4 Fragen zur Expertise
Auf die Forderung „Zeit für Bildung“ folgen nun konkrete Lösungen. Der BLLV hat eine umfassende Expertise erstellt, in der er aufschlüsselt, was mehr Zeit tatsächlich kostet. Die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann erklärt in vier Antworten, was hinter den geforderten Investitionen steckt.
„Über Schule und Bildung muss neu nachgedacht werden“ - so wird die Expertise eingeleitet. Warum ist dies in Bayern nötig?
In der Schule der Zukunft wird es mehr denn je darum gehen, gleichzeitig der Vielfalt an Bedürfnissen der unterschiedlichen Kinder und den legitimen Erwartungen der Gesellschaft, der Eltern und der Wirtschaft an Schule gerecht zu werden. Auf diese Vielfalt müssen wir Antworten finden und Lösungen umsetzen können. Ich möchte es in aller Deutlichkeit sagen: Diesen Anspruch kann Schule - wie sie heute ist - nicht in vollem Umfang erfüllen. Die derzeitige Situation an öffentlichen Schulen und Betreuungseinrichtungen wird jungen Menschen nicht gerecht. Dieser Tatsache müssen wir uns stellen. Es braucht Reformen - von der frühkindlichen Bildung, über die Schule bis hin zur Lehrerbildung. Und: es braucht vor allem Zeit und Zeit kostet Geld.
Die Expertise macht konkrete personelle und finanzielle Vorschläge zur Verbesserung der Bildungsqualität in Bayern. Wie hat der BLLV diese Zahlen berechnet?
Hinter allen Zahlen die letztendlich herausgekommen sind, stecken pädagogische Lösungsansätze des BLLV um bestmöglich auf die Vielfalt der Kinder und Jugendlichen eingehen und die Herausforderungen in Schule und Bildung bewältigen zu können. Jedes Kapitel und jeder Unterpunkt folgte dabei einem Verfahren mit vier Schritten: Erstens welche Ziele sollten wir in den jeweiligen Bereichen – z.B. individueller Förderung – verfolgen? Zweitens wie stellt sich in offiziellen Statistiken die Situation in Bayern dar, z.B. welche Klassengrößen haben wir in Bayern auf deren Grundlage die Lehrerinnen und Lehrer individuell fördern sollen. Drittens, wie sehen auf dieser Grundlage die pädagogischen Lösungsansätze des BLLV aus. Und Viertens, was bedeutet die Umsetzung dieser Ansätze an zeitlichen, personellen und finanziellen Ressourcen. Der BLLV fordert also nicht mehr Personal und Ausgaben und denkt sich, dass das Geld schon irgendwie verteilt wird. Sondern hinter jeder Anrechnungsstunde, hinter jeder Stelle, hinter jedem Euro steckt eine pädagogische Vorstellung davon, wie Schule und Bildung von morgen aussehen sollte.
Und was kostet nun gute Bildung in Bayern?
Ganz klar: wir reden hier nicht über Millionen, sondern über Milliarden. Um genau zu sein reden wir über 11.500 Stellen und 1,5 Milliarden Euro mehr pro Jahr im Freistaat. Das ist viel Geld, aber wenn wir unseren Kindern und Jugendlichen gerecht werden wollen, dann führt kein Weg an diesen Investitionen vorbei.
Kann sich Bayern dieses bedarfsgerechte Bildungssystem überhaupt leisten?
Deutschland ist eine der reichsten Volkswirtschaften und eines der stabilsten Länder der Welt. Bayern ist in Deutschland vielfach Spitzenreiter und seit Jahren geprägt von einer starken Wirtschaft. Wir können uns ein bedarfsgerechtes Bildungssystem leisten. Dafür brauchen wir aber vor allem eines: mehr Zeit für die Kinder. Dafür brauchen wir Investitionen in die Qualität von Bildung. Das Geld dafür ist in vielen Fällen da, es wird nur falsch eingesetzt und oftmals werden damit Versäumnisse in der Schulpolitik finanziert. Wir geben in Bayern ja erst mal nicht wenig Geld für Bildung aus. Wenn sich der Bildungshaushalt von Bayern in den nächsten Jahren so weiterentwickelt wie in den letzten zehn Jahren, dann kommen jedes Jahr fast eine Milliarde Euro hinzu. Geld, das sinnvoll eingesetzt eine Menge bewirken kann. Wir müssen und wir können es uns leisten, jedes einzelne Kind zu fördern und zu unterstützen. Das ist meine Hoffnung. Dafür setzt sich der BLLV mit der Kampagne „Zeit für Bildung“ und der Expertise zur Bildungsfinanzierung engagiert und intensiv ein.
Die Fragen stellte Julia Halbig, Online-Redakteurin.