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"Einstimmig"? Wohl nicht so ganz! Ein Leserbrief von BLLV-Mitgliedern zum Artikel in der Amberger Zeitung vom 25./26. März Startseite

"Einstimmig für fünfte Klassen an allen Wirtschaftsschulen"? Der BLLV reicht seine Stimme nach!

Ein Übertritt an eine Wirtschaftsschule in Bayern soll künftig überall nach der vierten Klasse möglich sein. Die Amberger Zeitung titelte "Einstimmig für fünfte Klassen an allen Wirtschaftsschulen". Warum der BLLV anderer Meinung ist - ein Leserbrief.

"Es herrscht große Einigkeit. Bei den Vertretungen der Eltern-, Lehrer- und Schulverbände, zusammengeschlossen in der ARGE, der Arbeitsgemeinschaft Bayerische Wirtschaftsschule. Und auch die politische Seite sieht es so. Ein Übertritt an eine Wirtschaftsschule in Bayern soll künftig überall nach der vierten Klasse möglich sein...." So beginnt der Artikel in der Amberger Zeitung (siehe unten die Verlinkung zur Online-Version vom 24. April 2023). Tanja Fahrnholz, BLLV Amberg-Stadt, Michaela Bergmann, BLLV Amberg-Land, Stefanie Löffler, BLLV Sulzbach-Rosenberg und Edith Ruppert-Groher vom BLLV Vilseck nahmen das zum Anlass, um die nicht ganz unwichtige Stimme des BLLV zum Thema in einem Leserinnenbrief nachzureichen - erschienen in der Ausgabe vom 1./2. April 2023 der Amberger Zeitung:

Thema 5. Klassen an bayerischen Wirtschaftssschulen: „Von einstimmig kann keine Rede sein!“

"Mit Erstaunen lasen wir in der Wochenendausgabe vom 25./ 26.03.2023 den Artikel 'Einstimmig für fünfte Klassen an bayerischen Wirtschaftsschulen'. Hier wird Tobias Gotthardt, MdL und Vorsitzender vom Bildungsausschuss im Bayerischen Landtag, mit den Worten zitiert: 'Aber wir sind uns alle so einig wie sonst nicht. Alle Verbände, die Lehrer, die Politik.' Der Eindruck wird vermittelt, dass sich nun alle Verbände über die Einführung einer 5. Klasse an der Wirtschaftsschule einig sind. Allerdings wurde wohl der mitgliederstärkste Verband, der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband BLLV, von Herrn Gotthardt ausgeklammert.

Aus Sicht des BLLV, der mit 67.000 Mitgliedern der mit Abstand größte Lehrerverband in Bayern ist, macht ein solcher Ausbau der Wirtschaftsschule im Kontext eines durchdachten, pädagogischen Schul- und Bildungskonzeptes keinen Sinn. Aus unserer pädagogischen Sicht als Lehrkräfte ist es nicht sinnvoll, eine explizit berufsbildende Schulart für zehnjährige Kinder zu öffnen und eine 5. Klasse an der Wirtschaftsschule einzuführen. Dass der Übertritt in eine berufliche Fachschule im Gegensatz zur wohnortnahen allgemeinbildenden Mittelschule unmittelbar nach der Grundschule erfolgen soll, halten wir für verfrüht. Ein zusätzlicher Selektionsdruck entsteht und bürdet sowohl Schülerinnen und Schülern als auch den Eltern noch mehr Stress auf. Neunjährige Kinder sollen sich final für eine Schullaufbahn entscheiden. Sie sollen wissen, ob sie einmal einen kaufmännischen Beruf ausüben wollen oder nicht. So wird der Übertrittsdruck in der 4. Klasse noch erhöht. Schon ohne die Übertrittsmöglichkeit an die Wirtschaftsschule sollte das aktuelle Übertrittsverfahren in der Grundschule unserer Meinung nach grundlegend geändert werden.

Wir fordern seit langem eine längere gemeinsame Schulzeit für alle Kinder, damit auf deren individuelle Bedürfnisse besser eingegangen werden kann. Es sollten also alle Kinder mindestens die ersten sechs Jahre, besser noch länger, gemeinsam eine grundlegende Bildung an einer Schule erhalten, ganz im Sinne von Inklusion, Integration und Solidarität. Bei den PISA-Studien der vergangenen Jahre kamen die skandinavischen Länder mit ihren integrierten Schulsystemen stets auf die vorderen Plätze und deren Schülerinnen und Schüler erbrachten überdurchschnittliche Leistungen. Es gibt also sehr gute Argumente für ein längeres gemeinsames Lernen und gegen frühzeitige Selektion.

Die vorherrschende große Einigkeit bei Politik und Verbänden, wie sie am Wirtschaftsschultag demonstriert wurde, können wir also nicht feststellen. Ganz im Gegenteil."



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