"Wilhelm Ebert ist einer der ganz Großen in der Geschichte des BLLV. Ihm verdanken wir den Schritt zur akademischen Lehrerbildung, die mehrfache Anhebung der Besoldung der Lehrkräfte, viele schulpolitische Initiativen und Gründungen und den Ausbau des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands zu einer schlagkräftigen Bildungsorganisation. Mit der nun anstehenden Einstufung der Grund- und Mittelschullehrer in A13 geht sechs Jahre nach seinem Tod ein großer Lebenstraum von ihm in Erfüllung, nämlich die Gleichwertigkeit aller Lehrämter." Mit diesen Worten würdigte ihn die Präsidentin des BLLV, Simone Fleischmann, anläßlich seines 100. Geburtstages.
„Wilhelm Ebert war ein überzeugter, epochemachender Kämpfer für Schule und Lehrkräfte, eine brillante, mitreißende Führungspersönlichkeit, ein hervorragender Diplomat und Politiker, ein einmaliges Geschenk für den BLLV,“ mit diesen Worten würdigte Präsident Albin Dannhäuser Wilheln Ebert anlässlich der Verleihung der Ehrenpräsidentenwürde 1984. Und Prof. Dr. Max Liedtke, profunder Kenner der bayerischen Schulgeschichte und Freund Eberts sagte bei der Trauerfeier im Juni 2017: „Wilhelm Ebert gehört zu den bedeutendsten Gestalten der Geschichte des BLLV. Er zählt zum Kreis der einflussreichsten Bildungspolitiker Deutschlands der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, mit europäischer und globaler Ausstrahlung.“
Von der Schule in den Krieg, die Kriegsgefangenschaft und in die Lehrerbildungsanstalt
Geboren ist Wilhelm Ebert am 6. Mai 1923 in Fleißen (Egerland). Nach dem Besuch der dortigen Volks- und Bürgerschule von 1929 bis 1938 wechselte Wilhelm Ebert auf die Oberrealschule und Lehrerbildungsanstalt in Eger. Im Jahr 1942 schloss er die Lehrerbildungsanstalt mit der 1. Lehramtsprüfung ab. Daraufhin wurde er in den Militärdienst einberufen und erhielt eine Ausbildung als Flieger in der Luftwaffe. Nach dem Kriegsende war er von 1945 bis 1947 in französischer Kriegsgefangenschaft in einem Offiziersgefangenenlager mit Lageruniversität - eine Zeit, die Ebert nachhaltig beeinflusste. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft siedelte er sich als Heimatvertriebener in Bayern an und heiratete Gisela Fritsche.
1948 trat Ebert als 25jähriger dem gerade neu gegründeten Bayerischen Lehrerverein bei. Im gleichen Jahr schloss er in München die bayerische Lehrerausbildung mit dem 2. Staatsexamen ab. Ebert war von früh an ein hochpolitischer Mensch, der nicht nur redete, sondern handelte. So gründete er kurz nach seinem Beitritt zum BLLV zusammen mit jungen Gleichgesinnten die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Junglehrer (ABJ), die er von 1948 bis 1953 als Vorsitzender führte.
Mit 32 Jahren Präsident des BLLV
1949 und 1951 unternahm Ebert zwei ausführliche Studienreisen in die USA, insbesondere zum Studium der Lehrerbildung, die sein Interesse an der internationalen Lehrerbewegung weckte und für den BLLV den Blick über den bayerischen Tellerrand hinaus weitete, was wesentlich zur Professionalisierung des BLLV beigetragen hat. Im BLV leitete er von 1952 bis 1955 die schulpolitische Hauptstelle im BLV (heute Abteilung). Als nur 32jähriger wurde er bereits zum Präsidenten des BLLV gewählt, ein Amt, das er zunächst bis 1963 ausübte. Von 1953 bis 1962 gehörte er dem Hauptvorstand, dem Hauptausschuss und dem geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Lehrerverbände, dem bundesweiten Zusammenschluss von GEW und BLLV, an. Von 1955 bis 1993 war er Mitglied des Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks. 1956 initiierte er die Gründung der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, in deren Kuratorium er von 1955 bis zu seinem Tod angehörte.
Nach vier Jahren Unterbrechung, die Ebert in Paris als Generalsekretär des Weltlehrerverbandes arbeitete, wurde Ebert 1967 erneut zum Präsident des BLLV gewählt.1969 war er Initiator zur Gründung des Deutschen Lehrerverbandes (DL) und fünf Jahre dessen Vizepräsident. 1974 war er Mitinitiator der Gründung des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), dessen stellvertretender Vorsitzender er von 1975 bis 1979 und dessen Vorsitzender er von 1979 bis 1993 war. Zusammen mit Prof. Dr. Hans Schiefele initiierte er 1978 die Gründung der Akademie für Bildungsreform und pädagogische Entwicklung.
Ebert auf internationalem Parkett
International war Ebert viele Jahrzehnte tätig: 1958 bis 1966 als Leiter der Delegationen des Weltlehrerverbandes WCOTP (World Confederation of Organizations of the Teaching Professions) bei Tagungen der UNESCO und der Internationalen Arbeitsorganisation ILO in Paris und Genf . Er hatte dabei wesentlichen Anteil an der Entwicklung einer internationalen Empfehlung zum Status des Lehrers, die am 5. Oktober 1966 von einer internationalen Regierungskonferenz verabschiedet wurde. Als Erinnerung daran wurde der internationale Tag des Lehrers auf den 5. Oktober gelegt. Seit der Errichtung des Pariser Büros des Weltlehrerverbandes WCOTP im Jahr 1958 war Ebert Direktor und ständiger Vertreter der WCOTP bei der UNESCO bis zum Jahr 1972. 1967 erhielt er eine Gastprofessur für Vergleichende Erziehungswissenschaften an der Univerisity of the Pacific in Stockton (Kalifornien). Von 1972 bis 1984 war er durchgehend Mitglied im Vorstand der WCOTP. Sein internationales Engagement krönte Ebert mit der Wahl zum Präsidenten des Weltlehrerverbandes im Jahr 1976. Dieses Amt bekleidete er bis 1979.
Wilhelm Ebert verstarb am 29. Juni 2017 in München. Trotz erheblicher körperlicher Einschränkungen in den letzten Lebensjahren nahm er bis zuletzt mit größter Neugierde und wachem Geist an der Politik teil. Die Gespräche mit ihm waren auch noch in den letzten Wochen seines Lebens tief beeindruckend. Mit größtem Engagement, enormer Lebenserfahrung und kluger Weitsicht analysierte er nicht nur die bayerische Politik, sondern auch die internationale Entwicklung. Angst vor dem Tod kannte Wilhelm Ebert nicht - ruhig, reflektiert und fast sogar neugierig erwartete er seine letzte Stunde. Am 29. Juni 2017 schließlich schied er aus dem Leben.
Seine Frau Gisela folgte ihrem geliebten Wilhelm ebenso gefasst und dankbar für ein erfülltes Leben an seiner Seite im hohen Alter von 98 Jahre am 8. Februar 2023.