"Es geht eben nicht darum, was der oder die Absendende beabsichtigt, sondern darum, was vom Empfangenden wahrgenommen oder eben nicht gewünscht wird", sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman bei der Frauenpolitischen Fachtagung. „Probleme wachsen sich eben nicht aus, Sie müssen angepackt werden.“ In ihrem leidenschaftlichen Plädoyer ging sie auf das Allgemeine Gleichstellungsgesetz ein, welches das Verhalten zwischen den Bürgern definiert. Seit 2006 gültig, steht nun eine Novellierung an und damit gibt es auch viele Forderungen zur Nachbesserung. "Ich merke, dass der gesamte Themenbereich Antidiskriminierung insgesamt nicht den Stellenwert hat, den er haben sollte", so Ataman.
Die Beauftragte forderte in ihrer Rede unter anderem die konsequente Umsetzung der Einrichtung von Beschwerdestellen und eine Verlängerung der Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen, die momentan lediglich zwei Monate beträgt und für Betroffene in diesem Zeitraum kaum umsetzbar ist. Ihre Forderungen nach verpflichtenden und Schulungen zum Erkennen, Prävention und Behandlung von sexueller Gewalt, Belästigung und Mobbing unterstützten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter großem Applaus.
Rolle von Erziehung und Bildung
In der folgenden Diskussionsrunde wurde auch die Rolle von Erziehung und Bildung betrachtet. Rechtsanwältin Sandra Maurer, Spezialistin für betroffene Lehrkräfte, forderte ein gesellschaftliches Umdenken in der Schwerpunktsetzung schulischer Bildung und bekam von Tanja Küsgens (VBE) und Sandra Schäfer (VBE und 1. Vorsitzende NLLV) kräftige Unterstützung. Jedoch löse die Einführung neuer Fächer das Problem nicht, betonten beide in ihrem Wortbeitrag, Küsgens verwies zudem auf den Fachkräftemangel in allen Bereichen. Dennoch sei Schule und Kita der richtige Ort, um früh Rollenklischees entgegenzuwirken und Empathie und somit Demokratie zu stärken.
Ergänzend forderte Schäfer ein Umdenken in der gesellschaftlichen Schwerpunktsetzung hin zu einer zentralen Rolle dieser sozialen Themen, hin zur Bildung der Persönlichkeiten der Schülerschaft und weg vom rein leistungsbasierten Wettbewerb. Die Debatten um jüngste Erhebungen und Studien zeigten, dass dringender Handlungsbedarf bestehe.
Vorbildrolle öffentlicher Dienst
Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Lisa Paus nahm an der Tagung teil. "Der öffentliche Dienst sollte Vorbild im Auftreten und Handeln gegen sexuelle Gewalt, Belästigung und Mobbing sein", so die Ministerin. Dazu sollte jeder und jede Beschäftigte im öffentlichen Dienst aktiv beitragen. Insbesondere Führungskräften kommt hier eine besondere Rolle zu. Top-down Strategie und das Onboarding neuer Lehrkräfte zu diesem wichtigen Bereich sind Mittel, die systemischen Grenzen innerhalb der Struktur des öffentlichen Dienst entgegengesetzt werden können. Doch genau dazu braucht es Mittel, eine Menge Aufklärung, Fortbildungen zu Fragen wie „Wie entlarvte ich Tabuisierungsstrategien?“, „Wo bekomme ich Hilfe?“, „Wie kann ich präventiv tätig werden?“.
Eine äußerst gelungene dbb-Fachtagung mit vielen konkreten Ansätzen, Aufgaben und der dbb-Frauenvorsitzenden Milanie Kreutz, die genau das vorlebt, was es braucht für diese Veränderungen: Mut, Engagement und tatkräftigen Einsatz für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst und ihrem Arbeitsplatz.