Schulbau: Stellungnahme an das Kultusministerium am 31.1.2017 Schulbau

Weiterentwicklung der staatlichen Schulbauförderung

BLLV nimmt Stellung zur Weiterentwicklung der staatlichen Schulbauförderung: Die künftige staatliche Schulbauförderung muss den Einsatz moderner Unterrichtsformen, den ganztägigen Schulbetrieb, die zunehmende Heterogenität und die Umsetzung der Inklusion berücksichtigen. Die Reform darf nicht an beschränkten finanziellen Möglichkeiten von Kommunen scheitern.

Der BLLV dankt für die Übermittlung der drei Entwürfe zu den Vollzugshinweisen zur Schulbauverordnung, den Förderbandbreiten „Grundschule“ sowie den Förderbandbreiten „Küche/Speisebereich/Ganztagsbereich“. Auch wenn es sich nicht um eine formelle Verbandsanhörung handelt, möchte sich der BLLV dazu folgendermaßen äußern:

Grundsätzliches

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. (BLLV) begrüßt die Bestrebungen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst zur Weiterentwicklung der staatlichen Schulbauförderung außerordentlich. Wir betrachten diese Verwaltungsvorschrift als ein entscheidendes Bedingungsfeld für die tägliche Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen sowie das Lernen und Zusammenleben unserer Schülerinnen und Schüler.

Der BLLV teilt die Einschätzung des Ministeriums, dass großer Innovationsbedarf auf diesem Gebiet besteht. Die künftige staatliche Schulbauförderung sollte unserer Ansicht nach allerdings nicht nur „in noch stärkerem Maße“, sondern vollständig „die Zielsetzungen und Herausforderungen an Schulen – etwa den Einsatz moderner Unterrichtsformen, den ganztägigen Schulbetrieb, die zunehmende Heterogenität und die Umsetzung der Inklusion berücksichtigen.“ Schließlich gilt weiterhin das Postulat einen „einwandfreien Schulbetrieb“ (Schulbau V §1 Satz 2) sicherzustellen. Dieses ist flächendeckend umzusetzen und darf nicht an beschränkten finanziellen Möglichkeiten von Kommunen scheitern.

Die geplante Ausweitung der förderfähigen Flächen um bis zu 20 % gegenüber dem bisherigen Landesdurchschnitt liegt in einer Größenordnung, die den entschiedenen politischen Willen zu substanziellen Verbesserungen dokumentiert. Insofern betrachten wir den vorgelegten Entwurf zum Vollzug der Schulbauverordnung grundsätzlich als wichtigen Schritt in die richtige Richtung, dem zeitnah weitere folgen müssen.

Im Folgenden haben wir Anmerkungen zu spezifischen Aspekten des Entwurfs zusammengestellt.  

 

Basiswert

Wir teilen die Erfahrung, dass die bisherige Schulbauförderung regional sehr unterschiedlich ausfällt und begrüßen eine landesweite Vereinheitlichung. Es ist jedoch aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, dass der Basiswert, dem eine zentrale Bedeutung im künftigen Förderkonzept zukommt, lediglich aus dem Durchschnitt der gegenwärtigen Förderpraxis in den Bezirken errechnet wird.

Das würde für weite Regionen Bayerns zunächst sogar eine Verringerung bisheriger Förder- mittel bedeuten, die nicht hingenommen werden kann, zumal sich die Genehmigungen aller Regierungen seit jeher nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit richten. Hinzu kommt, dass insbesondere Flächen für die Bereiche Ganztagsbildung, Inklusion und innovative Unterrichtsgestaltung bislang fast durchgehend unterfinanziert werden, was ja gerade durch die angestrebte Neuerung abgemildert werden soll.

Daher ist es aus unserer Sicht nicht stimmig und stellt darüber hinaus einen unnötigen Mehr- aufwand für Schulaufwandsträger sowie mittelbar auch für viele Schulleitungen dar, wenn zweifellos notwendige Räume und Flächen im Antrag eigens begründet werden müssen. Eine solche Begründung sollte vielmehr nur dann erforderlich sein, wenn aufgrund spezifischer lokaler oder konzeptioneller Faktoren zusätzliche Ausweitungen des Flächenprogramms bis hin zum oberen Förderwert angestrebt werden.

