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Starkes Selbstbild, starke Leistung Startseite Topmeldung
Bildungsgerechtigkeit Differenzierung Eigenverantwortung Entwicklungsgespräch Gebundener Ganztag Heterogenität Individuelle Förderung Kompetenzorientierung Leistungsrückmeldung Lernentwicklungsgespräch Lernraum Mittelschule Motivation Noten Schulentwicklung Schülerzentriert Schulleitung Übertritt

„Hier kann man halt besser lernen …“

Beim „Besuch in Deutschlands bester Schule“ zeigt die BR-Abendschau, was dort anders gemacht wird: Ganztag, Differenzierung, Eigenverantwortung und ganzheitliches Lernen mit viel Persönlichkeitsbildung. Auch BLLV-Präsidentin Fleischmann zeigt sich begeistert.

Dass an der Eichendorffschule in Erlangen, die von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beim Deutschen Schulpreis als Sieger geehrt wurde, vieles besser funktioniert, zeigt sich vor allem an den Aussagen der Schülerinnen und Schüler: „Ich bin jetzt besser, viel besser“, sagt beispielsweise der elfjährige Toni der BR-Abendschau über den Mathematikunterricht, den er früher gehasst hat. „Früher hatte ich wirklich gar keinen Bock, aber jetzt gerne. Hier kann man halt besser lernen.“

die 15-jährige Ezgi wurde an ihrer vorherigen Schule gemobbt, hatte große Angst, in der Klasse etwas zu sagen und zog sich komplett zurück. Durch die individuelle, selbstständige Arbeitsweise an der Eichendorffschule und die Chance, Lehrkräfte im direkten Gespräch etwas fragen zu können, hat sie neues Selbstbewusstsein gefunden und will nach ihrem Abschluss Elektrotechnikerin werden.
 


Ganztag als Chance für Bildungsgerechtigkeit und individuelle Förderung

Es sind zum einen andere Lernformate, die das bewirken: Schülerinnen und Schüler arbeiten eigenständig in sogenannten Lernräumen in mehrfach differenzierten Schwierigkeitsgraden und können bei Bedarf Lehrkräfte um Unterstützung bitten. Deren Rolle ist damit eher die eines individuellen Lernbegleiters statt des pauschalen Lernstoffüberbringers im Frontalformat. Weil die Eichendorffschule, wie viele Mittelschulen, eine sehr heterogene Schülerschaft hat – beispielsweise haben viele Kinder Sprachprobleme und einen schwierigen sozioökonomischen Hintergrund – gibt es außerdem keine Hausaufgaben.

Schulleiter Helmut Klemm betont dazu im Interview mit der Abendschau, dass ihm Bildungsgerechtigkeit besonders am Herzen liegt. Als reine Ganztagsschule könne man mit dem Lernen eben anders umgehen: „Diese zusätzliche Zeit nutzen wir beispielsweise in zusätzlicher individueller Lernzeit.“ Die Lernräume der Eichendorffschule böten „eine gute Balance von ‘Ich erfahre etwas Neues, ich bekomme einen Input, aber gleichzeitig habe ich die Möglichkeit zu wiederholen, zu vertiefen, zu verstärken‘. Etwas, das beim Lernprozess enorm wichtig ist und das häufig über die Hausaufgaben ins Elternhaus outgesourced wird.“ Das ist in Elternhäusern mit schwierigen sozioökonomischen Verhältnissen aber eben oft kaum machbar und so ist der Weg über die Ganztagsschule fairer für die Schülerinnen und Schüler.


Du kannst das!

Neben den individuellen Lernformaten nehmen die Lehrkräfte der Eichendorffschule ihre Schülerinnen und Schüler aber eben auch als eigenständige Persönlichkeiten in den Blick und stärken sie systematisch, erklärt Schulleiter Klemm: „Es geht ja nicht darum, den Schüler nur als Mathe-, Deutsch- und Englisch-Schüler zu betrachten. Die haben ganz viele Talente, die haben ganz viele Potenziale! Und machen wir im Ganztag in unserem Campus und an den Schulen der Eichendorffschule ganz viel, um ihnen zu zeigen: ‘Ihr seid mehr!‘ Das stärkt das Selbstbild. Und dann können wir uns auch wieder der Schule widmen.“

Damit spricht der Schulleiter der Eichendorffschule BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann aus der Seele. Auf die Frage der BR-Abendschau nach dem Erfolgsrezept der Preisträgerschule sieht auch sie die Aussagen der Schülerinnen und Schüler als besten Beweis, wie viel hier richtig gemacht wird: „Man kann vor allem erleben, dass Kinder, die in die Mittelschule gehen, hier gern hingehen!“ Das liegt eben am gänzlich anderen Konzept und einem individuellen Blick auf die Kinder und Jugendlichen: „Es ist ein anderes Team, es ist eine andere Haltung gegenüber den Schülerinnen und Schülern! Denn diese Schule zeigt dir wirklich Wege, wie du dein Selbstbewusstsein stärken und mehr Verantwortung für dich selbst übernehmen kannst.“

Notendruck vom Übertritt: Erstmal gegensteuern

Der BLLV setzt sich schon seit Langem für einen ganzheitlichen und individuellen Lernbegriff mit Herz, Kopf und Hand ein, der Schülerinnen und Schüler als ganze Menschen in den Blick nimmt. Der Leitsatz „Nur wenn mein Herz hüpft, lerne ich etwas“, bewahrheitet sich an der Eichendorffschule für alle sichtbar.

Schulleiter Helmut Klemm will seinen Weg unbedingt weiterverfolgen, auch wenn der pädagogischen Kreativität in Bayern Grenzen gesetzt sind. Er hadert beispielsweise mit der Fokussierung auf Ziffernnoten, durch die Schülerinnen und Schüler schon beim Eintritt in die Mittelschule häufig vorbelastet seien: „In Bayern wird zu früh selektioniert“, kritisiert Klemm. „Es sind drei Fächer, die für einen Notendurchschnitt auf 1/100 gerechnet maßgeblich sind und über die Schullaufbahn entscheiden. Das ist schon sehr, sehr krass.“ Hier versuche man bewusst, gegenzusteuern: „Wichtig ist für uns, dass wir die Schülerinnen und Schüler erst mal ankommen lassen. Das heißt, wir spielen die Noten erst mal herunter, wir setzen auf Lerndialoge, das Lernentwicklungsgespräch und wir rücken etwas anderes in den Fokus.“


Grenzen im System …

Die Ansätze der Eichendorffschule sind dabei nicht immer auf Begeisterung in der Verwaltung gestoßen, auch wenn sich das durch die Auszeichnung zumindest für seine Schule gebessert habe, schildert Helmut Klemm. Er übt mit Blick auf andere Schulen Kritik: „Vor allem das bayerische Schulsystem lässt nur bedingt zu, dass Schulen aktiv werden, dass sie Eigenverantwortung zeigen.“

Dennoch lassen sich aus seiner Erfahrung gewisse Freiräume nutzen: „Es braucht ein bisschen Mut. Aber alles, was begründet, durchdacht, verantwortlich, kreativ und pädagogisch ist, ist zunächst mal machbar, würde ich sagen.“ Das Fazit des preisgekrönten Schulleiters: „Das System können wir nicht verändern. Aber wir können natürlich die Schule verändern, die wir tatsächlich jeden Tag gestalten.“

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