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Schweigefuchs vs. Wolfsgruß: Topthema für politische Bildung

Weil die Schweigefuchsgeste dem rechtsextremen Wolfsgruß gleicht, wurde sie an Bremer Schulen und Kitas verboten. Für BLLV-Präsidentin Fleischmann hängt der richtige Umgang vom Alter der Kinder ab. Am besten sollte das Thema Gegenstand politischer Bildung im Unterricht werden.

Ins Bewusstsein einer breiten deutschen Öffentlichkeit ist der sogenannte Wolfsgruß durch die Fußball-EM gerückt: Der türkische Nationalspieler Merih Demiral hatte die Geste nach dem Achtelfinalsieg seiner Mannschaft gezeigt und war daraufhin für zwei Spiele gesperrt worden. Der Wolfsgruß ist ein Erkennungszeichen der rechtsextremen türkischen Bewegung „Graue Wölfe“, die gegen Minderheiten wie Aleviten, Kurden und Armenier agiert. In Deutschland hat sie etwa 12.000 Mitglieder und wird vom Verfassungsschutz beobachtet, ist aber nicht verboten. Seit dem Eklat um Demiral ist die Debatte um ein mögliches Verbot wieder aufgeflammt.

In Schulen und Kitas wird die Geste indes mit einer völlig anderen Bedeutung benutzt: Der Schweigefuchs, oder Leisefuchs, signalisiert Kindern, dass sie ruhig sein und zuhören sollen. Deswegen hat die Stadt Bremen die Geste nun in Schulen und Kitas wegen der Verwechslungsgefahr und möglicher Kontroversen infolgedessen verboten.

Das bringt mehr als eine Verfassungsviertelstunde

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann wirbt im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk für ein differenzierten Blick. Denn Kinder würden sich im frühen Schulalter die Geste von Lehrkräften abschauen: „Wenn ein Erstklässler den Schweigefuchs zeigt, dann meint er ihn ziemlich sicher auch so“, schildert Fleischmann. Neuntklässler würden den Schweigefuchs aber sicher nicht mehr benutzen. „Wenn in diesem Alter die Geste gezeigt wird, dann braucht es klare Grenzen“, betont die BLLV-Präsidentin.

Mit einem Verbot alleine ist es aber bei Weitem nicht getan, findet Simone Fleischmann: "Grundsätzlich ist es der Auftrag von Schule, gesellschaftliche Themen aufzunehmen und zu diskutieren", stellt sie klar. Das pädagogische Ziel sei daher eine kritische Reflexion der Geste. Schülerinnen und Schüler können die Hintergründe recherchieren und berichten, was der Wolfsgruß bedeutet und in welchen Zusammenhängen er öffentlich gezeigt wird und wurde. „Jetzt können wir anhand einer aktuellen politischen Debatte Bildung machen“, schlägt Fleischmann vor. Aus Sicht des BLLV macht es ohnehin mehr Sinn, über solche konkreten aktuellen Anlässe in einen kritisch-reflektierenden politischen Dialog mit Schülerinnen und Schülern einzusteigen statt demokratische Bildung theoretisch in einer Verfassungsviertelstunde abhandeln zu wollen.

Zukunft des Schweigefuchs bleibt offen

Ob Lehrkräfte die Geste weiter benutzen wollen oder nicht, können diese auch laut bayerischem Kultusministerium selbst entscheiden. Das Sozialministerium will für Kitas zunächst ebenfalls keine Regelungen erlassen.

Weil kleine Kinder die Geste aber übernehmen und dadurch Probleme entstehen, die sie selbst noch gar nicht nachvollziehen können, hält Simone Fleischmann eine Abkehr für denkbar: „Vielleicht benutzen wir das auf lange Strecke in den Grundschulen auch selbst nicht mehr.“ Zunächst gehe es aber darum „nicht durchzudrehen“ und die Chance einer sachlichen Auseinandersetzung mit der aktuellen Debatte zu nutzen.

» zum Bericht auf BR24: „Wegen Wolfsgruß: Bremen verbietet Schweigefuchs - und Bayern?“