Ausbildung und Berufsausübung jüdischer Lehrer

Religionslehrer

Jede jüdische Gemeinde, die sich einen Kultusbeamten leisten konnte, stellte einen Vorbeter (Kantor) und Religionslehrer ein, häufig war auch das Amt des Schächters, des rituellen Schlachters, in der Stelle inbegriffen. Angehende Lehrer besuchten zunächst eine Präparandenschule – in Bayern gab es israelitische Präparandenschulen in Burgpreppach und in Höchberg. Anschließend setzten sie ihre Ausbildung an einem Lehrerseminar fort. Das einzige jüdische Seminar in Bayern war die Israelitische Lehrerbildungsanstalt (ILBA) in Würzburg. Mit Abschluss der ILBA konnten diese Lehrer als Elementarschullehrer und als Religionslehrer arbeiten. Je nachdem, wie groß die Gemeinde war, wurden sie als Kantor, Religionslehrer und Schächter oder als Elementarschullehrer angestellt.

Größere Gemeinden konnten sich zusätzlich einen Rabbiner leisten. Ihre theologische Ausbildung hatten sie in der Regel am Rabbinerseminar in Berlin, Breslau oder in Budapest erhalten und häufig außerdem ein Universitätsstudium absolviert. Rabbiner waren an höheren Bildungseinrichtungen für den Religionsunterricht der jüdischen Kinder zuständig. Geht man davon aus, dass an den meisten jüdischen Kultusgemeinden ein Religionslehrer angestellt oder aber der Rabbiner als Religionslehrer tätig war, liegt die Zahl der Religionslehrer in Bayern höchstwahrscheinlich bei etwa 250.  

Volksschullehrer

Jüdische Volksschullehrer mussten – anders als ihre christlichen Kollegen – häufig auch die Ämter des Kantors und des Schächters in den Kultusgemeinden versehen. Dafür boten die staatlichen Lehrerseminare nicht die nötigen Grundlagen. Es war daher nötig, jüdische Lehrerseminare einzurichten, die die staatlichen Anforderungen an die Lehrerausbildung erfüllten und gleichzeitig die jüdischen Religionsfächer anboten. In Bayern wurde 1864 die Israelitische Lehrerbildungsanstalt (ILBA) in Würzburg gegründet. (Siehe zur Lehrerausbildung auch: Prestel: Jüdisches Schul- und Erziehungswesen, S. 284ff.)

Die Vorbereitung auf den Lehrerberuf begann für viele junge Männer bereits nach der Volksschule. Nach sieben Jahren Schulbesuch und Vollendung des 13. Lebensjahres konnte man sich an einer der beiden israelitischen Präparandenschulen in Burgpreppach oder Höchberg bewerben. Absolventen höherer Bildungseinrichtungen traten in die höheren Jahrgangsstufen ein. Nach erfolgreichem Abschluss wurden die Präparanden in die ILBA oder ein anderes Lehrerseminar übernommen.(1)

Nach den Seminarabschlussprüfungen konnten sie sich zunächst als Schulamtsanwärter bewerben. Anstellung fanden diese Lehrer angesichts der konfessionellen Organisation der bayerischen Schulen vorrangig in den jüdischen Volksschulen oder bei den israelitischen Kultusgemeinden. Wer in den staatlichen Schuldienst übernommen wurde, musste sich einer staatlichen Anstellungsprüfung unterziehen und konnte eine reguläre Beamtenlaufbahn einschlagen. Die Bezahlung erfolgte über die Kultusgemeinde, wobei diese teilweise von den Kommunen Zuschüsse erhielten. Das zahlenmäßige Verhältnis von jüdischen Lehrern zu jüdischen Schülern in der Volksschule lag im gesamten Deutschen Reich bei 1:96,6. Für Bayern bedeutet dies, dass es 1931/32 zwischen 80 und 100 ausgebildete Volksschullehrer gegeben haben muss.  

Fachlehrer

In den jüdischen Volksschulen und an berufsbildenden Einrichtungen unterrichteten auch jüdische Fachlehrerinnen und Fachlehrer – z. B. für Handarbeit, Sprachen, Musik, Kunst, Turnen, Zeichnen und Werken. Ihre Ausbildungen haben manche an einer Universität absolviert, andere (private) Lehrinstitute besucht. Fachlehrer waren auch als Privatlehrer tätig.  

Gymnasiallehrer

Für den Unterricht an Gymnasien und Oberrealschulen war ein Universitätsstudium obligatorisch. Jüdische und christliche Lehrer und Lehrerinnen jüdischer Herkunft unterrichteten hier entsprechend ihrer akademischen Fachausbildung. Sie durchliefen die reguläre Beamtenlaufbahn. Der Religionsunterricht am Gymnasium wurde in der Regel von einem Rabbiner erteilt.  

Erzieher

Schließlich gab es auch Internate und Einrichtungen für Waisenkinder, an denen Erzieherinnen und Erzieher arbeiteten. Am bekanntesten in Bayern war das Israelitische Waisenhaus in Fürth.


(1) Bayerische Israelitische Gemeindezeitung vom 1. März 1929, www.alemannia-judaica.de/hoechberg_praeparandenschule.htm der Israelitischen Präparanden- und Bürgerschule für das Schuljahr 1928/29 (5.7.2015)