Piazolo will Schulen stärken
Der Professor und Großstädter Michael Piazolo hat nicht nur München im Blick, sondern sieht durch seine Arbeit als bildungspolitischer Sprecher der Freien Wähler wie unterschiedlich die Bedürfnisse an Schulen in Bayern sein können.
„Das haben wir kürzlich intensiv und auch kontrovers in der Fraktion diskutiert“: Dieser Satz fällt häufiger im Gespräch mit Professor Michael Piazolo. Der gebürtige Stuttgarter sitzt seit 2008 für die Freien Wähler im Landtag. Er ist der einzige Abgeordnete aus München und seit dieser Legislaturperiode auch der einzige Großstädter. Wie unterschiedlich die Bedürfnisse und Probleme in der Bildung sein können, zeigt sich immer wieder auch in der eigenen Fraktion. „Wobei es nicht nur Unterschiede zwischen Stadt und Land sind“, betont er, „sondern auch zwischen den verschiedenen Regionen. Ein Beispiel sind die Schulschließungen: da gibt es Kollegen, die das in ihrer Region erleben. Und ich sowie andere Kollegen in sogenannten Boomregionen kennen das Gegenteil. Da sind die Klassen übervoll.“
Wie lässt sich hier noch ein Interessensausgleich finden? Es sei immer schwerer diese heterogene Schullandschaft zentral zu verwalten, merkt Piazolo an. Zudem möchte er noch viel individueller auf die Bedürfnisse eingehen als es bisher der Fall ist. Deswegen fordern die Freien Wähler eine Stärkung der Schulen vor Ort. „Man muss das Mittelmaß finden zwischen gewissen Standards, die zentral vorgegeben werden, und einer stärker eigenverantwortlichen Schule vor Ort“, sagt Piazolo. So befürwortet er unter anderem, dass Schulen teilweise ihre eigenen Lehrer einstellen können. „Zum Beispiel bei Referendaren, wenn die Schule der Meinung ist, da hat sich jemand bewährt, den kennen wir und wollen wir.“
Die Stärkung jeder einzelnen Schule ist ein zentrales Thema für die Freien Wähler. Dies zeigt sich immer wieder – zum Beispiel bei der Ganztagsschule. Hinter diesem Begriff versteckt sich eine große Vielfalt unterschiedlicher Konzepte. Piazolo will nicht ausschließlich eine dieser Varianten: „Wir brauchen diesen unterschiedlichen Werkzeugkasten“, erklärt er. Natürlich dürfe es nicht zwanzig verschiedene Modelle geben, merkt er an, aber man müsse eben auch berücksichtigen, was vor Ort nötig und passend ist.
„Nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer brauchen mehr Zeit“
Zusätzlich fordern die Freien Wählern in Bereichen wie zum Beispiel Integration und Inklusion mehr Geld und Stellen – nicht nur um auf individuelle Bedürfnisse der Schüler eingehen zu können, sondern auch um die Lehrer zu entlasten. „Nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer brauchen mehr Zeit“, sagt Piazolo. „Den Schulen und Lehrern ist in den letzten Jahren wahnsinnig viel aufgehalst worden, was in der Gesellschaft schiefläuft. Die Schulen sind im Grunde genommen ein Reparaturbetrieb geworden, der vieles ausgleichen muss.“
„Aber die Hauptbelastung ist, dass es zu wenige Lehrer sind für die Herausforderungen, die man hat“, so Piazolo. „Und was viele nicht sehen, dass man so einen Lehrerberuf nicht mit 50 Prozent machen kann. Als Lehrer muss man immer 100 Prozent geben. Und das ist mit der Dauer sehr belastend.“ Dabei sei der Lehrerberuf grundsätzlich ein „ganz toller“, weil Lehrer und Lehrerinnen junge Menschen begleiten können und ihre Erfolge oft direkt erleben. Um den Beruf für den Nachwuchs konkret attraktiv zu halten, fordert der bildungspolitische Sprecher weniger Arbeitsbelastung und mehr Flexibilität im System. „Ich bin ein großer Verfechter eines Sabbatical, der Möglichkeit zu entspannen oder mal etwas anderes zu sehen.“ Auch beim Lehramtstudium sieht Piazolo Stellschrauben. Er fordert, dass der Wechsel in der Ausbildungszeit zwischen den Schularten vereinfacht werden muss. „Da sollte man an den Hochschulen in der Anerkennung von Studienleistungen offener sein.“
Am Ende des Gesprächs ist klar, dass die Freien Wähler die Bildung in Bayern mitgestalten wollen. Sie zeigen sich offen für eine Koalition mit der CSU. „Dann wären uns Bildungsinhalte besonders wichtig, weil hier noch viel zu tun ist“, sagt Michael Piazolo. „Ich finde, dass es mit das lohnendste Politikfeld ist, weil man damit zukünftige Generationen prägen kann und somit auch die Gesellschaft.“
Von: Julia Halbig, BLLV Online-Redaktion