Wenn die geplante Einführung zum Anfang nächsten Schuljahres eingehalten werden soll, muss die Umsetzung jetzt schnell gehen. Bereits im März 2019 hatte das Kabinett den bedarfsgerechten Ausbau eines Islamunterrichts beschlossen. Der BLLV und seine Präsidentin Simone Fleischmann fordern dies bereits seit Jahren. Durch die Verlängerung des Modellversuchs wurde zwar Zeit gewonnen, doch jetzt wird es zeitlich wieder knapp, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Bis März 2021 hätten Schulleitungen die Anmeldungen für das neue Fach zu melden, dafür muss bis dahin aber der Gesetzgebungsprozess erstmal überhaupt abgeschlossen sein. Simone Fleischmann machte gegenüber der Süddeutschen die Dringlichkeit des Vorhabens deutlich: „Wenn jetzt nicht endlich der Modellversuch aus ist und ein Wahlpflichtfach daraus wird, dann bricht uns der Lehrkörper weg und die Dynamik. Und dann?“
BLLV fordert Entfristung und verbesserte Arbeitsbedingungen
Besonders betreffen würde dies die Lehrerinnen und Lehrer, die den Modellversuch getragen haben. Die Umsetzung eines richtigen Fachs würde für diese die nötige Sicherheit nach Jahren der befristeten Verträge bedeuten. „Der Modellversuch ist in unseren Händen gewachsen, das zu verlassen, wäre schade. Aber wenn nichts anderes übrig bleibt, muss man halt gehen“, erklärte Mehmet Yalçin gegenüber der SZ. Yalçin und seine Kolleginnen und Kollegen unterrichten seit Jahren mit befristeten Verträgen. Der BLLV fordert für diese Lehrerinnen und Lehrer schon länger Entfristungen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. So setzt sich der Verband dafür ein, dass die muslimischen Pädagoginnen und Pädagogen an maximal drei Schulen eingesetzt werden sollten und nicht, wie aktuell Usus, an bis zu sieben Schulen. Dies ist eindeutig zu viel.
Die Gefahr ist groß, dass die weitere Unsicherheit dazu führt, dass die Lehrerinnen und Lehrer Bayern verstärkt in Richtung anderer Bundesländer verlassen, was bereits jetzt schon zu beobachten ist. Der BLLV sieht darin nicht zuletzt die Gefahr, dass der künftige Bedarf an Lehrkräften für das Wahlpflichtfach nicht zu decken sein wird.
Für muslimische Schülerinnen und Schüler ein Schritt Richtung Gleichberechtigung
Dabei wäre der Mehrwert eines solchen Faches groß. Sevda Kamaci, Lehrerin im Modellversuch, betont, dass man im Unterricht lernt, sich mit seiner Religion auseinanderzusetzen: „Bevor die Schüler Inhalte lernen, lernen sie Fragen zu stellen, sich zu artikulieren und Meinungen auszuhalten“. Der Islamunterricht wäre darüber hinaus auch ein Signal an muslimische Kinder und Jugendliche, dass sie eine kulturelle und weltanschauliche Heimat auch in der Institution finden, die sie jeden Tag besuchen.
So kann die Auseinandersetzung mit der eigenen Religion innerhalb der Schule auch eine Alternative sein zu dem, was manche Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schule von Menschen hören, die andere Ziele für die Gesellschaft anstreben, als es die Mehrheit der Muslime tut. Dies beugt auch der Radikalisierung vor, was auch Simone Fleischmann seit langem betont.
Der Bedarf jedenfalls sollte groß sein: Etwa 160 000 muslimische Schüler gibt es in Bayern. den Modellversuch können aktuell lediglich etwas mehr als 10% der muslimischen Schülerinnen und Schüler besuchen. Bayernweit nehmen sogar nur vier Realschulen und drei Gymnasien teil. Damit diese und noch weitere Schülerinnen und Schüler im nächsten Schuljahr ein reguläres Wahlpflichtfach besuchen können und keinen Modellversuch mehr, muss das Gesetzesvorhaben jetzt schnell vorangetrieben werden.
>> Artikel in der Süddeutschen Zeitung zum Nachlesen: "Nächste Stunde, Islamkunde"