Die Schulschließungen zur Verlangsamung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus waren ein gewaltiger Eingriff in den Alltag von Schülerinnen und Schülern. Dies scheint nun auch eine Umfrage des ifo-Instituts unter Eltern zu bestätigen. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass sich während Corona die Zeit halbiert hat, in der sich Kinder täglich mit der Schule beschäftigt haben. Sie sei von 7,4 auf 3,6 Stunden pro Tag gesunken. Gleichzeitig sei die Zeit mit Fernsehen, Computerspielen und dem Handy von 4,0 auf 5,2 Stunden gestiegen.
BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann hebt hervor: „Das ist der Durchschnittswert! Da sind 38% Schülerinnen und Schüler dabei, die weniger als 2 Stunden pro Tag gelernt haben. Das ist weniger als ein halber Schultag pro Tag. Dies alles nach den Ferien reinzuholen wird eine immense Herausforderung.“ Auch müsse man die Frage stellen, ob die Kinder und Jugendliche vor Corona ausreichend gelernt hätten, selbständig zu lernen.
Eltern können nicht alles auffangen
Auch die Eltern sehen diese Entwicklung laut ifo-Institut: Von den an der Umfrage teilnehmenden Eltern geben 64% an, dass ihre Kinder seit Ausbruch der Pandemie und der damit verbundenen Schulschließung weniger gelernt haben. Dabei versuchen viele Eltern das Wegfallen des Präsenzunterrichts durch mehr Unterstützung auszugleichen. Etwa eine Stunde pro Tag unterstützen Eltern ihre Kinder, vor den Schulschließungen war es noch circa die Hälfte der Zeit.
„Die Eltern können trotz eines überragenden Einsatzes nicht alles auffangen. Dafür brauchen wir die Profis vor Ort“, sagt Fleischmann. „Dafür brauchen wir die Lehrerinnen und Lehrer. Und am besten können wir das im Live-Unterricht, wenn wir die Schülerinnen und Schüler vor uns haben und erleben können, wo die Bedürfnisse sind.“ Natürlich müsse dabei der Gesundheitsschutz gewährleistet sein.
Bildungsungerechtigkeit könnte sich durch Corona verschärfen
Sorge bereitet Fleischmann die Diskrepanz zwischen Akademiker-Eltern und Nicht-Akademiker-Eltern. So geben 56% der Eltern mit einem (Fach-)Hochschulabschluss an, dass ihr Kind viel weniger gelernt habe als sonst. Bei den Eltern ohne einen solchen Abschluss sind es hingegen 67%. „Die Bildungsungerechtigkeit ist in Deutschland an sich schon besonders groß, Corona verschärft das noch einmal. Da müssen wir mit aller Macht gegensteuern“, appelliert die BLLV-Präsidentin.
Insgesamt befragte das ifo-Institut 1099 Eltern von Schulkindern. Von diesen Schulkindern besuchten 36% Grundschulen, 30% Gymnasien und 34% andere weiterführende Schularten. Nicht bewertet wurde die Qualität der Lernzeit – somit bleibt unklar, ob die Kinder und Jugendlichen besser oder schlechter lernten.
Psychische Belastung für Eltern und Kinder
Die Mehrheit der befragten Eltern gibt zwar an, dass sie die psychische Belastung für sich und ihre Kinder während der Schulschließung als nicht groß betrachten. Trotzdem stimmen immerhin 38% Prozent der Aussage zu, dass die Schulschließungen für sie eine große psychische Belastung war. Ebenfalls 38% der befragten Eltern sehen diese Belastung auch bei ihren Kindern.
„Es ist schön zu sehen, dass viele mit der Situation gut klar gekommen sind“, kommentiert BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann die Zahlen. „Aber wir müssen jetzt besonders für die da sein, die Probleme hatten. Wie wir sehen, war die Situation nicht nur für viele Kinder belastend, sondern auch für die Eltern. Diese Erkenntnis muss man auch berücksichtigen, sollte es wieder zu Schulschließungen kommen.“