"Schon seit 25 Jahren gilt die neue Rechtschreibung. [...] In der Zwischenzeit hat sich viel verändert, die Sozialen Medien sind immer mehr Teil unseres Alltags geworden. Doch beeinflussen sie die deutsche Rechtschreibung und inwiefern haben sie diese verändert?", diese Frage trieb die Redaktion der Passauer Neuen Presse um, die im Vorfeld dazu auch BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann befragt hatte.
Rechtschreibung und ihre Bedeutung bleiben wichtig
Die BLLV-Präsidentin kann natürlich bestätigen, dass Rechtschreibung heute oft nicht mehr den gleichen Stellenwert hat wie vor einigen Jahren - und zwar unabhängig vom Alter oder der Schulform, die eine Schülerin oder ein Schüler besucht: „Die Welt tickt in short messages und die Schüler leben in dieser Welt, egal, in welchem Alter sie sind.“ Kinder und Jugendliche fragen sich dabei ganz selbstverständlich, wofür sie die Rechtschreibung noch brauchen, auch angesichts von Autokorrektur-Funktionen. Die Haltung und das Verständnis von Rechtschreibung ist deshalb ausschlaggebend dafür, diese auch korrekt anwenden zu wollen. „Es ist wichtig, dass die Schüler die Bedeutung der Rechtschreibung lernen. Deshalb ist es Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer, eine Motivation dafür herzustellen“, sagt Fleischmann. Grundschüler seien zu Beginn noch wissbegierig, in den ersten beiden Klassen würden sie am liebsten alles können. Ab der 3. und 4. Klasse würde das Schreiben mehr in den Hintergrund rücken, da hier das Handy und somit auch Funktionen wie Sprachnachrichten immer interessanter werden. Ab der 5. Klasse entstehen dann die ersten Diskussionen zwischen Lehrern und Schülern darüber, was überhaupt wichtig ist.
Das Problem: Soziale Medien legen auf Rechtschreibung keinen Wert mehr. Hier zählen andere Währungen, wie Likes oder dass die Inhalte kurz formuliert sind: „Die Rechtschreibung steht hier nicht auf Platz eins. Die Kinder sind oft geradezu süchtig nach Medien. Viele von ihnen sind im Dschungel der Sozialen Medien abgesoffen!“, so Simone Fleischmann.
Es fehlt an Vorbildern
Es gibt aber viele Gründe dafür, dass sich inzwischen viele Kinder in der Schule schwer tun mit Lesen und Schreiben. „Es kommt darauf an, was den Kindern zu Hause vorgelebt wird. Meine Oma hat früher noch meine von Hand geschriebenen Einkaufszettel auf Rechtschreibfehler kontrolliert. Heute fehlt es an Vorbildern“, ist die Meinung der BLLV-Präsidentin. „Wir müssen aufhören zu sagen, dass die Schulen das alles retten müssen. Auch die Eltern müssen ihren Teil dazu beitragen!“ Dabei dürfen Kernkompetenzen und grundlegende Werte nicht vernachlässigt werden. Neben dem Faktor des Vorbildermangels trägt auch der Mangel an Lehrkräften sowie die technische Entwicklung zum Verfall der Rechtschreibkompetenz bei. „Die Diskussion muss dahin gehen, dass wir uns mit den Auswirkungen der Sozialen Medien auseinandersetzen. Sie sind Teil des Lebens der Kinder“, so Fleischmann. Anstatt sich über die Entwicklung zu beschweren, müsse man sich ihr anpassen. „Man muss den Kindern mehr Medienkompetenz beibringen". Auch eine frühzeitige Förderung der Rechtschreibung bereits im Kita-Alter ist nötig, um die Kompetenz der späteren Schüler zu verbessern.
Der ursprüngliche Artikel ist erschienen in der Passauer Neuen Presse vom 26. Juli 2023 sowie online (kostenpflichtiger PNP+ Artikel), abrufbar >>HIER!