Petra Pohl ist Buchhändlerin und sie macht ehrenamtlich Sprachförderung, unter anderem in der 6a der Pestalozzi-Mittelschule in Würzburg. Die Sendung Capriccio im BR zeigt unter anderem eine Unterrichtsstunde in dieser Klasse. Eine Stunde in der viel geredet, gelacht und gespielt wird und in der Selbstbewusstsein getankt wird. Und das brauchen die Kinder, denn wie Petra Pohl berichtet, fühlen sich viele von ihnen übriggeblieben an der Mittelschule. Und vielen fehlt der Mut und das Selbstvertrauen, um sich reinzuhängen und um wirklich gut lesen zu lernen.
Die Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler sinkt
Das Ergebnis der neuesten Bildungsstudie IQB besagt, Kinder in der neunten Klasse können immer schlechter sprechen, lesen und verstehen. An allen Schularten erreicht rund ein Drittel der Kinder die Mindestanforderungen nicht. Im "gepriesenen Bayern" - so der BR in der Sendung - sind es immerhin 17 Prozent. Die Kinder brauchen Hilfe, jetzt. Deshalb unterstützt Frau Pohl, weil eine Lehrerin für 22 Kinder mit diesen Herausforderungen viel zu wenig ist um das Lesen wirklich zu trainieren, um zu motivieren und individuell zu fördern.
Eine Lehrerin schildert wie schlecht viele Kinder in der fünften Klasse lesen können. Sie wirkt sichtlich angefasst von dem Thema. Sie sagt, Corona spiele nach wie vor eine große Rolle. Zu viel wurde in der Zeit verpasst. Oft fehle die Motivation. Und auch der persönliche mündliche Kontakt untereinander sei oft gering. Denn erst, wenn man sprechen kann, kann man auch schreiben. Beide Kompetenzen hängen eng zusammen.
Versagt das System Schule?
Der BR zieht eine harte Bilanz: Das System versagt. Besonders hart trifft es laut BR dabei Kinder der Mittelschule, weil sich hier so viele soziale Probleme bündeln und es hier kaum - sonst so gefürchtete - Helikoptereltern gibt und oft keine teure Nachhilfe.
BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann kennt die Herausforderungen ganz genau: "Wenn ich in der vierten Klasse den Mindeststandard nicht erfülle, dann kann ich aus einem mir eigentlich angemessenen Text keinen Sinn entnehmen. Das heißt, ich habe den Text nicht verstanden. Das heißt, mir fehlt für alle Fächer, die dann später kommen - ich würde sogar sagen für das ganze Leben - eine grundlegende Kompetenz. Ich habe Buchstaben gelesen und kann daraus kein Wissen ziehen. Wir verlieren viel zu viele Kinder, die sich selber als 'Ich schaffe es nicht' sehen. Die sagen 'Ich kann es nicht, ich komme nicht zur Realschule, ich komme nicht zum Gymnasium, ich bleibe übrig'. Und wissen Sie, wie das ist, mit Kindern zu arbeiten, die von sich selber sagen "Ich bleibe übrig".
Ein Potenzial an wunderbaren begabten Menschen
Am Ende des Beitrags kommen die Kinder selbst zu Wort. Kinder die gerne bei Ihren alten Freunden wären, die jetzt auf der Realschule sind. Kinder die gerne auf eine andere Schule gegangen wären. Dabei sprechen einige der Kinder, die sich hier abgehängt fühlen, drei oder vier Sprachen - nur leider nicht Englisch oder Französisch. Also nicht die "guten" Sprachen, die mancher gerne hätte.
Petra Pohl schließt den Beitrag mit den Worten: "Wir haben ein Potenzial in diesen Schulen an wunderbaren Menschen. Und wenn wir diesen Schatz heben würden - und das ist unsere Aufgabe als Erwachsene und unsere Aufgabe als Gesellschaft - dann könnte uns nichts passieren in diesem Land."