ISABELL ZACHARIAS
hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion - SPD-Direktkandidatin für München- Schwabing - Vorsitzende des BildungsForums der Sozialdemokratie in München
„Wir brauchen freundlichere Schulen“
Die SPD-Direktkandidatin für München-Schwabing Isabell Zacharias kennt die Situation an Schulen in Bayern gut. Sie ist dreifache Mutter und war Landesvorsitzende des Bayerischen Elternverbands. Die gebürtige Nordfriesin ist seit 2008 Mitglied des Bayerischen Landtags.
Die SPD setzt sich in Bayern für Gemeinschaftsschulen ein. Sie sollen den Druck aus den Grundschulen nehmen und für mehr Chancengleichheit sorgen – so das Wahlprogramm. Wie sieht Ihr Bild von der Gemeinschaftsschule aus?
Gemeinsames Lernen: voneinander, füreinander, miteinander. Von der 1. bis zur 10. Klasse – also bis zum mittleren Bildungsabschluss. Für mich ist klar, dass das im rhythmisierten Ganztag passieren muss. Und zwar inklusiv und integrativ. Dazu müssten sich auch die Schulstandorte deutlich verändern. Wir brauchen freundlichere Schulen. Sie müssen zu Orten werden, wo man sich gerne den ganzen Tag aufhält. Dazu gehören schöne Kantinen sowie Küchen, in denen Kinder ihr Essen im besten Fall selbst zubereiten. Wir müssen auch andere Professionen an die Schulen bringen: vom Künstler bis zur Krankenschwester.
Wie sieht der erste Schritt bei der Umsetzung dieses Modells aus?
Mir fällt da die BLLV-Kampagne „Kurze Beine, lange Wege“ ein. Das war 2014 die ironische Umkehrung der Grundschulgarantie der Staatsregierung mit dem Slogan „Kurze Beine, kurze Wege“. Kleine Schulen laufen nach wie vor Gefahr geschlossen oder zusammengelegt zu werden. Tatsache ist: Je ländlicher, desto weniger Schulen am Ort. Das bedeutet auch, dass die Schulwege für Kinder auf dem Land immer länger werden. Ganztagsschule heißt aber nicht, ganztägig auf dem Schulweg zu sein. Dagegen kann man mit der Einrichtung von Gemeinschaftsschulen die Kinder wunderbar bis zum ersten Schulabschluss zusammen am Ort halten. Es gibt Schulen, die dazu bereits Konzepte in der Schublade haben. Die müsste man nur mal machen lassen.
Wir müssen die Lehrerbildung auf jeden Fall ändern, da die Anforderungen größer geworden sind.
Sie sind die hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. Gibt es etwas, dass Sie an dem Lehramtsstudium ändern würden? Wie sollte die Lehrerbildung jetzt gestaltet werden, damit sie den Anforderungen der zukünftigen Generationen gerecht werden kann?
Wir müssen die Lehrerbildung auf jeden Fall ändern, da die Anforderungen größer geworden sind. Ich wünsche mir, dass wir in der kommenden Legislaturperiode das Studium anfassen, um es in die Gegenwart zu führen. Dazu gehört, dass Inklusion und Integration schulartübergreifend gelehrt werden müssen. Das Studium braucht zudem einen höheren Praxisanteil. Auch sollten die besten Studierenden zu Lehrern werden. Es braucht deswegen ein ehrliches System, bei dem schon früh klar wird, wer für den Beruf geeignet ist. Dafür ist auch eine gute Anbindung an andere Studiengänge notwendig, damit jene einfach wechseln können, die während dem Studium erkennen, dass sie nicht an die Schule gehen möchten.
Welches ist für Sie das drängendste Bildungsthema?
Da gibt es drei Themen. Für mich als Sozialdemokratin sind die befristeten Verträge von Lehrer und Lehrerinnen ein No-Go. Der zweite Punkt: Alle Schulen müssen gleich gut sein. Es ärgert mich, dass in einer reichen Kommune die Schule Laptops hat, während es in einer armen Kommune keine Laptops gibt. Daran muss sich etwas ändern. Und drittens müssen wir beim Thema längere, gemeinsame Schulzeit endlich weiterkommen – da hat sich bisher nichts getan.
Gute Bildung ist der Garant für unsere Zukunft.
Wie entscheidend sind Bildungsthemen für die Landtagswahl?
Für mich sind sie sehr entscheidend. Allerdings habe ich in den beiden vergangenen Landtagswahlen feststellen müssen: Tatsächlich entscheiden Bildungsfragen die Wahl nicht. Dabei sind sie maßgeblich. Gute Bildung ist der Garant für unsere Zukunft.
Was hat Sie dazu bewogen in die Politik zu gehen?
Damals war ich Landesvorsitzende des Bayerischen Elternverbands. Ich merkte wie wichtig mir Bildungsthemen sind. Als Mutter von drei Kindern wollte ich als authentische Bildungspolitikerin die Welt im Landtag retten. Im Kleinen ist das immer wieder gelungen. Aber gerade bei den großen, drängenden Themen, da gibt es noch so viel zu tun. Zum Beispiel stimmen bei der Inklusion die Rahmenbedingungen nicht. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es hier an der Grundüberzeugung fehlt. Es fehlt eine bessere Lehrerausbildung. Es braucht mehr Lehrer und kein gegliedertes Schulsystem. An der Inklusion zeigt sich, wie die Gesellschaft mit unseren Kindern umgeht. Es funktioniert nur für den Mainstream. Wenn man anders ist, zu klug, zu langsam, zu schnell ist, fällt man raus.