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Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sind nicht das Problem - sondern der Lehrkräftemangel

An der Schule von Rektorin Sabrina Neckov sind Kinder aus 40 Nationen. Der Migrationsanteil: 90 Prozent. Ihr Unterrichtskonzept zeigt, dass alle Kinder mit der entsprechenden Förderung in unserem Schulsystem Platz haben können!

Migration ist eines der wichtigsten Wahlkampfthemen - auch in Bayern. Der Bayerische Rundfunk fragt, wie sich der Migrationsanteil an Schulen auf den Unterricht und die Lehrtätigkeit auswirkt. Laut dem Bayerischen Kultusministerium liegt der Migrationsanteil an bayerischen Schulen bei 32,7 Prozent (2023/2024). An Realschulen lag der Anteil bei 20,5 Prozent, an Gymnasien bei 18,1 Prozent und an Mittel- und Hauptschulen bei 48,3 Prozent.

Der Migrationsanteil an Schulen ist nicht das Problem

Wer die Probleme im Bildungssystem auf die Kinder abwälzt, der mache es sich zu leicht, so die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann im Interview. Sie erlebe täglich Kolleginnen und Kollegen, die eine integrative Haltung haben, die den Kindern gerecht werden wollen. “Wir wollen sie nicht wegpacken, wir wollen sie nicht als Schuldige bezeichnen, sondern wir wollen sie auffangen und ihnen Angebote machen. Nur ist es leider so, wenn wir zu wenige sind und wenn Du eh schon zwei Klassen gleichzeitig bespaßt, dann wirst du diesen Kindern nicht gerecht.” erklärt Fleischmann.


Das wirkliche Problem: der Lehrkräftemangel

Es brauche „erstens eine ehrliche Diskussion über Migration – und nicht diese Schulddiskussion. Denn einfach nur zu sagen ‘die sind schuld an der minderen Bildungsqualität’, heißt die Versäumnisse der Politik auf die abzuwälzen, die am wenigsten dafür können, so Simone Fleischmann.

Die jahrzehntelange Misswirtschaft aus dem Kultusministerium, das Leugnen des Problems des Lehrkräftemangels über Jahre, obwohl an den Schulen immer wieder Alarm geschlagen wurde, das sei das eigentliche Problem. Was das Kultusministerium dazu sagt: Man würde sich für Entbürokratisierung starkmachen, damit Lehrkräfte wieder mehr Zeit für pädagogisches Arbeiten haben. Es werde auf multiprofessionelle Teams, mehr Verwaltungsangestellte und mobile Reserven gesetzt. Dass das nicht reicht, dafür muss man kein Bildungsexperte sein. 

Jedes Kind, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, hat einen individuellen Förderbedarf. Und das ist die echte Realität an den Schulen. 

Simone Fleischmann

“Wenn wir die Bildungsqualität halten wollen, müssen mehr Profis am Start sein. Wir brauchen professionelle Lehrerinnen und Lehrer. Die Attraktivität (des Lehrberufs) muss gesteigert werden, damit mehr junge Leute Lehrerinnen und Lehrer werden wollen. Wir brauchen multiprofessionelle Teams, die auch mal ein Kind, zum Beispiel mit Fluchthintergrund, psychologisch auffangen”, so Fleischmann.

Sabrina Neckov, Rektorin der Friedrich-Rückert-Grundschule in Schweinfurt 


Sabrina Neckov, Rektorin der Friedrich-Rückert-Grundschule in Schweinfurt, leitet eine Schule mit 90 Prozent Migrationsanteil. Ihre Schülerinnen und Schüler kommen aus 40 Nationen. Der hohe Migrationshintergrund-Anteil wirkt sich auch auf die Übertritte auf weiterführende Schulen aus. 53 Prozent ihrer Viertklässler sind im vergangenen Schuljahr auf die Mittelschule - fast doppelt so viele wie im bayernweiten Durchschnitt. 16 Prozent sind auf die Realschule und 30 Prozent auf das Gymnasium übergetreten.

Es braucht viel Engagement der Lehrkräfte

Im BR24-Beitrag sieht man, wie die Kinder aus unterschiedlichen Klassen gemeinsam kochen - dort erlernen sie unterschiedliche Fertigkeiten, wie Rechnen, aber auch Wissen aus Heimat- und Sachunterricht. Sabrina Neckov ist sich sicher: "Ohne unser Konzept würden viele vermutlich erhebliche Schwierigkeiten haben, das jeweilige Pensum zu meistern."

Worauf es wirklich ankommt

Ganz wichtig ist es, den Mut zu haben alte Konzepte aufzubrechen. Wir können nicht so unterrichten, wie vor 20 Jahren. Wir müssen uns dieser neuen Situation stellen und Unterricht auf den Prüfstand stellen.

Sabrina Neckov


Im Beitrag sieht man, wie sehr sich die Lehrerin Frau Kärpf für ihre Kinder einsetzt. Dass das nicht immer einfach ist, weiß auch ihre Rektorin Sabrina Neckov. Um allen Kindern gerecht zu werden, hat Tanja Kärpf die Klassen 1a und 1b im Deutschunterricht zusammengelegt. “Wir haben drei Leistungsgruppen im Breich Deutsch gebildet: Die Entengruppe sind die ”DaZ-Kinder", die Deutsch als Zweitsprache und wenig Deutschkenntnisse haben. Die beiden anderen Gruppen können schon Deutsch. Sie können Sätze lesen und verstehen und werden auf ihrem Niveau gefördert. So ist kein Kind überfordert und kein Kind unterfordert."


Matthias Helbig ist Klassenleiter der 4c an der Friedrich-Rückert-Grundschule. Was für ihn entscheidend ist, um alle Kinder abzuholen, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund: “Das Wichtigste ist, dass man individuell guckt, was die Kinder mitbringen, und diese Dinge dann fördert. Das ist das Entscheidende.”


Daniela Kaiser ist Klassenleiterin der 2c an der Friedrich-Rückert-Grundschule. Was sie viel wichtiger findet, wenn es um ihre Schülerinnen und Schüler geht: “Meiner Meinung nach ist nicht der Migrationshintergrund ausschlaggebend für das Bildungsniveau der Kinder, sondern vor allem das Interesse der Eltern und wie die Zusammenarbeit zwischen den Eltern und uns als Schule funktioniert.”


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