen und/oder schwierigem sozioökonomischen Hintergrund, die oft nicht in Kitas gehen und es meist schwerer haben, gute Sprachkenntnisse zu erwerben. Potenziell wäre das also ein Schritt in Richtung mehr Bildungsgerechtigkeit, was gerade in Bayern dringend Not tut, wie der BLLV immer wieder betont.

"Wir brauchen frühzeitige Diagnostik", betont daher auch Präsidentin Simone Fleischmann. Allerdings mit einem großen Aber. Denn auch die präziseste Lernstandserhebung nützt nichts, wenn daraus nicht die passenden Fördermaßnahmen abgeleitet und durchgeführt werden. Doch genau da hakt es, stellt Fleischmann klar: „Wir können uns in keiner Weise vorstellen, wer nach der Diagnose die Förderung übernehmen soll. Wir haben Lehrermangel und Personalnotstand auch in den Kindergärten.“

Ganzheitlich denken

Die BLLV-Präsidentin verweist dabei auch auf die prekäre Situation bei den Vorkursen Deutsch, die schon jetzt oft gar nicht mehr abgehalten werden können: „Da unterrichten nicht mehr Lehrerinnen und Lehrer, sondern Menschen, die gar nicht Lehrer sind. Es fehlt an Qualität und Quantität.“

Für Simone Fleischmann greift außerdem der ausschließliche Fokus auf die Sprachkompetenz zu kurz. Sie verweist im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk auf psychische oder motorische Auffälligkeiten. „Die sollten wir auch aufholen und nicht nur die Sprachdefizite“, fordert die BLLV-Präsidentin mit Blick auf Programme in Hamburg, wo das seit Jahren erfolgreich praktiziert werde.

Bildungspolitik muss mehr sein als „Studie, Panik, Schnellschuss“

Aus Sicht des BLLV macht es sich die Staatsregierung mit der Ansage „Wer nicht Deutsch spricht, kommt nicht in die Grundschule“ zu einfach, stellt Simone Fleischmann klar. Das gebe zwar Applaus vom Stammtisch, bringe aber faktisch keine Verbesserung. „Wo ist der nächste Schritt?“, fragt die BLLV-Präsidentin und stellt klar, dass die Förderung entscheidend ist, wenn wirklich mehr Sprachkompetenz in die Grundschulklassen kommen soll: „Wenn wir dafür niemanden haben, dann pfeifen wir auch auf die Diagnose!“

» zum Bericht auf BR24: „Sprachtest-Pflicht für Vierjährige: Kritik und viele Fragen“