GREGOR MÜNCH

Spitzenkandidat der Grünen Jugend Unterfranken - Direktkandidat im Main-Spessart-Kreis

„Es ist super, zu zweit in der Klasse zu stehen“

Gregor Münch, Lehramtskandidat mit 1. Staatsexamen, hat gerade sein erstes Schuljahr als Mobile Reserve an einer Mittelschule in Unterfranken beendet. Das war nicht sein erster Praxistest als Lehrer: Nach dem Abitur absolvierte er Orientierungspraktika an Grund-, Mittelschule und Gymnasium. Während des Studiums sammelte er Auslandspraxis als Fremdsprachenassistent an einer Sekundarschule in England. Mit dem Studium der Staatswissenschaften hatte er zunächst eine politische Laufbahn im Sinn, entschied sich dann aber für eine andere Form des Staatsdienstes: das Grundschullehramt. Weshalb? Er wollte Alltagsbezug.                                                                            

Herr Münch, Männer sind in der Grundschule immer noch rar. Warum haben Sie sich für die Grundschule entschieden?

Schon im Studium hat mich die Breite der Fächerkombination gereizt: So konnte ich Deutsch im Hauptfach sowie Mathe, Geo und Musik als Didaktikfächer studieren. Ich bin auch ein Fan des Klassenlehrerprinzips. Damit hat man deutlich mehr Stunden in einer Klasse als es an den weiterführenden Schulen der Fall wäre. Schüler/innen, die mehr Zuwendung brauchen, kann man so viel leichter gerecht werden. Grundschullehramt studiert man aus Überzeugung. Allen männlichen Lehramtsstudierenden kann ich nur sagen: Macht das!

Leider muss man sich im Studium in Bayern in der Wahl der Schulart sehr früh festlegen. Ein gemeinsames Grundstudium für alle Schularten, wie es die flexible Lehrerbildung des BLLV fordert, macht für mich absolut Sinn. Die Basis für die pädagogischen Berufe kann man besser gemeinsam legen. Auch jetzt ist es schon so, dass Studierende für Grund-, Realschule oder Gymnasium Didaktikfächer an der Uni gemeinsam besuchen.

Was mir außerdem wichtig ist: eine stärkere Verzahnung zwischen Schule und Unterrichtspraxis. Ein Praktikumstag in der Woche ist zu wenig, zwei wären besser. Unterrichten ist ja irgendwie auch ein Ausbildungsberuf.

Hat die Besoldung für Sie eine Rolle bei der Wahl der Schulart gespielt?

Die schlechtere Bezahlung ist ja kein Problem, das die Kolleg/innen in der Grundschule allein betrifft. Den Erzieher/innen geht es ähnlich. Es sollte uns ein politisches Ziel sein, die Gehälter im Elementarbereich an die Spitzengehälter im Bildungssektor anzugleichen. Frühe Bildung ist eine so essentielle Aufgabe des Staates, dass wir es uns nicht leisten können, diesen Bereich zu vernachlässigen.

 

 

Ziel muss sein, die Gehälter im Elementarbereich an die Spitzengehälter im Bildungssektor anzugleichen.

Was haben Sie aus Ihrem Einsatz als Fremdsprachenassistent in England mitgenommen?

In England habe ich das Teamteaching kennen gelernt. Der Assistant Teacher ist dort eine feste Größe. Außerdem wird in England im modularen Kurssystem unterrichtet, ähnlich wie bei uns früher am Gymnasium, wo man zwischen Leistungs- und Grundkursen wählen konnte. Beides würde ich auch gerne bei uns einführen. Das Kurssystem lenkt den Fokus auf die Stärken des Einzelnen.

Auch die Grünen fordern eine neue Bewertungskultur. Wie soll die aussehen?

