Der Fall
Ein Schulleiter hat seit längerer Zeit Probleme mit immer demselben Schülervater. Der erscheint eigenmächtig in der Schule und bedroht Lehrkräfte. Vom Schulleiter ermahnt sich zu mäßigen, verlässt der Vater nach einem Zwischenfall die Schule mit den Worten: „Ich komme wieder, und dann wird hier Blut fließen!“ Der Schulleiter will ein Hausverbot gegen den Schülervater anordnen. Das Schulamt ist einverstanden, kann – oder will – ihm aber bei der Ausführung nicht helfen. Das Mitglied fragt in der Rechtsabteilung nach, wie es nun weiter vorgehen kann.
Die Rechtslage
Zur Abwehr von Störungen des Schulbetriebs durch schulfremde Personen gibt es das Hausrecht. Ausgeübt wird es durch Schulleiterin oder Schulleiter (§ 19 Satz 1 LDO). Das Hausrecht gibt dem Schulleiter die Möglichkeit, schulfremde Personen des Hauses zu verweisen und ein Hausverbot auszusprechen.
Das Verfahren
Die Anordnung eines Hausverbots gegen den Schülervater wegen Störung des geordneten Schulbetriebs ist ein Verwaltungsakt, das heißt der Vater kann dagegen Rechtsmittel einlegen und sich an das Verwaltungsgericht wenden. Ein Verwaltungsakt muss sowohl gut begründet werden als auch verhältnismäßig sein. Gerade im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit muss der Schulleiter betonen, dass der Schülervater bereits mehrfach den Schulbetrieb gestört hat und dadurch die Gefahr besteht, dass sich die Vorkommnisse wiederholen.
In der Anordnung sollte also auf alle Vorfälle eingegangen werden, nicht nur auf den jüngsten. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit wäre es außerdem empfehlenswert, das Hausverbot nicht pauschal anzuordnen, sondern Elternabende, Elternsprechtage und Elternsprechstunden davon auszunehmen. Denn der Erziehungsberechtigte kann gegenüber der Schule sein Recht geltend machen, über den Leistungsstand seiner Kinder informiert zu werden. Generell ist es empfehlenswert, ein zeitlich befristetes Hausverbot auszusprechen. Ein unbefristetes Hausverbot ist nur in seltenen Fällen zulässig.
Das Vermeiden von Verfahrensfehlern
Aufgrund der Vorkommnisse möchte der Schulleiter anordnen, dass das Hausverbot sofort vollzogen wird. Das muss gesondert begründet werden. Hier könnte man vorbringen, dass der Vater im laufenden Unterrichtbetrieb gestört und die Lehrkräfte bedroht hat. Zur Wahrung des Schulfriedens und auch wegen der Fürsorgepflicht gegenüber den Lehrkräften ist es sinnvoll, den sofortigen Vollzug der Anordnung anzudrohen, um das Hausrecht effektiv auszuüben. Zu beachten ist, dass in dem Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung abgedruckt werden sollte. Wichtig ist auch, den Vater anzuhören, bevor ihm ein Hausverbot erteilt wird. Es zu unterlassen, stellt grundsätzlich einen Verfahrensfehler dar. Dieser Verfahrensfehler kann aber durch eine nachgeholte Anhörung nachträglich „geheilt“, sprich korrigiert werden. Ein solches Nachholen liegt zum Beispiel vor, wenn dem Adressaten nach Bekanntgabe des Hausverbots in mehreren Gesprächen der Erlass des Hausverbots und die Gründe für dieses Verbot mitgeteilt worden sind, und der Adressat dazu Stellung genommen hat (VG Aachen, Urteil vom 25. April 2008 – 9 K 1428/06 –, juris Rdnr.25, Rdnr.35).
Die Eskalationsstufen
Ist das Hausverbot ausgesprochen, besteht natürlich die Gefahr, dass der Vater es ignoriert und die Schule dennoch betritt, ohne dass eine der oben genannten Ausnahmen vorliegt. In diesem Fall macht er sich des Hausfriedensbruchs gem. § 123 StGB schuldig. Die Schulleitung kann dann die Polizei rufen und ihn aus der Schulanlage entfernen lassen. Als Inhaberin des Hausrechts ist die Schulleitung berechtigt, in solch einem Fall auch Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs zu stellen (vgl. § 123 Abs. 2 Strafgesetzbuch StGB).
Im Klassenzimmer
Nicht immer ist die Schulleitung greifbar, wenn Eltern allzu forsch oder sogar aggressiv auftreten. Immer wieder melden sich in der Rechtsabteilung Kolleginnen und Kollegen, bei denen unvermittelt Eltern im Klassenraum stehen, den Unterrichtsfortgang blockieren und sich durch freundliche Bitten nicht zum Verlassen des Raums bewegen lassen. In diesem Fall ist jedoch auch die Lehrkraft nicht hilflos. Sie hat in ihrem jeweiligen Unterrichtsraum das Hausrecht (§ 19 Satz 2 LDO), kann also für diesen Raum Eltern gegenüber ein Hausverbot aussprechen. Sie kann auch auf die Konsequenz verweisen, wegen Hausfriedensbruchs die Sicherheitsbehörden einzuschalten. Sollte es nötig sein, tatsächlich die Polizei zu rufen, müsste das aber grundsätzlich wieder durch die Schulleitung geschehen. Sie vertritt die Schule nach außen. Sind aber weder Leitung noch stellvertretende Leitung greifbar, und ist die gefühlte Bedrohung oder die Störung massiv, kann oder muss in diesem Ausnahmefall auch eine einzelne Lehrkraft bei der Polizei anrufen. Uns ist kein Fall bekannt, bei dem eine Lehrkraft deswegen mit dienstrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hatte.
Fazit
Die meisten Gespräche von Eltern mit Lehrkräften und Schulleitungen verlaufen ruhig und sachlich. Nichtsdestotrotz gibt es ab und zu Erziehungsberechtigte, die sich im Ton vergreifen, beleidigend, aggressiv und/oder drohend auftreten. Für diese Fälle sind die Maßnahmen des Hausrechts vorgesehen. Im geschilderten Fall wurde das Hausverbot gegen den Vater bis zum Ende des Schuljahres angeordnet (insgesamt für drei Monate).
Im geschilderten Fall wurde nicht nur ein Hausverbot ausgesprochen, das Schulamt empfahl dem Schulleiter darüber hinaus, Strafantrag gegen den Vater wegen Bedrohung gemäß § 241 StGB zu stellen. Dieser Vorschlag ist zwar grundsätzlich richtig, nur sollte diese Verantwortung nicht auf die Einzelschule abgewälzt werden. Die Fürsorgepflicht gegenüber Beamtinnen und Beamten wird nach § 45 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) vom „Dienstherrn“ ausgeübt. Dienstherr beziehungsweise dienstvorgesetzte Behörde ist im Bereich der GS / MS aber das Schulamt. Es wäre also dessen Aufgabe gewesen, die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten.
Bei Lehrkräften sagt § 19 Satz 2 LDO, sie haben „in ihrem jeweiligen Unterrichtsraum das Hausrecht“. Das sollte man nicht ganz so eng sehen. Eskaliert etwa ein Elterngespräch in einem anderen Raum wie dem Sprech- oder Lehrerzimmer, so wird man der Lehrkraft selbstverständlich auch dort das Recht zusprechen (müssen), gegebenenfalls vom Hausrecht Gebrauch zu machen, sollte niemand aus der Schulleitung greifbar sein.