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Leistungsrückmeldung sollte zu lebenslangem Lernen motivieren

Nach Ausgabe der Zwischenzeugnisse fragt Nordbayern.de, ob Noten sinnvoll sind und konsultiert BLLV-Präsidentin Fleischmann. Sie stellt klar: Langfristige Lernerfolge brauchen Motivation. Leistung individuell und prozessfokussiert rückzumelden, hilft da enorm.

Besonders rund um die Ausgabe von Zeugnissen nimmt die Debatte um die Sinnhaftigkeit von Leistungsrückmeldung, die vor allem über Ziffernnoten geschieht, Fahrt auf. Im Nachgang der Zwischenzeugnisse fragt Nordbayern.de nun provokant, ob Noten komplett abgeschafft werden sollen und ob Schule ohne Noten vorstellbar sei.

Dazu wird BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann ausführlich befragt. Für sie ist klar: Ideal wäre ein Mischsystem aus Noten und alternativen Bewertungsformen. Denn für den BLLV braucht es endlich ein zeitgemäßes Lern- und Leitungsverständnis. Denn Ziffernnoten dienen vor allem der behördlich rechtssicheren Zuweisung von Lebenschancen und führen zu stumpfem Pauken und Auswendig Lernen von Inhalten, die nach der Prüfung sofort wieder vergessen werden. Fleischmann nennt dies „bulimisches Lernen“ und wünscht sich stattdessen Lernprozesse, die wirkliches Verstehen fördern, das dann auch zu einem Erkenntniszuwachs führt. Dafür braucht es aber eben dringend Formen der Leistungsrückmeldung, die dazu motivieren.

Freude am Lernen sollte nie aufhören

Simone Fleischmann kritisiert, dass demotivierende Noten stattdessen zu einer hohen Zahl von „Dropouts“ führen: Schulabbrüche und Jugendliche, die Schulen ohne Abschluss verlassen. In diesem Zusammenhang seien Noten „Lerndruckmittel und Motivationskiller“. Für die Betroffenen bedeutet das nicht nur verpasste Berufs- und Lebenschancen, sondern einen schweren Bruch in der gesamten Bildungsbiografie. „Die Arbeitswelt von morgen braucht motivierte, lebenslange Lerner“, mahnt die BLLV-Präsidentin. Wer schon in Kindesjahren durch demotivierende Leistungsrückmeldungen den Stecker gezogen bekommt, entwickelt kein positives Selbstverständnis des eigenen Lernens.

Fleischmann plädiert stattdessen für Feedback in Gruppen, Verbalgutachten und Lernfortschrittsgespräche. Wichtig sei immer, dass Leistung individuell und prozessorientiert ist, statt nur ein Ergebnis zu berücksichtigen, das dann sofort mit anderen verglichen wird. Nur so ließe sich jedes Kind erstmal den eigenen Stärken entsprechend entwickeln und fördern – und letztlich auch bestärken, um später dann in etwaigen Vergleichssituationen gut bestehen zu können.

Zukunftsfähig werden

Fleischmann räumt ein, dass es dafür aber eine „grundlegende Schulreform“ bräuchte. Aktuell stehen große Klassen, akuter Personalmangel und, besonders in Bayern, ein scharfer Leistungsbegriff dem entgegen.

Langfristig dürften das aber keine „Totschlagargumente“ sein, findet die BLLV-Präsidentin. Denn als Jurorin des Deutschen Schulpreises ist sie regelmäßig damit beschäftigt, besonders innovative Schulen zu analysieren, deren Arbeitsweise von Experten aus Wissenschaft, Gesellschaft und Politik als zukunftsweisend gesehen werden. Eins zeigt sich bei dieser Arbeit ganz klar, berichtet Simone Fleischmann: „Mir ist keine Siegerpreisschule ohne alternative Systeme zur Leistungsrückmeldung bekannt …“