Wie der LehrplanPLUS den Qualifizierenden Mittelschulabschluss verändert
Zur Einführung des LehrplanPLUS auch in den 9. Jahrgangsstufen der Mittelschule wurden die Prüfungen zum Qualifizierenden Abschluss angepasst. Dies ist gut gelungen, meint Tomi Neckov, 2. Vizepräsident im BLLV, und erläutert die Detailregelungen.
Das Kultusministerium passt die Besondere Leistungsfeststellung zum Qualifizierenden Mittelschulabschluss im Schuljahr 2021/22 an den kompetenzorientierten Lehrplan an. Das entsprechende Kultusministerielle Schreiben ist jetzt veröffentlicht worden.
Das Ministerium hat in vielen Arbeitskreisen und auch in Gesprächen mit dem BLLV und dem Hauptpersonalrat die Chance genutzt, um vor allem in Deutsch und in Mathematik sinnvolle Änderungen vorzunehmen. Auch das Herauslösen der Projektprüfung aus dem Prüfungskanon ist eine äußerst kreative Lösung, um für Entlastung zu sorgen.
Die Tatsache, dass es in Deutsch nur noch einen Text statt wie bisher zwei Texte zur Auswahl gibt, macht es Schüler und Lehrer um vieles einfacher. Wer schon länger den Deutsch „Quali“ korrigiert, weiß wie der Text durch die Schüler in vielen Fällen ausgewählt wurde: Oft fiel die Entscheidung leider aufgrund der Textlänge und nicht wegen des Inhalts.
Auch die Reduzierung der Aufgabengruppen in Mathematik ist eine sinnvolle Entscheidung, die kleineren Nachjustierungen im Bereich der Mathematik-Prüfung sind ebenso nachvollziehbar.
Das grundsätzliche Prüfungsformat der Projektprüfung hat sich in der Zwischenzeit bewährt und bleibt erhalten, auch wenn es für die Schulen, vor allem für unsere FachlehrerInnen ein immens hoher Aufwand ist. Das Ministerium hat gut erkannt, dass die externen Teilnehmer an vielen Schulen einen hohen organisatorischen Aufwand verursacht haben. Das Herauslösen der Projektprüfung aus dem Prüfungskanon ist daher eine sehr clevere Lösung, die für Entlastung bei allen Beteiligten sorgt.
Lobend zu erwähnen ist die lange Vorlaufzeit von fast zwei Jahren. Wenn alle Hilfestellungen und Musterbeispiele wie angekündigt im Herbst 2020 verfügbar sind, können die Lehrkräfte an den Mittelschulen ihre Schüler schon in der achten Jahrgangsstufe auf die neuen Prüfungsformate vorbereiten. Und das ist gut so.
<< Kommentar von Tomi Neckov, 2. Vizepräsident im BLLV
Die Pläne im Detail
Deutsch, DaZ und Muttersprache
Im Fach Deutsch wird es die meisten Veränderungen geben. Neu aufgenommen wird der Bereich Hörverstehen. Alle Prüfungsteile, einschließlich Hörtext, Lesetext und diskontinuierlicher Text, werden in einem thematischen Zusammenhang stehen. Es wird in Deutsch nur noch einen Text geben – statt wie bisher zwei Texte. Die Auswahlmöglichkeit wird auf der Aufgabenebene und nicht mehr wie bisher auf Textebene realisiert sein. Die Gewichtung der Prüfungsteile wird entsprechend angepasst, die Arbeitszeit auf 195 Minuten erweitert. An eine Neueinführung einer mündlichen Prüfung ist nicht gedacht.
Auch in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) wird das Hörverstehen aufgenommen. Der Hörtext, der Lesetext und der diskontinuierliche Text sind identisch zur Deutschprüfung, die Abgrenzung zur Deutschprüfung findet auf der Aufgabenebene statt. Alle Prüfungsteile stehen in einem thematischen Zusammenhang.
Im Fach Muttersprache bleibt die Grundkonzeption der Prüfung bestehen, neu festgelegt wird aber die Prüfungszeit in Abgleich mit Deutsch, Englisch und der Prüfung in der Muttersprache beim Mittleren Schulabschluss. Eine entsprechende Anpassung des Leistungstests im Bereich der Muttersprache folgt. Bei Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt Hören, die an einer Regelschule unterrichtet werden, wird genauso wie bei den Leistungserhebungen im laufenden Schuljahr verfahren: Es gibt einen Zeitzuschlag, der Einsatz eines Gebärdendolmetschers kann beziehungsweise muss gewährt werden.
