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Weiter Unsicherheit wegen neuer Regeln für Ausdrucks-, Grammatik- und Rechtschreibfehler Startseite Topmeldung

Lehrkräfte kritisieren neue Rechtschreib-Regeln an den Schulen

Laut Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts müssen - unter anderem - Rechtschreibfehler zukünftig in allen Fächern, auch außerhalb des Deutschunterrichts, berücksichtigt und bewertet werden. Die neue Regelung führt vielfach zu Unsicherheiten und Kritik.

Die neue Regelung sorgt weiter für Unsicherheiten und Kritik, wie die Augsburger Allgemeine am 13. Oktober berichtet. Bisher gab es für Grundschulen lediglich eine Kennzeichnungspflicht für Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit. Eine Pflicht, diese auch zu bewerten - und gegebenenfalls auch zu benoten - gab es aber nicht. Die Neufassung der Grundschulordnung lautet jetzt: „Bei schriftlichen Leistungsnachweisen in allen Fächern sind Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit und schwere Ausdrucksmängel zu kennzeichnen und angemessen zu bewerten.“

Verunsicherung statt Rechtssicherheit

Schon früh hatte der BLLV kritisiert, dass die neue Regelung zu Verunsicherungen auf allen Seiten führen wird. „Wenn es bei solchen Dingen ungleiche Herangehensweisen gibt, sind Diskussionen vorprogrammiert“, sagte Tobias Schreiner, Leiter der Fachgruppe Realschule im BLLV, deshalb auch der Augsburger Allgemeinen. Bisher war es beispielsweise am Gymnasium der Entscheidung der Lehrkräfte überlassen, ob Rechtschreibfehler außerhalb des Deutschunterrichts bewertet werden, etwa in Nebenfächern wie Geschichte oder Religion. Die bayerische Kultusministerin Anna Stolz betonte gegenüber der Augsburger Allgemeinen: „Natürlich behalten unsere Lehrkräfte dabei ihren pädagogischen Spielraum. Sie entscheiden weiterhin, wie stark die Fehler ins Gewicht fallen - nach Fach und Lernstand der Schülerinnen und Schüler.“ Dem Ministerium zufolge wird an Grundschulen besonders berücksichtigt, ob der verwendete Wortschatz bereits geübt wurde.

Konkret heißt das: Rechtschreibfehler sind nun also „in allen Fächern“ zu bewerten und zwar „angemessen“. Was allerdings angemessen ist, müssen die Lehrkräfte an den Schulen entscheiden. Wie die Schulen dabei gerechte und transparente Kriterien schaffen sollen, ist ebenso weiterhin unklar. „Jetzt ist es wichtig, dass Schulleitungen und Fachschaften sich darauf verständigen, einheitlich eine lernpsychologisch sinnvolle Art der Umsetzung zu wählen, die Fehler als Ausgangspunkt für Verbesserung begreift und nicht in erster Linie als Mittel zum Punktabzug. Was Schule am wenigsten braucht, ist eine Erhöhung des Notendrucks“, so Tobias Schreiner gegenüber der Augsburger Allgemeinen.

Statement von Tobias Schreiner, Leiter der Fachgruppe Realschule im BLLV, zur Situation aus Sicht der Realschulen

"Die Neufassung der Schulordnungen war notwendig aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit von Zeugnisbemerkungen bei Notenschutz für Schülerinnen und Schüler mit Rechtschreibstörung. Die konkrete Neufassung hat aber nicht nur Rechtssicherheit geschaffen, sondern zugleich auch strengere Bewertungsmaßstäbe ermöglicht. 

Natürlich sind Rechtschreibung und sprachlicher Ausdruck elementare fächerübergreifende Bildungsziele, daher wurden an den Realschulen auch Rechtschreibfehler und Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit immer schon in allen Fächern gekennzeichnet. Dass diese nun in allen Fächern bewertet werden müssen, sorgt aber für Verunsicherung bei Schülerinnen, Schülern, Eltern und Lehrkräften. Jede einzelne Lehrkraft entscheidet grundsätzlich selbst, was sie bei der Bewertung als "angemessen" betrachtet - da sind Diskussion vorprogrammiert, wenn es ungleiche Herangehensweisen gibt. Zudem stellt sich die Frage, was am Ende eigentlich gemessen wird: Sachkompetenz, Rechtschreibkompetenz oder - bei unangekündigten Leistungsnachweisen - Stressresistenz?

Die Schulen und die Lehrkräfte haben einen weiten Ermessensraum, diese Neuregelung zu konkretisieren. Jetzt ist es wichtig, dass Schulleitungen und Fachschaften sich darauf verständigen, einheitlich eine lernpsychologisch sinnvolle Art der Umsetzung zu wählen, die Fehler als Ausgangspunkt für Verbesserung begreift und nicht in erster Linie als Mittel zum Punktabzug. Denn eins ist klar: Was Schule am wenigsten braucht, ist eine Erhöhung des Notendrucks. 

Deshalb setzen wir uns als BLLV auch grundsätzlich für ein neues Leistungsverständnis und eine veränderte Prüfungskultur ein: Motivierende Lernumfelder und nachhaltige Bildungserfolge brauchen prozessorientierte Formate, die Feedback über individuelle Lernfortschritte ermöglichen; darüber sollten wir reden und nicht darüber, ob das vergessene "s" beim dass in der Bio-Ex jetzt einen Punkt kostet oder nicht."

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