Nur die Politik kann Abhilfe schaffen
„Während wir jedes Jahr neue Negativrekorde über schwindendes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungsfähigkeit ihres Staates melden, steigt gleichzeitig das Ansehen der Beschäftigten. Der positive Trend beim Beamtenimage und im Beruferanking kann den seit Jahren anhaltenden Verfall staatlichen Ansehens und Autorität allerdings nicht aufhalten. Hierfür ist die Politik verantwortlich und nur sie kann Abhilfe schaffen“, kommentierte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach die Ergebnisse am 26. Juni 2024 in Berlin.
Wirksame Investitionen und wirksame Modernisierung
Die wichtigsten Aufgaben des Staates sind aus Sicht der Befragten 2024 die Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit, die Verbesserung der Infrastruktur, die Modernisierung und Digitalisierung des öffentlichen Dienstes sowie die Stärkung der Bundeswehr. Das Thema Klimaschutz und erneuerbare Energien ist im Prioritäten-Ranking der Bevölkerung im vergangenen Jahr deutlich zurückgefallen. Silberbach: „Was mich wirklich schockiert ist, dass inzwischen 77 Prozent der Ostdeutschen, 90 Prozent der AfD-Wähler und 85 Prozent der FDP-Wähler unseren Staat für überfordert halten und ich nicht den Eindruck habe, dass die Verantwortlichen daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Wir brauchen keine neuen Staatssekretäre oder Sonderbeauftragte, keine Arbeitsgruppen und Symbolpolitik. Wir brauchen wirksame Investitions- und Modernisierungsprogramme bei den Themen Bildung und innere Sicherheit und wir brauchen einen konsequenten Neuansatz in der Migrationspolitik. Stichworte sind hier besser Steuerung und intensivere Förderung. Die Entscheider in Bund, Ländern und Gemeinden sollten einfach mal direkt die Kolleginnen und Kollegen in den Ämtern und Dienststellen ihres Zuständigkeitsbereiches fragen. Da sitzen die Fachleute, die die praktischen Erfahrungen haben und genau wissen, wie wir die Überforderung unseres Staates überwinden können.“
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Befragung ist die zunehmende Belastung der Beschäftigten im Staatsdienst, die natürlich eng mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und dem politischen Handeln verknüpft ist.
Psychische Belastung am Arbeitsplatz wächst – dbb fordert Arbeitszeitverkürzung
Vor allem Beschäftigte im Staatsdienst sind inzwischen einer hohen psychischen Belastung ausgesetzt. Hauptursachen: Schichtdienst, Arbeitsverdichtung, Gewalterfahrungen.
„Ein Teil der Antwort für dieses Ergebnis liegt natürlich im Berufsbild. In Schulen und Kitas, bei der Polizei, im Gesundheits- und Pflegedienst oder in der Eingriffsverwaltung sind psychische Belastungen inzwischen ein Riesenthema. Zum Teil bringt der Job das mit sich. Was sich da in den letzten Jahren aber an Verrohung der Sprache, an Gewaltbereitschaft und Rücksichtslosigkeit in unserer Gesellschaft ausgebreitet hat, baden vor allem eben auch die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst aus“, analysiere der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 26. Juni 2024 die Ergebnisse der 18. dbb Bürgerbefragung, die das Meinungsforschungsinstitut forsa durchgeführt hat. „Hinzu kommen die Belastungen, die sich durch den wachsenden Personalmangel und ständig neue Aufgaben und Bürokratie im öffentlichen Dienst ergeben: Arbeitsverdichtung, Überstunden, Doppelschichten. Das macht die Leute krank!“ Während in der Privatwirtschaft 37 Prozent der Beschäftigten angeben, „eher stark“ und 11 Prozent „sehr stark“ psychisch belastet zu sein, sind es bei den Beamtinnen und Beamten 49 beziehungsweise 21 Prozent.
Belastung besonders hoch
Folgerichtig hat die diesjährige Sonderbefragung zum Thema Arbeitszeit auch ergeben, dass die Beschäftigten in Deutschland dem Thema „Entlastung durch Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung“ generell positiv gegenüberstehen. Insgesamt wünschen sich 72 Prozent der Befragten (77 Prozent im öffentlichen Dienst) eher einen zeitlichen als einen finanziellen Ausgleich für Überstunden und Mehrarbeit. Beschäftigte in der Privatwirtschaft und Angestellte im öffentlichen Dienst wünschen sich zudem häufiger eine Vier-Tage-Woche oder zusätzliche Urlaubstage, Beamtinnen und Beamte vor allem eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Silberbach: „Kein Wunder, sie arbeiten im Schnitt ja auch länger als andere Berufsgruppen. Bundesbeamte seit 2006 zum Beispiel 41 Stunden pro Woche. Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die durch nichts mehr begründet ist, außer durch die Ignoranz der Dienstgebenden. Die psychisch am stärksten belasteten Gruppen haben die höchsten Arbeitszeiten. Wer da den Zusammenhang nicht sieht und für Entlastung sorgt, ist entweder blind oder rücksichtslos.“
>> Hier finden Sie alle Informationen zur Befragung auf der Website des dbb