Unter dem Titel „Lehrer zweiter Klasse? Fachlehrer verdienen deutlich weniger als Quereinsteiger“ (verlinkter Artikel kostenpflichtig) schildert die Passauer Neue Presse den Fall einer Fachlehrerin an einer Chiemgauer Mittelschule, die perspektivisch einen Gehaltsunterschied zu Quereinsteigern von „bis zu 20.000 Euro“ beklagt“. Dieser sei dann „einfach zu krass“. Die Differenz kommt auch zustande, weil die Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen demnächst generell die Eingangsbesoldung von A13 erhalten werden, während die fällige Angleichung für Fachlehrkräfte bisher lediglich nur vage versprochen wurde. „Die Karrierewege müssen verbessert werden“, hatte Kultusminister Piazolo auf der Landesdelegiertenversammlung des BLLV gesagt und ergänzte: „Fachlehrkräfte sind an den Schulen sehr wichtig und übernehmen Aufgaben, die nach der Vorschrift nicht immer so vorgesehen sind!“
Aus Sicht von Dimitri Telent, Leiter der Fachgruppe Fachlehrer musisch/technisch, hat er damit immerhin eingeräumt, dass die Schieflage bei Weitem nicht nur die Besoldung betriff: „Die mediale Berichterstattung beschreibt die aktuelle Wahrnehmung vieler Kolleginnen und Kollegen sehr treffend, greift aber zu kurz“, kritisiert Telent entsprechend. Denn es gehe nicht nur um Unterrichtspflichtzeit und Besoldung, sondern auch um die prekäre Arbeitssituation vor Ort. Fachlehrkräfte schlagen sich mit der schlechten Ausstattung von Fachräumen herum – sofern diese überhaupt vorhanden sind – und sehen sich immer häufiger mit Gruppengrößen konfrontiert, die sicheren und pädagogisch sinnvollen Fachunterricht unmöglich machen. Dazu kommt der erhebliche Aufwand an häufig bis zu drei Schulen tätig sein zu müssen, also noch mehr, als im Artikel berichtet.
Berufsorientierung hat ihren Wert
Dabei kann sich die Gesellschaft die stiefmütterliche Behandlung der Fachlehrkräfte durch den Dienstherren eigentlich nicht leisten: „Fachlehrer bilden in den Fächern Technik, Ernährung und Soziales, Wirtschaft und Kommunikation so dringend gebrauchte Fachkräfte von morgen aus“, stellt Dimitri Telent klar. Das zahlt auf die schulische Berufsorientierung ein, für die Fachlehrkräfte an Grundschulen die Basis legen und die dann an den Mittelschulen besonders im Fokus steht. Dennoch müssen die Fachgruppen des BLLV hier eine „unfaire dienstrechtliche Behandlung im Vergleich zu universitär ausgebildeten Lehrkräften“ konstatieren. Und das, obwohl diese mit beispielsweise Informatik, Englisch, Sport, Musik oder Kunst dieselben Fächer unterrichten wie universitär ausgebildete Lehrkräfte, die A12 bzw. demnächst A13 erhalten. Darüber hinaus übernehmen Fachlehrkräfte oft spezifische zusätzliche Aufgaben wie beispielsweise Systembetreuung.
Dennoch ist an Mittelschulen die Unterrichtspflichtzeit mit 29 Stunden um 2 Stunden höher als bei den anderen Kollegen. „Die Landesfachgruppen für Fachlehrkräfte Ernährung und Gestaltung und musisch/technisch fordern die Reduzierung der Unterrichtspflichtzeit“, stellen die Fachgruppenleitungen Brigitte Eisenhut und Dimitri Telent klar.