Aus Sicht des BLLV wird es – von besonderen Ausnahmefällen abgesehen – nicht möglich sein, mit dem so berechneten Basiswert alleine gute Schulen zu bauen. Dies geht auch aus der Tabelle unten eindeutig hervor. Um bei speziell gelagerten Einzelfällen die gebotene Flexibilität zu erhalten, ist es akzeptabel, den Basiswert nicht als Mindeststandard festzulegen, sondern als „Empfehlung, welche Flächengrößen im Regelfall nicht unterschritten werden sollten.“

Da bedauerlicherweise nicht alle Schulaufwandsträger dem Schulbau den nötigen Stellen- wert einräumen, sollte allerdings aus Gründen der Qualitätssicherung jede Unterschreitung des Basiswerts durch die Antragsteller plausibel begründet werden müssen. 

 

Inklusion

Erklärtes und dringend notwendiges Ziel ist es, „dem Anliegen der Inklusion umfassend Rechnung zu tragen“. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Bedarf an Flächen und Räumen nicht nur von speziellen schulischen Konzepten zur Inklusion abhängt, sondern grundlegend und ganz wesentlich auch von den individuellen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler mit verschiedensten sonderpädagogischen Förderbedarfen, deren Schulbesuch in der Planungsphase des Gebäudes häufig noch gar nicht absehbar ist.

Deshalb sind für den Bereich Inklusion generell allgemeingültige Standards als Ausgangs- punkt zu ermitteln, die sich wesentlich an den Flächenprogrammen für Förderschulen orientieren müssen und eine optimale Umsetzung von Barrierefreiheit ermöglichen (vgl. hierzu DIN 18040 sowie beispielhaft die Anforderungen der Initiative „nullbarriere“ unter nullbarriere.de/inklusive-schule-planungsgrundlagen_seite01.htm). Wie bereits zum Basiswert ausgeführt, fordert der BLLV dringend, diese Standards von Anfang an in einem überarbeiteten Basiswert zu berücksichtigen und den Beteiligten vor Ort eine gesonderte Beantragung zu ersparen.

Vorbildlich ist aus Sicht des BLLV der klare Bezug des Entwurfs auf DIN 18041, in der Kriterien für eine angemessene Akustik in Unterrichts- und Aufenthaltsräumen festgelegt wer- den. Unter den Vorzeichen von Inklusion und Integration/Zweitspracherwerb ist für Bildungseinrichtungen generell die Umsetzung der anspruchsvolleren Variante der DIN 18041 einzufordern.

 

Förderbandbreiten

Wir begrüßen den Verzicht auf detaillierte Raumprogramme mit festgelegten Raumgrößen. Förderbandbreiten eröffnen den Beteiligten vor Ort in der Tat Planungsspielräume, die die Schulentwicklung und das Zusammenwirken in der Schulfamilie in vielen Fällen erheblich voranbringen. Allerdings ist entscheidend, dass die Förderbandbreiten so breit angelegt sind, dass tatsächlich Gestaltungsspielräume vorhanden sind und nicht letztlich doch das Gebot der Not die Entscheidungen diktiert.

Der BLLV begrüßt die Möglichkeit, förderfähige Flächen auch in andere Bereiche zu übertragen. Auch dadurch wird weitere Flexibilität gewonnen, sofern die Ansätze der einzelnen Bereiche nicht von vornherein zu knapp bemessen sind.

 

Überblick zu aktuellen Regelungen im Schulbau

Die nachfolgende Tabelle führt exemplarisch öffentlich verfügbare Werte (jeweils in m² Nutzfläche) aus verschiedenen aktuellen Regelungen im Grundschulbereich auf.

Auch wenn eine unmittelbare Vergleichbarkeit der Zahlen im Einzelfall aufgrund der teilweise unterschiedlichen Berechnungsarten im Detail geprüft werden muss, geht aus dieser Tabelle eindeutig hervor, dass Unterrichtsflächen, die lediglich nach dem Basiswert gebaut werden, weit unter einer Fläche von 3m² pro Schüler/in bleiben; selbst Unterrichtsflächen an der Obergrenze erreichen nur knapp diesen Wert. Damit geht das geplante neue Förderrecht definitiv nicht weit genug über den seit Jahrzehnten überholten Richtwert der „Kasernen- schule“ des 19. Jahrhunderts hinaus, der 2m² pro Schüler betrug. Gegenüber den geltenden Raumgrößen im Förderschulbau müssten sogar deutliche Einschnitte hingenommen werden. Nicht ohne Grund wird in Südtirol schon seit mehreren Jahren in ganz anderen Dimensionen gebaut.

