Wenn an einer Schule mit zwölf Lehrkräften fünf ausfallen, die insgesamt 85 Wochenstunden hätten halten sollen, ist die Not riesengroß. Dass im Fall der Schule in Freising von diesen 85 Stunden dann 55 Stunden trotzdem irgendwie stattfanden, bedeutete eine enorme Kraftanstrengung für die verbliebenen Kolleginnen und Kollegen, die unbezahlte Überstunden schoben und mehrere Klassen parallel unterrichteten oder betreuten.
Und das ist beileibe kein Einzelfall, stellt Kerstin Rehm, Vorsitzende des BLLV-Kreisverbands Freising, klar: „Schüler und Lehrer lagen reihenweise flach – mit der Folge zum Teil extremer Ausfälle.“
Kein Unterrichtsausfall ist kein Bildungsziel!
Besonders im November und Dezember war die Situation prekär. Teilzeitlehrkräfte vertraten unentgeltlich erkrankte Kolleginnen und Kollegen, Klassen wurden zusammengelegt und in Turnhallen unterrichtet. Kranke Lehrkräfte erstellten Arbeitsunterlagen und schickten sie in die Schule, korrigierten Aufgaben im Krankenbett. Fachfremde Lehrer hielten Religion oder Mathematik. Seiteneinsteiger ohne pädagogische Qualifikation wurden als Vertretungen herangezogen.
„Das ist dann natürlich eher Beaufsichtigung als Unterricht, aber besser als nichts“, analysiert Kerstin Rehm und kritisiert: „Dass die Qualität selbst des Kernunterrichts auf Dauer nicht gehalten werden kann – fatal für ein Bildungsland wie Deutschland.“ Von Differenzierung und Förderung der Kinder und Jugendlichen kann dabei erst Recht keine Rede mehr sein.
„Alles Schöne“ fällt weg
Das ist für engagierte Pädagoginnen und Pädagogen in höchsten Maß frustrierend, stellt die Kreisvorsitzende klar: „Erschöpfung und Überlastung ziehen sich durch das ganze Schuljahr“, sagt Rehm und meint: „Das Schulsystem ist kollabiert. Wir sind am Ende der Fahnenstange.“ Schüler und Eltern müssten sich auf eine Kürzung der Stundentafel einstellen, erwartet Rehm. „Alles Schöne“ werde wegfallen und die Unterrichtsqualität weiter sinken.
Der BLLV hat bereits mehrfach eingefordert, dass die Politik die Mängel ehrlich benennen soll und die Erwartungen, was Schule derzeit noch leisten könne, entsprechend angepasst werden müssen.
» zum Artikel „Freisinger Schulen kommen auf dem Zahnfleisch daher: „Das Schulsystem ist kollabiert“
Akuter Lehrkräftemangel in Freising
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„Erschöpfung und Überlastung ziehen sich durch das ganze Schuljahr“
25 Grund- und Mittelschulen haben der Vorsitzenden des BLLV-Kreisverbands Freising, Kerstin Rehm, über die konkreten Folgen des Lehrkräftemangels berichtet. Das Bild ist erschreckend: „Wir haben keinen Lehrermangel, sondern Lehrernotstand“, konstatiert Rehm.