Spezifische Aufwertung der Fachlehrkräfte
Um das Lehramt der Fachlehrkräfte so aufzuwerten, dass es dem anspruchsvollen Auftrag und der wichtigen gesellschaftlichen Bedeutung entspricht, ist es aber nicht mit einer Angleichung von Besoldung und dienstrechtlicher Gleichbehandlung getan. Insbesondere dem Vorschlag der von der Passauer Neuen Presse zitierten Kollegin, die Fachlehrkräfte sollten doch einfach die Chance erhalten, ebenfalls die Quereinstiegsmaßnahmen zu durchlaufen, widerspricht der BLLV vehement. Er macht sich stattdessen für eine Maßnahme stark, die dezidiert Fachlehrkräfte aufwertet:
„Die Landesfachgruppen für FL m/t und EG fordern, dass die Modulare Qualifizierungsmaßnahmen für Fachlehrer zur Erreichung der Qualifikationsebene 4 (mit der Besoldungsgruppe in A13) ermöglicht werden“, stellen Dimitri Telent und Brigitte Eisenhut klar. Anders als die Maßnahmen beim Quereinstieg sind modulare Qualifizierungsmaßnahmen konkrete, festgelegte Schritte für eine höhere Eingruppierung innerhalb einer bestimmten Beamtenlaufbahn.
Jetzt Fachlehrkräfte als Teil der Kernmannschaft stärken
Denn der BLLV tritt grundsätzlich für das Credo „Alle Lehrer sind Lehrer ein“. Daher fordert er mit den Landesfachgruppen für Fachlehrkräfte m/t und EG die Umsetzung des flexiblen BLLV-Lehrerbildungsmodells, in dem insbesondere die praktischen Fächer Technik, Werken und Gestalten, Ernährung und Soziales, Wirtschaft und Kommunikation in die universitäre Ausbildung eingebunden werden.
Denn Fachlehrkräfte sind eben Teil der grundständig ausgebildeten „Kernmannschaft“, die in Zeiten akuten Lehrermangels an Schulen die Fahne hochhalten, wie der BLLV auf einer Pressekonferenz zum Beginn der Schuljahres klargestellt hat. Denn die unübersehbaren Lücken werden derzeit oft mit Quereinsteigern und pädagogisch teils nur bedingt geschultem Personal gestopft, dem zudem auch die Kenntnis organisatorischer und administrativer Abläufe im Schulalltag fehlt. Diese Defizite muss die Kernmannschaft ausgleichen, ohne dass es dafür zusätzliche Ressourcen gäbe.
Angesichts dieser Arbeitsumstände fällt es dann schwer, den dringend benötigten Lehrkräftenachwuchs für den Beruf zu begeistern – das wäre aber angesichts des akuten Mangels an Studierenden dringend angezeigt. Ansonsten droht ein Fachlehrkräftemangel zum Brandbeschleuniger beim Fachkräftemangel zu werden. Der BLLV ruft die politisch Verantwortlichen daher nachdrücklich auf, hier endlich gegenzusteuern. Staatsminister Piazolo hat dazu auf seiner Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn verkündet, das sein Ressort 500 Stellenhebungen im Bereich der Fach- und Förderlehrkräfte beantragt hat und generell die Aufstiegsmöglichkeiten verbessert werden sollen - hoffentlich kommt es dazu dann auch.
<< Brigitte Eisenhut, Leiterin BLLV-Fachgruppe Ernährung und Gestaltung
<< Dimitri Telent, Leiter BLLV-Fachgruppe musisch/technisch
» zum Artikel „Lehrer zweiter Klasse? Fachlehrer verdienen deutlich weniger als Quereinsteiger“ (kostenpflichtig)
Fehlende Balance
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Kernmannschaft stärken heißt Arbeitsbedingungen und Bezahlung für Fachlehrkräfte verbessern!
Die Passauer Neue Presse berichtet über eine MS-Fachlehrerin, die sich im Vergleich mit Quereinsteigern finanziell stark benachteiligt sieht. Die Fachgruppen der Fachlehrkräfte im BLLV stellen klar: Es braucht insgesamt bessere Arbeitsbedingungen.