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„Schule sollte ein Ort sein, an dem Kinder Überzeugungen, Werte und ihr Dasein spürbar erleben dürfen“

Im Salon Luitpold diskutieren Experten über Interreligiöse Bildung und Demokratie. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann plädiert für eine religionssensible Schulkultur, die übergreifende Werte vermittelt und zugleich religionskundliche Inhalte transportiert.

Der Salon Luitpold hat in Zusammenarbeit mit der Eugen-Biser-Stiftung eine Podiumsdiskussion dazu veranstaltet, wie die Gesellschaft auf zunehmende kulturelle, religiöse und politische Konflikte und einhergehend Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Rechtsradikalismus reagieren kann. Neben Rupert Grübl, Direktor der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildung, Dr. Sabine Exner-Krikorian, Expertin für interreligiöse Projekte, und Prof. Dr. Elisabeth Naurath, die an der Universität Augsburg den Ergänzungsstudiengang „Zertifikat für Interreligiöse Mediation“ installiert hat, brachte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann die Perspektive der Schulen in diesem Spannungsfeld ein.

Gerade weil die aktuellen Geschehnisse in den Klassenzimmern großen Raum einnehmen, sind Schulen gefordert, stellt Fleischmann klar: „Wir glauben und erleben das auch bei den Kindern, dass das Zusammenleben an der Schule, das werteorientierte Miteinander, das tolerante Umgehen miteinander ein absolut wichtiges Thema ist.“

Die Welt von morgen braucht Persönlichkeiten

Zudem ist Werteorientierung ein essenzielles Bildungsziel, betont die BLLV-Präsidentin. Daher haben aktuelle Anlässe im Weltgeschehen im Zweifelsfall auch Priorität vor Lehrplaninhalten: „Es geht nicht, dass wir persönlichkeitsbildende Anlässe, Lernarrangements und Möglichkeiten in der Schule auslassen. Dann haben wir zwar vielleicht Kinder, die lesen, rechnen und schreiben können – aber die Gesellschaft von morgen braucht ganzheitliche Persönlichkeiten!“

Dabei kommt dem Religionsunterricht naturgemäß eine besondere Bedeutung zu, schildert Simone Fleischmann: „Der Religionsunterricht bietet eine Riesenchance, weil Jugendliche und Kinder merken, dass sie da angehört werden, dass sie abgeholt werden und wir mit ihnen Persönlichkeitsbildung machen. Das mögen sie. Sie mögen reden über das Leben, über Gott und die Welt und das, was sie beschäftigt. Es wäre eine Riesenchance, über die Qualität des Religionsunterrichts und die Weiterentwicklung zu diskutieren. Insofern ist der Religionsunterricht für uns als Verband sehr wichtig. Wesentlich ist für uns dabei auch die Wissenskomponente, also dass auch die religionskundlichen Inhalte Platz finden.“

Die Podiumsdiskussion im Video


Was ein Kind mitbringt, soll Platz haben dürfen

Die BLLV-Präsidentin macht sich dabei in der Diskussion für einen pluralen Ansatz stark: „Wir meinen, dass jedes Kind in bayerischen Schulen einen Platz braucht, an dem es seine Religion, seine Überzeugungen und sein Dasein spürbar erleben kann. Also Festivitäten, die Jahreszyklen, die Möglichkeiten im Schuljahr das Leben von allen Religionen und allen Kulturen reinzuholen. Wir haben in unserem Verband ein sehr starkes, ganzheitliches Menschenbild und möchten gerne, dass Bildung vom Kind aus so gedacht wird, dass all die Überzeugungen und Werte, die ein Kind mitbringt, auch in der Mitte des Schulalltags sein dürfen.“

Die Diskussion über aktuelle Konflikte werde dabei aber leider teils von Eltern erschwert, die sich mit dem Meinungs- und Wertepluralismus schwer tun, berichtet Fleischmann: „Es gibt viele Eltern, die machen den Kolleginnen und Kollegen die Hölle heiß, wenn sie auch nur im Ansatz ihre eigene Meinung sagen oder nicht alle Meinungen gleichzeitig sagen oder nicht nach dem Beutelsbacher Konsens agieren. Ich habe als Schulleiterin leider auch erlebt, dass Anwälte und Juristen mit in die Schule gebracht werden. Dann heißt es: ‘Sie haben hier was Falsches erzählt, sie dürfen das gar nicht.‘ Das führt dann mitunter dazu, dass Lehrerinnen und Lehrer das lieber gar nicht thematisieren. Und das ist dann sehr schade!“

Die Meinung der Lehrkraft ist eine von vielen im Unterricht

Denn gerade damit Kinder und Jugendliche sich ihre eigene, differenzierte Meinung bilden können, braucht es eben ein offenes Angebot. Dazu gehört – als eine von vielen Stimmen – auch die der Lehrkraft, betont die BLLV-Präsidentin: „Damit ein Kind und ein Jugendlicher sich eine Meinung bilden kann, muss er die Vielfalt der Meinungen kennenlernen. Er darf nicht überwältigt werden – das ist ein Begriff aus dem Beutelsbacher Konsens – durch die Meinung der Lehrkraft. Du darfst aber als Lehrkraft, und das ist ganz wichtig, deine Meinung sagen. Übrigens wollen das auch die Kinder. Die fragen ganz dezidiert: ‘Und wie denkst du, wen wählst du? Für wen bist du?‘ Und dann wäre es fatal, wenn du dich als Lehrkraft nicht mit deiner Meinung präsentierst. Du darfst das. Du musst aber andere Meinungen genauso setzen. So musst du es machen, wenn es um eine aktuelle weltpolitische oder gesellschaftspolitische Fragestellung geht.“

Wir brauchen den Dialog

Die aktuelle Diskussion, welche Inhalte an den Schulen gekürzt werden können, damit die von der Bayerischen Staatsregierung verordnete Pisa-Offensive zur Stärkung der Kernkompetenzen umgesetzt werden kann, greift Simone Fleischmann zu kurz. Sie stellt klar: „Nichts kann wegfallen!“ Der BLLV setzt sich angesichts der mannigfaltigen Herausforderungen an Schule stattdessen für eine Erweiterung der Stundentafel ein. Insbesondere gilt für Fleischmann: „Wir können keine einzige Stunde hergeben, die uns die Chance gibt, mit den Kindern über ihre Persönlichkeitsentwicklung zu reden. Wir brauchen die Inhalte, wir brauchen die Zeit, wir brauchen die Räume, wir brauchen den Dialog!“

Das Ziel einer religionssensiblen Schulkultur, die dem Priorität einräumt, beschreibt die BLLV-Präsidentin so: „Es geht um ein Schulprogramm, in dem die Medienerziehung vornedran steht, in dem selbstverständlich die Anti-Gewalterziehung wichtig ist, in dem wir darauf schauen, dass wir gegen Rechts erziehen und für Toleranz erziehen. Das ist für uns wichtig: Dass Werteorientierung, Religiosität, aber auch das ‘Wie gehen wir miteinander um?‘ in den Mittelpunkt rücken.“

» Die gesamte Podiumsdiskussion als Livestream
 

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