„Was ist es, was uns an diesem Fest gefällt“, fragt die Leiterin der Abteilung Berufswissenschaften im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Birgit Dittmer-Glaubig. Sie glaubt, es ist Vorfreude auf die gemeinsame Zeit, die Familien miteinander verbringen werden. „In der Weihnachtszeit geht es oft besonders hektisch zu. Da jagt eine Weihnachtsfeier die andere, da sollen Geschenke gekauft und alles perfekt vorbereitet werden. Das gleiche Spektakel - alle Jahre wieder. Dabei wird gerade in der Weihnachtszeit deutlich, woran es in so vielen Familien mangelt: an Zeit. An Zeit für gemeinsame Aktivitäten, an Zeit zum Ausruhen, zum Nichtstun und einfach füreinander da sein“, findet Dittmer-Glaubig.
„Zeit ist ein kostbares Gut geworden.“ Weihnachten könnte daher auch ein Anlass zur kritischen Selbstreflexion sein: Fragen wie „wie gehe ich mit meiner Zeit um?“ „Wie viel Zeit schenke ich meinen Kindern?“ oder wieviel Zeit verbringen wir tatsächlich gemeinsam? Schnell merken wir, dass Zeit ein kostbares Gut ist - ein Gut, das wir nicht nur zur Weihnachtszeit großzügig verschenken sollten.“
Wer sich darauf einlässt, sollte darauf achten, in den „verschenkten Stunden“ auch wirklich für den anderen da, also präsent zu sein. „Zeit sollte man deshalb nur verschenken, wenn man sie auch tatsächlich hat“, rät Dittmer-Glaubig. Das gelte für Zeitgeschenke an Kinder und Erwachsene gleichermaßen. „Kinder merken es sofort, ob die Mama, der Papa oder ein anderer Familienangehöriger mit dem Herzen wirklich dabei ist oder nicht.“ Das Was, also das, was in der gemeinsamen verbrachten Zeit gemacht wird, spiele eine untergeordnete Rolle. „Der Reiz liegt in dem gemeinsamen Erleben.“
„Es gibt unendlich viele Möglichkeiten für gemeinsam verbrachte Zeit: Ein Spaziergang im ersten Schnee, das fröhliche Plätzchenbacken - bei dem sich jeder ein Rezept aussuchen darf und später gemeinsam geputzt wird -, ein gemütlicher Fernsehabend oder ein Besuch im Kino. Es muss aber nicht immer das ganz ‚große Programm‘ sein“ sagt die BLLV-Expertin. Es reiche schon aus, den Familienalltag „herunterzufahren und gemeinsam das Zusammensein bewusst zu genießen - ohne große Erwartungen.“
Eltern könnten ihren Kindern auch Zeit zum Zuhören schenken. „Dabei werden das Smartphone oder der Laptop zur Seite gelegt und los geht es. Es ist heute schon ein Genuss, gemeinsam nichts wirklich tun zu müssen.“ Zeit schenken bedeute, sich, losgelöst von der Hektik des Alltags, ganz auf sich und die Seinen zu besinnen, sich und die Kinder bewusst zu erleben, um Kraft zu schöpfen für die kommende Zeit.
Eines liegt Dittmer-Glaubig jedoch am Herzen: Eltern sollten nicht vergessen, dass die Einhaltung des „Festplanes“, der sich im Laufe der Jahre in vielen Familien entwickelt, eingehalten werden sollte. „Rituale spielen gerade um die Weihnachtszeit eine bedeutende Rolle. Sie zu brechen, ist für Kinder, egal welchen Alters, eine herbe Enttäuschung. Verlässlichkeit spielt gerade in dieser besinnlichen Zeit eine große Rolle.“