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Die BLLV-Präsidentin zu Gast im Podcast von Bildungsinfluencer Bob Blume

Als Podcaster und bildungspolitischer Influencer setzt sich Bob Blume für den Lehrberuf und eine Schule ein, die für Kinder und Jugendliche gemacht ist. Mit Simone Fleischmann spricht er darüber, wie Verbandsarbeit Änderungen im Schulsystem voranbringen kann.

Exen und der überholte Lernbegriff verhindert zukunftsfähige Bildung

Es gibt viele Baustellen im Bayerischen Bildungssystem: Lehrkräftemangel, mangelnde Förderung und der überholte Leistungsbegriff sind Dauerbrenner. Auch für die BLLV-Präsidentin löst dies immer wieder Kopfschütteln aus, da alle wissenschaftlichen Erkenntnisse klar zeigen, dass motiviertes Lernen eine andere Grundlage braucht: „Was ist das für ein Art, wenn ich ein Kind kalt erwische? Es kann was nicht. Und ich schreibe eine Ex. Was steckt denn da für ein Leistungsbegriff dahinter? Ich will dich erwischen. Eigentlich heißt es doch 'Catching by being good'. Wir müssen es genau umdrehen. Ich muss das Kind dann erwischen, wenn es gut ist.“ erklärt Simone Fleischmann zu Beginn des Podcast mit Bob Blume.

Aus der Praxis - Fleischmanns Erfahrung als Lehrerin an einer Mittelschule prägt sie bis heute

Die BLLV-Präsidentin hat jahrelang eine Mittelschule in Poing geleitet. Mit ihren Schülerinnen und Schülern hat sie nicht Dienst nach Vorschrift gemacht, sondern die Freiräume genutzt, um auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen einzugehen. „Ich habe Teamtrainings gemacht. Wir haben die Zeitung gelesen, wir sind weggefahren. Wir waren gefühlt, glaube ich, dreimal in der Woche in München in unterschiedlichen Museen. Wir waren dann natürlich auch mal 14 Tage auf Besinnungstagen. Ich habe alles mitgenommen, was irgendwie umsonst ging, weil die Kinder hatten ja kein Geld.“ Die Kinder konnten mit ihr als Lehrerin Beziehung leben. Das kam nicht bei allen Kollegen gut an, als sie zum Beispiel das Klassenzimmer ausräumte und nur noch die Stühle in einem Sitzkreis stellte, um mit den Kindern gemeinsam Themen zu erarbeiten. „Die anderen Kollegen haben immer gesagt: Sag mal, spinnst du, was machst du eigentlich mit denen? Die sind mehr am Gang und im Pausenhof. Und wo sind denn hier die Tische? Und warum machen die hier nicht ordentliche Arbeit? Und da habe ich dann gemerkt, dass es dieser andere Zugang zu den Kindern war, der einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat."

Es braucht Mut, die Freiräume zu nutzen, die es gibt.

Ob Lehrkräfte ihre Vision von Schule wirklich so einbringen können, fragt Blume. Die Antwort: "Ja! Wenn man in einem Netzwerk ist, wenn man Kollegen hat, die einem den Rücken stärken", erklärt Simone Fleischmann. „Ja, wir stoßen mit innovativen Lernmethoden, mit innovativen Leistungsfeedbacks an systemische Grenzen. Die muss man ab und an überschreiten. … Ich glaube, der Schlüssel zum Erfolg ist der Mut. Und es gibt verdammt viele Freiheiten in den Lehrplänen." so die BLLV-Präsidentin.

Der BLLV schaut über den bayerischen Tellerrand

Als größtes der Bundesländer habe Bayern eine besondere Stellung - auch bildungspolitisch, so Bob Blume. Als bayerischer Lehrerverband setzt sich der BLLV für Schule und Lehrkräfte in Bayern ein. Doch die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Studien, auf denen die Forderungen nach systemischen Veränderungen gestellt werden, gelten bundesweit. Laut Fleischmann ist ein Verband dann erfolgreich, wenn er in der gesellschaftlichen Diskussion die Themen verfolgt, die breit diskutiert werden und wenn die Kolleginnen und Kollegen an der Schule spüren, dass wir uns als Verband vor sie stellen. Und Ja, der BLLV spreche auch mit Eltern und Schülern zu bildungspolitischen Themen.

