Das ist sicher eine gute Nachricht: In diesem Schuljahr müssen keine Noten mehr gemacht werden. Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte (und Eltern) können sich somit auf das konzentrieren, was Schule vor allem ausmacht: miteinander lernen und arbeiten (auch wenn das "miteinander" derzeit nicht in dem Maße möglich ist, wie wir uns das wünschen). Gegebenenfalls soll großzügig über das Vorrücken auf Probe bzw. einer Befreiung vom Wiederholverbot entschieden werden.
Bedauerlicherweise wird das Gymnasium für viele erst durch Notengebung zu einer richtigen Schule
Auch der Verzicht auf die zentralen Leistungstests im nächsten Schuljahr stellt eine wichtige Entlastung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte dar. Dem Kultusministerium gebührt dafür Anerkennung, denn das Gymnasium wird ja (bedauerlicherweise) für viele erst durch Notengebung und Auslese zu einer richtigen Schule. Leider konnte sich das Ministerium nicht durchringen, auf den Probeunterricht zu verzichten.
Dieser stellt für die Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse, die Lehrkräfte an den Grundschulen (die ihn derzeit vorbereiten sollen) und die Lehrkräfte an Realschulen und Gymnasien eine erhebliche Belastung dar und hätte problemlos durch ein Probe(halb)jahr an der aufnehmenden Schule ersetzt werden können.
Eine große organisatorische Herausforderung stellt der Umgang mit gekoppelten Klassen und die Durchführung des nach Konfessionen getrennten Religions- und Ethikunterrichts dar. Hier wäre überlegenswert gewesen, den Präsenzunterricht vor allem auf die Kernfächer zu konzentrieren bzw. die zweistündigen Sachfächer epochal zu unterrichten.
Spannungsverhältnis zwischen "wünschenswert" und "leistbar"
Positiv herauszuheben ist, dass das Ministerium explizit auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Wünschenswerten (hohe Qualität und intensive Betreuung) und dem Leistbaren hinweist. Ausdrücklich werden dabei auch die Arbeitsbelastung und Verfügbarkeit der Lehrkräfte erwähnt. Hier ist es an den Schulen vor Ort, einen für die Lehrerinnen und Lehrer gangbaren Weg zu finden. Dabei eröffnet das Ministerium auch die Möglichkeit, bei unvermeidbaren Einschränkungen die Stundentafeln an die
Gegebenheiten vor Ort anzupassen (z.B. vorübergehender Verzicht auf einzelne Fächer, Vermeidung von Nachmittagsunterricht). Leider konterkariert das Ministerium dies aber, indem es die Doppelbelastung von Präsenzunterricht und individueller Rückmeldung bzw. Korrektur durch die Lehrkraft beim "Lernen zu Hause" zementiert.
Denn das ist klar: Wenn die Lehrkräfte immer mehr im Präsenzunterricht gebunden sind (und im Probeunterricht, beim Abitur, bei Vertretungs- und Präsenzstunden und in der Notbetreuung), dann müssen beim "Lernen zu Hause" Abstriche gemacht werden.
>> Kommentar von: Roland Kirschner, Leiter der Fachgruppe Gymnasium des BLLV