Auch bei der Betrachtung der Obergrenzen der förderfähigen Hauptnutzflächen fällt auf, dass die Werte erheblich hinter den Vergleichszahlen zurückbleiben. Daher gehört nicht nur der Basiswert, sondern auch die Obergrenze eindeutig auf den Prüfstand. 

 

Prognosen als Planungsgrundlage

Die Ausrichtung der Flächen für den Unterrichts-, Küchen- und Speisen- sowie den Ganztagsbereich an Prognosen der zur erwartenden Schülerzahl ist nicht unproblematisch, da sich solche Prognosen erfahrungsgemäß allzu häufig schon kurz- und mittelfristig als nicht tragfähig erweisen. Regelmäßig werden sie von demographischen Entwicklungen, soziokulturellen Trends oder politischen Entscheidungen überholt.

Fast immer wurde gerade auch in den letzten Jahren viel zu knapp kalkuliert, oft fehlen schon kurz nach Fertigstellung des Baus Räume und Flächen. Schulgebäude müssen hingegen für eine Nutzungsdauer über 50 Jahre ausgelegt sein.

Darüber hinaus schwanken die Klassenstärken an den meisten Standorten ohnehin jahrgangsbezogen sehr stark, je nachdem, ob momentan bestimmte Teilungsgrenzen erreicht werden oder nicht. Unterrichts- und Aufenthaltsräume müssen daher generell einen vollwertigen Betrieb in der jeweiligen Klassen- bzw. Gruppenhöchststärke gewährleisten.

Insbesondere die an vielen Schulen herrschende Raumnot führt zwangsläufig zu einer intensiven Mehrfachnutzung der Unterrichtsräume im Ganztagsbetrieb. Das Bestreben eine solche in vielerlei Hinsicht problematische Belegungsplanung deutlich zu beschränken (vgl. 2.6) ist sehr wichtig. Entscheidend bleibt jedoch, dass die wesentliche Ursache (Raumnot) von Anfang an nachhaltig vermieden wird. Dem entsprechend empfehlen wir einen generellen Sicherheitsaufschlag für unvorhersehbare Entwicklungen in wirksamer Größenordnung.  

 

Weitere Aspekte

Besonders zu begrüßen ist, dass unter 2.2 (Arbeitsbereich des pädagogischen Personals) neben Arbeitszimmern für Lehrkräfte – sofern eine hohe Präsenz am Nachmittag zu erwarten ist, was bei rhythmisierten gebundenen Ganztagsschulen generell der Fall ist – nun erstmals auch Seminarräume und Rückzugsbereiche erwähnt werden. Für diese Zwecke sind folge- richtig auch zusätzliche Flächen im Budget des Bereichs 2.2 zu hinterlegen.

Die Aula, die aufgrund ihrer zahlreichen Funktionen von namhaften Architekten als „Herz der Schule“ (Dr. Otto Seydel) bezeichnet wird, wird hingegen nirgends erwähnt, allenfalls unter 2.4 als „Pausen- und Aufenthaltsbereich“. Hier ist eine Präzisierung entscheidend, damit niemand im Nachhinein feststellt, dass ein entsprechender Raum schlichtweg fehlt.

Neben einer deutlich verbesserten Flächenförderung ist es notwendig, im Zusammenwirken mit den Kommunen bedarfsgerecht Ressourcen für bautechnische Berater zur Verfügung zu stellen, die Entwürfe von Bauplanungen fachkompetent auf zentrale Aspekte prüfen. Darunter fallen vor allem:

     

    • Energie- und Rohstoffverbrauch in Herstellung und Unterhalt des Gebäudes
    • Sicherung eines angemessenen Raumklimas in allen Aufenthaltsräumen zu jeder Jahreszeit
    • Ausschluss gesundheitsschädlicher Baustoffe bzw. problematischer Baustoffkombinationen, die chemische Reaktionen mit toxischer Wirkung oder vorzeitigen Verschleiß bewirken

     

    Fast alle Schulen wiederum brauchen bei der Erarbeitung pädagogischer Raumkonzepte Unterstützung durch speziell weitergebildete Moderatoren, die für diese Aufgaben angemessene Ressourcen benötigen.