Mein Lieblingsbeispiel für unsere aktuelle Bewertungskultur ist das so genannte Grundschulabitur. Das kommt viel zu früh. Viele Kinder machen in ihrer Entwicklung nach der 4. Klasse noch riesige Sprünge. Über die Wahl der richtigen Schulart kann man aus Sicht der Grünen deshalb frühestens nach der 6. Klasse nachdenken. So hätten wir auch erreicht, dass alle Kinder länger gemeinsam lernen - am besten in einem modularen System, wo es Kurse für schwächere und stärkere Schüler/innen gibt. Unser jetziges Schulsystem ist zwar durchlässig, aber von oben nach unten viel stärker als umgekehrt.

 

 

Unser Schulsystem ist zwar durchlässig, aber von oben nach unten viel stärker als umgekehrt.

Wie haben Sie das vergangene Schuljahr als Mobile Reserve erlebt?

Der Einsatz als Mobile Reserve gleich nach dem 1. Staatsexamen, noch vor dem Referendariat, war für mich eine große Chance. Es war sehr hilfreich, dass ich mich schon vor Beginn des Referendariats ausprobieren durfte. Man bekommt unmittelbar Feedback. Wenn's nicht läuft, lassen die Schüler/innen einen das spüren. Auch die Kolleg/innen merken schnell, was funktioniert, was nicht.

Ich hatte 15 Unterrichtsstunden und war schwerpunktmäßig in zwei 7. Klassen eingesetzt. Wenn keine ganzen Stunden zu vertreten waren, hab ich einzelne Schüler beim Lernen unterstützt. Das führt mich gleich wieder zur Politik: Es ist super, wenn man zu zweit in einer Klasse steht. So kann man viel besser differenzieren, viel mehr individualisieren. Man lernt die Schüler/innen auch besser kennen. Das waren für mich die besten Stunden. Diese Teamarbeit war es, die mir am meisten gegeben hat.

Was erwarten Sie sich nun vom Referendariat?

Erfahrung als Lehrer zeigt sich meiner Meinung nach darin, dass man weiß, wie man in welcher Situation mit dem Schüler umgeht. Wann welche Methode geeignet ist, wann es angesagt ist, Grenzen zu setzen, wann man es ruhig ein wenig laufen lassen kann - auch in erzieherischer Hinsicht. Ich war zunächst im Unterricht nicht streng genug und auf Exkursionen wiederum zu streng, weil ich unsicher war und mir noch die richtige „Balance“ gefehlt hat. Ich freue mich darauf, solche Praxisfälle mit erfahrenen Seminarlehrer/innen zu besprechen.

In Ihrer Antrittsrede als Spitzenkandidat der Jungen Grünen haben Sie vor allem die Entwicklung des ländlichen Raums angesprochen. Wo kommt da die Bildungspolitik ins Spiel?

Der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs berührt auch den Übergang von der Schule zur Ausbildung. Echte Ausbildungs- und Berufswahl in Bayern haben wir nur, wenn der gewünschte Ausbildungsplatz für die jungen Menschen auch erreichbar ist.

In meinem Jahr an der Mittelschule hab ich das erlebt: Es gab dort Schüler/innen, die ein bestimmtes Praktikum antreten wollten, davon aber letztlich abgesehen haben, weil der Betrieb mit den bestehenden Zug-/Busverbindungen zu den jeweiligen Arbeitszeiten nicht gut zu erreichen war. Wer keinen Führerschein hat, überdenkt seine Berufswahl dann meistens noch einmal neu.

Auch das ist eine Hemmschwelle bei der Wahl der geeigneten Ausbildung. Es muss in Bayern möglich sein - ähnlich wie in Südtirol oder in der Schweiz - alle Regionen im Halbstundentakt an den ÖPNV anzubinden.

Für eine gerechtere Bildungspolitik: "Förderung sozialer Gerechtigkeit fängt in der Schule an. Für gelebte Inklusion brauchen wir längere gemeinsame Lernzeiten. Mindestens bis zur sechsten Klasse, besser länger. Zum gemeinsamen Lernen gehören zwei Lehrkräfte in jede Klasse. So stärken wir den sozialen Zusammenhalt", schreibt Gregor Münch auf seiner Webseite. >> weiter lesen