Der folgende Kommentar von BLLV-Expertin Birgit Dittmer-Glaubig bezieht sich auf das kultusministerielle Schreiben „Hinweise zu Schwerpunktsetzungen im LehrplanPLUS Grundschule, Leistungsnachweisen und Übertrittsverfahren“ (hier zum Download) und dem dazu erschienen Leitfaden des ISB „Mehr Lernentwicklungsgespräche und schlankere Zeugnisse für die Grundschülerinnen und Grundschüler in Bayern“ (hier zum Download).
„Schwerpunktsetzung“, das klingt nach Eigenverantwortlichkeit, nach Flexibilität nach Ruhe bewahren. Leider jedoch nur beim ersten Hinschauen, denn liest man nach zum Thema Übertritt und Probeunterricht, so bleibt doch alles, wie es schon immer war.
Die Notwendigkeit, in diesen schwierigen Zeiten der pandemiebedingten Verunsicherung Leistungsdruck von der gesamten Schulfamilie zu nehmen, wurde sowohl von Seiten des Ministerpräsidenten als auch des Kultusministers wiederholt betont. Dies gelingt mit der Beibehaltung dieses Übertrittsverfahrens jedenfalls nicht. Sollten wir nicht aus den vergangenen Monaten gelernt haben, dass es wichtig ist, unsere Schülerinnen und Schüler zu stärken, individuell zu fördern und zu begleiten, anstatt sie „auszulesen“?
So nicht zukunftsfähig
Wir haben gesehen, was Kinder brauchen, um selbstreguliert und motiviert ihren eigenen Lernprozess zu bewerkstelligen. Eltern wurden vermehrt in diesen Prozess integriert und auch das ist ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung. Ein Übertrittsverfahren, das all diese Veränderungen in Schule nicht berücksichtigt, ist rückwärtsgewandt und – wollen wir das, was wir alle jetzt gelernt haben, nicht wieder verlernen – nicht zukunftsfähig.
Die neuen Zeugnisformulare, die nun dankenswerterweise noch vor den Weihnachtferien zur Verfügung stehen, haben sich insgesamt sehr positiv verändert, insbesondere das Formular zum Übertritt. Der Leitfaden des ISB , als Hilfestellung gedacht, führt aber eher zur Verärgerung bei den Kolleginnen und Kollegen da der Titel „schlanke Zeugnisse“ mit dem Zusatz „am Puls der Zeit“ mehr an Veränderung“ verspricht, als er letztlich hält. Versprochen wird, dass die Neuerungen zur zeitlichen Entlastung der Kolleginnen und Kollegen beitragen sollen – die angeführten Beispiele zeigen aber, dass es nicht stimmt.
Freiheiten nutzen
Lassen wir uns aber nicht verunsichern, es gibt viele MUSS aber auch KANNS, keine Vorgaben und Erwartungen zum Umfang der Eintragungen. Nehmen wir die Verfasser beim Wort, sind wir mutig und selbstbewusst, für uns zu entscheiden, was nötig ist und was nicht! Nutzen wir die Freiheiten, die uns eingeräumt werden. Ob es dazu einen Leitfaden gebraucht hätte in dieser aufreibenden und herausfordernden Zeit – das ist eher fraglich!
<< Birgit Dittmer-Glaubig, Leiterin der Abteilung Berufswissenschaften im BLLV