Pressemitteilung/München - Zeit für Sebastian. Zeit für Ann-Sophie. Zeit für Ulla, für Taio oder für Akilah. Der eine fühlt sich traurig. Die andere will mehr lernen. "Ich habe mir weh getan", heißt es da, "Ich will Deutsch lernen" oder "Ich möchte das nochmal erklärt bekommen." Mit solchen Aussagen sind elf bunte Kinderportraits überschrieben. Sie bilden das Herzstück der BLLV-Kampagne "Zeit für Bildung - flexibel, effizient, intelligent." Ziel der landesweiten Kampagne ist es, für Schulen optimale Voraussetzungen zu schaffen, damit sie den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer Schüler/innen gerecht werden können. Auf einer Pressekonferenz heute in München stellte die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Simone Fleischmann, die Kampagne vor. "Wir wollen erreichen, dass Lehrkräfte künftig allen jungen Menschen genau die Zeit geben können, die sie brauchen." Im Mittelpunkt stehe deshalb die Vielfalt der Kinder, auf die es nur eine Antwort gebe: ebenso vielfältige Formen der Ressourcenverteilung auf Grundlage einer ebenso soliden finanziellen Basis. "Es geht uns nicht nur um den Ruf nach mehr Geld - es geht uns auch darum, die vorhandenen Ressourcen bedarfsgerecht zu verteilen: flexibel, effizient und intelligent. So wie sie die Schulen vor Ort brauchen" Den Zeitpunkt für den Auftakt der Kampagne habe man bewusst im Jahr der Landtagswahl gewählt. In den kommenden Monaten seien landesweit noch viele weitere Aktionen unter dem Dach "Zeit für Bildung" geplant.
"Um die Vielfalt der Bedürfnisse und Lebenssituationen von Schülern zu verdeutlichen, haben wir elf Plakate mit elf Gesichtern entworfen. Sie zeigen, wie vielfältig die Bedürfnisse und Lebenssituationen der Kinder und Jugendlichen sind, die heute unsere Schulen besuchen. Elf Gesichter - elf Geschichten, elf Bedürfnisse. Ein Bild bleibt leer. Es steht für die vielen nicht genannten Bedürfnisse", erklärte Fleischmann zum Auftakt der Kampagne. Die Schule sollte allen Bedürfnissen gerecht werden können - genau das könne sie aber nicht. "Wenn Sebastian und Ann-Sophie Unterstützung bekommen, gehen Ulla oder Taio leer aus, weil es einfach keine Kapazitäten mehr für ihre Bedürfnisse gibt. Das können und wollen Bayerns Lehrerinnen und Lehrer nicht länger hinnehmen."
Bildungschancen für alle
Die Anforderungen an Schule hätten sich grundlegend geändert, betonte Fleischmann. Schulen seien Einrichtungen, die jungen Menschen neben der reinen Vermittlung von Wissen und Kompetenzen auch Stabilität, Halt, Werte, Verlässlichkeit und Orientierung geben. "Die Schule ist heute außerdem die einzige Institution, die alle jungen Menschen unabhängig von ihrem sozialen Status, ihrer Religion und ihrem familiären Hintergrund, besuchen. Sie soll gleiche Bildungschancen für alle sichern und dabei jedes Kind im Sinne der Bayerischen Verfassung individuell fördern. Damit Lehrkräfte die Voraussetzungen vorfinden, die sie brauchen, um allen Heranwachsenden gerecht werden zu können, sind freilich auch die entsprechenden Ressourcen nötig." Und da klafften gewaltige Lücken: So seien 2017 für Bildung 18 Milliarden € ausgegeben worden. "Das sind 31,8% des gesamten Staatshaushaltes. Das klingt erst mal nach viel Geld. Vor zehn Jahren waren es allerdings noch über 35% - oder anders ausgedrückt: wenn heute genauso viel in Bildung investiert werden würde wie vor zehn Jahren, dann wären jedes Jahr zwei Milliarden mehr im bayerischen Bildungshaushalt."
Flexible, effiziente und intelligente Budgetierung
Was es darüber hinaus aber auch brauche, sei eine neue Form der Mitteilzuweisung, um Schulen je nach Bedarf optimal ausstatten zu können. "Mit anderen Worten: eine flexible, effiziente und intelligente Budgetierung, die sich künftig sehr viel mehr an den Bedarfen der Einzelschule orientieren müsse, um entsprechend darauf reagieren zu können. Das setzt natürlich voraus, die Bedarfe vor Ort genau zu kennen, und die Bereitschaft, Ressourcen entsprechend da einzusetzen, wo sie gebraucht werden." Darüber hinaus brauche es ein stärkeres Bewusstsein darüber, wie notwendig es ist, an den Schulen multiprofessionelle Teams einzusetzen. "Die Zeit des Lehrers und der Lehrerin als Einzelkämpfer/in ist abschließend vorbei." Schule und Unterricht könnten effektiv nur noch im Team erfolgreich sein.
Der BLLV denkt vom Kind aus
Der BLLV denke vom Kind aus, sagte Fleischmann. Und weil Kinder ständig in Bewegung und Entwicklung seien, könnten auch Schulen nichts statisches sein. "Weil das so ist, muss sich auch die Politik bewegen und entsprechend auf die Herausforderungen reagieren." Sie forderte ein grundlegendes Neudenken, was die Unterstützung und Ressourcenausstattung von Schule betrifft.
Die Grundlage für die aktuelle Kampagne hatte Fleischmann bereits im Mai vor knapp drei Jahren gelegt anlässlich ihrer Wahl zur BLLV-Präsidentin. In dem damals von ihr vorgelegten Leitantrag stellte sie die zentrale Forderung: "Zeit für Bildung" und knüpfte daran auch die Forderung, alle Klassen, die es brauchen, mit zwei Lehrkräften auszustatten und den Schulen multiprofessionelle Teams zur Verfügung zu stellen. "Vor der Landtagswahl werden wir im Rahmen der Kampagne auch noch ein Konzept zur Bildungsfinanzierung vorlegen", kündigte sie an.
In den nächsten Tagen werden umfangreiche Materialien zur Kampagne "Zeit für Bildung" an rund 180 BLLV-Kreisverbände in Bayern verschickt. Sie werden die Aktion vor Ort entsprechend begleiten und unterstützen. Auf die Reise geht neben den Plakaten mit den elf Kindergesichtern auch das zwölfte Plakat mit dem "leeren Gesicht". Es kann beliebig gefüllt werden - mit all den ausformulierten Bedürfnissen, die Kinder vor Ort haben. Ziel ist es, alle am Schulleben Beteiligten vor Ort zum Mitmachen anzuregen.
Mehr zur Kampagne"Zeit für Bildung" unter: www.bllv.de/zeit
Andrea Schwarz, BLLV-Pressereferentin M.A. Tel: 089/ 72 100 129, presse@bllv.de