Englisch
Die Gesamtkonzeption im Fach Englisch bleibt erhalten, es werden Aufgaben zur Sprachmittlung und zur Text- und Medienkompetenz eingeführt. Die bereits bekannten und auf freiwilliger Basis von den Schulen schon angewandten Prüfungsformate für die mündliche Prüfung bleiben erhalten.
Mathematik
Die Grundkonzeption in Mathematik bleibt im Wesentlichen gleich. Der Aufgabenteil A bleibt erhalten, er wird um schriftliche Grundrechenarten in kleinerem Umfang ergänzt. Im Teil B kommt der Lernbereich „Wahrscheinlichkeiten“ hinzu. Auch geeignete kompetenzorientierte Aufgabenformate werden in den Prüfungen zum Qualifizierenden Mittelschulabschluss ab dem Schuljahr 2021/22 enthalten sein. Eine Veränderung wird es bei den Auswahlmöglichkeiten geben: Die Schule wird eine von zwei Aufgabengruppen zu wählen haben, statt bisher zwei Aufgabengruppen aus drei.
Natur und Technik (NT) und Geschichte/ Politik/ Geographie (GPG)
In den Fachbereichen NT und GPG wird die Prüfungszeit um 15 Minuten erhöht (von 60 auf 75 Minuten). Wie in Mathematik sollen kompetenzorientierte Aufgabenformate aufgenommen werden. Es wird keine Einführung von praktischen oder mündlichen Prüfungsteilen geben.
Religion und Ethik
In Religion und Ethik wird die Prüfungszeit um 10 Minuten erhöht (von 50 auf 60 Minuten). Auch in diesen beiden Fächern sollen kompetenzorientierte Aufgabenformate aufgenommen werden.
Kunst
In Kunst wird es zwei klar voneinander getrennte Prüfungsteile (schriftlicher und praktischer Teil) geben.
Informatik / Informatik und digitales Gestalten (IdiG)
In Informatik und IdiG wird es zwei unabhängige Prüfungen geben, von denen nur ein Fach gewählt werden kann. Dabei werden schriftliche und praktische Prüfungsteile verpflichtend sein. Die Arbeitszeit beträgt 150 Minuten.
Musik, Sport, Buchführung
In den Fächern Musik, Sport und Buchführung sind keine Änderungen angedacht.
Projektprüfung
Das Prüfungsformat der Projektprüfung bleibt erhalten, aber es befindet sich nicht mehr als separates Fach im Prüfungskanon. Als ein benotetes Projekt wird die Projektprüfung im Rahmen des Unterrichts der neunten Jahrgangsstufe durchgeführt und bildet damit eine eigene Prüfungsnote, die weiterhin doppelt gewichtet wird. Es erfolgt keine Verrechnung mehr mit den Jahresfortgangsnoten aus Wirtschaft und Beruf (WiB) und dem berufsorientierenden Zweig (BoZ).
Die Aufnahme der Jahresfortgangsnoten aus den Fächern WiB und BoZ sowie der Projektnote ins Zeugnis des Qualifizierenden Abschlusses erfolgt wie bisher unter Berücksichtigung bei der Berechnung des Gesamtschnittes. Die Mittelschüler wählen ansonsten – wie bisher – aus der Gruppe Englisch, NT oder GPG ein Prüfungsfach. Andere Bewerber, also zum Beispiel externe Prüflinge, wählen künftig zwei der Prüfungsfächer aus der Fächergruppe NT, GPG, Englisch und der Projektprüfung.
Sonderpädagogischer Förderbedarf
Für SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Sehen und Hören werden die zentral gestellten Prüfungsaufgaben am Kultusministerium beziehungsweise durch den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (MSD) adaptiert. Weiterer Nachteilsausgleich wird wie bisher durch die Schule gewährt.
Sonstiges
Neben den genannten Änderungen wird es auch eine weitgehende Vereinheitlichung von zugelassenen Hilfsmitteln, insbesondere im Bereich der Wörterbücher geben. Es wurden bereits Musterprüfungen für die zentral gestellten Prüfungen erstellt, diese werden im September 2020 veröffentlicht. Ab September soll das ISB in ausgewählten Fächern auch Hilfestellungen und Beispiele für schulhausinterne Prüfungen bereitstellen. Die Änderung der Mittelschulordnung (MSO) soll im Herbst 2020 erfolgen, so dass die Regelungen zum Schuljahr 2021/22 in Kraft treten können.
<< Zusammenfassung von Tomi Neckov, 2. Vizepräsident im BLLV
Weitere Informationen
Kultusministerielles Schreiben:
"Besondere Leistungsfeststellung zum Erwerb des qualifizierenden Abschlusses der Mittelschule: Neue Prüfungsformate ab dem Schuljahr 2021/2022"
BLLV-Themenseite: Mittelschule
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