Es geht sicher nicht um Kuschelpädagogik, sondern um moderne Bildung

Es gehe nicht darum, eine Schule ohne Noten einzuführen. Bei dieser Polemik gehe Simone Fleischmann sowieso die Hutschnur. Bestes Beispiel Bundesjugendspiele: „Dass wir keinen Mü weiter sind in der Diskussion. Was bringt diese Gesellschaft weiter? Wenn führende Firmenchefs selber ein derart leistungsorientiertes Denken, eine scharfe Konkurrenz, einen Siegeswillen selbst im Spielen mit Kindern an den Tag legen, dann ist es weit davon entfernt, dass wir irgendwie Leistung definieren nach den Zukunftskompetenzen, den Soft Skills. Wie kann ich mich in einer Krise durchhandeln? Wie komme ich zurecht in einer Gesellschaft, die divers ist? Wie kann ich meine Stärken so positionieren, dass ich volle Kanne im Leben bestehen werde?"

Den Leistungsbegriff unter die Lupe nehmen

Wie der Leistungsbegriff überhaupt definiert werden sollte, sehe man bei der Debatte wunderbar. Und Bob Blume wirft ein: „Wenn das alles an den Bundesjugendspielen liegt, dann könnte man ja auch im Umkehrschluss sagen, dass wir im Dressurreiten überall Gold haben, weil das so viel in den Schulen praktiziert wird. Das wird ja keiner machen. Und das wiederum zeigt ja, dass man so einen einfachen Kausalzusammenhang gar nicht herstellen kann.“

>> Beitrag zur Debatte um die Bundesjugendspiele nach Olympia

Längeres gemeinsames Lernen – aber bitte keinen Einheitsbrei

Gemeinsames Lernen sei in der Grundschule „State of the Art“ – warum das jetzt in Bayern genau vier Jahre seien, habe übrigens keine wissenschaftliche Grundlage, sondern das wurde Anfang des 19. Jahrhunderts einfach „ausgewürfelt“, erklärt Simone Fleischmann. Seitdem hält Bayern daran fest. Für den BLLV gehe es um wissenschaftliche und evidenz-basierte Veränderungen. Die empirische Grundlage ist schon lange da: „Wenn sie allen Kindern mehr bringt, eine veränderte Struktur, dann müssen wir so eine Struktur schaffen, dass wir es als Lehrerinnen und Lehrer auch schaffen, jedem Kind gerecht zu werden.“ Von Aussagen, dass das alles Einheitsbrei ist, hält die BLLV-Präsidentin wenig:

„Wer will denn einen Einheitsbrei? Ja, garantiert nicht wir. Ein Einheitsbrei würde ja bedeuten jeder ist das gleiche, jeder kriegt das gleiche. Ja, das ist ja genau das Gegenteil von dem, was wir wollen. Wir wollen nur nicht, dass sie zum Beispiel wie jetzt in Bayern, das der Fall ist, in der vierten Klasse aufgrund von drei Noten auf vier Schularten verteilt werden. Wir wollen, dass sie individuelle Förderung bekommen.“

Neue Denkräume sind der Anfang

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband hat seit Jahrzehnten eine Beschlusslage, die da heißt längere gemeinsame Schulzeit. „Ich bin noch nicht so lange Präsidentin, seit 2015 erst. Ich gebe aber ehrlich zu, dass ich keine ordentliche Antwort habe, wie genau diese längere gemeinsame Schulzeit aussieht. Und jetzt bin ich ein paar Jahre mit dabei und wir sind jetzt in der Lage und wollen 2025 das Jahr der Denkräume ausrufen und darüber nachdenken, erklärt Fleischmann im Podcast. Die wichtigen Fragen seien: "Was ist eigentlich die Fragestellung hinter dieser Strukturänderung? Was bedeutet längere gemeinsame Schulzeit? Wie könnte man antworten? Wer müsste wie handeln? Warum gibt es so viele Widerstände?“ Ziel des BLLV wäre es 2027 ein Modell zu präsentieren, das aus den Denkräumen heraus mit Wissenschaftlern, mit der Gesellschaft, mit anderen Ländern, mit anderen Bundesländern, mit Kindern, mit Jugendlichen, mit allen Menschen entstanden ist und eine konkrete Antwort darauf zu geben, wie eine längere gemeinsame Schulzeit aussehen kann.

>> Den ganzen Podcast in voller Länge hören Sie hier