Was soll und kann Schule jetzt eigentlich noch leisten?
Hintergrund des gemeinsamen Gesprächs war die aktuelle Situation an den Schulen und die Frage, was jetzt eigentlich noch möglich ist an den Schulen und was die Erwartungshaltung ist.
„Es wird von der Politik definiert, was wir als Lehrerinnen und Lehrer alles tun sollen. Und wir wollen jetzt sehr gerne für unsere Kolleginnen und Kollegen einfach mal sagen: Das geht so eben nicht mehr. Und zwar nicht im Sinne von ‚Jetzt sind alle am Ende und im Burnout und keiner macht mehr was‘, sondern im Sinne von ‚Die Ansprüche, die an die Schule gestellt werden, können die Kolleginnen und Kollegen vor allem im Mittel- und Förderschulbereich so aktuell nicht umsetzen‘. Es geht nicht, und zwar fast überall nicht. Und etwas anderes zu erwarten, ist eben unrealistisch und irreführend“, so Simone Fleischmann.
Auch deswegen wird die Landesdelegiertenversammlung in Würzburg im Mai dieses Jahres eine politische LDV. Und auch Ministerpräsident Markus Söder wird dort neben vielen anderen eine Bühne haben. Und der BLLV wird genau hinhören, welche Themen, Fragen und Lösungen er mitbringt. „Wir jedenfalls sagen im Wahlkampf ganz genau, wie wir die Bildungssituation an den Schulen einschätzen. Wir wollen damit das eine Ziel erreichen, nämlich, dass die Bevölkerung, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Eltern ihre Erwartungshaltung an die Schule herunterschrauben. Das ist unsere kurzfristige, ganz klare Forderung. Wenn man merkt, es werden mehr Kinder und mehr Aufgaben bei viel zu wenigen Lehrern, dann kann ich nicht noch mehr Herausforderungen in die Schule geben und kann die Lehrerinnen und Lehrer nicht immer weiter in die Pflicht nehmen, weil das erdrückt uns“, so Simone Fleischmann. Sie stellt aber auch klar, dass die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen alles geben wollen, dass sie politische Bildung und Inklusion und individuelle Förderung bieten wollen und dass sie wissen, was die Kinder brauchen, dass aber eben vieles nicht möglich ist, wenn statt zwei Lehrkräften in der Klasse, ein Mensch zwei oder drei Klassen gleichzeitig unterrichtet.
Zwischen Inklusion und Ausgrenzung: Die Gewaltdiskussion nach der Silvesternacht
Auch zur Diskussion rund um die Silvesterkrawalle bezog der BLLV klar Stellung. Simone Fleischmann: „Mich persönlich hat die Diskussion sehr geärgert, auch und gerade wegen meiner neuen Position im dbb auf Bundesebene - vor allem die Äußerungen, die einige der politisch Verantwortlichen recht schnell und auch gleich mit vermeintlich schnellen und einfachen Lösungen gebracht haben. Nach dem Motto: Also wenn man hätte verhindern wollen, dass Jugendliche so sind, dann hätte halt die Schule das mal besser machen müssen. Ja, wir haben den Auftrag der Erziehung und der Bildung. Aber es handelt sich hier um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe! Der erste Teil der Antwort ist ganz klar: Es ist für uns selbstverständlich, dass wir als Lehrerinnen und Lehrer täglich Vorbild sind, auch in der Art und Weise, wie wir mit Krisen umgehen, wie wir damit umgehen, wenn es im Pausenhof Gewalt gibt. Natürlich wissen wir ob unserer Vorbildfunktion und selbstverständlich wissen wir, dass wir die Demokraten von morgen bilden. Jawohl, uns ist das bewusst. So wie wir Schule machen, hätten wir eine Riesenchance, Kinder und Jugendliche als Demokratinnen und Demokraten zu erziehen. Das ist ein riesen Aufgabenfeld und besonders wichtig für die Schülerinnen und Schüler, die aus sozial und finanziell prekären Verhältnissen kommen. Klar ist für uns aber auch, wenn die Gesellschaft und die Politik und alle sich einig sind, dass Schule das tun soll, dann brauchen wir eine Lösung dafür, wie wir das bewältigen können. Dann brauchen wir mehr Lehrkräfte und mehr Wertschätzung oder müssen andere Aufgaben reduzieren. Denn wir sagen klar: Ja, die Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit.“