Martin Göb-Fuchsberger (MGF): Der Anmeldeschluss für das aktuelle Bewerbungsverfahren liegt gerade hinter uns. Alle Schulen, die sich bei Ihnen gemeldet haben, haben sich trotz der Herausforderungen durch Corona-Pandemie und Lehrermangel dazu entschlossen. Sind es diesmal deutlich weniger als sonst?
Feldmann: Aktuell haben wir bayernweit 730 Anmeldungen, letztes Jahr waren es 740. Von den im Jahr 2019 angemeldeten Schulen hatten dann 605 Schulen Dokumentationen zur Bewerbung eingereicht.
Im Vergleich zu den Vorjahren haben in 2019 somit deutlich mehr Schulen die Bewerbung nicht weiter verfolgen können, weil die Corona-Pandemie dazwischen kam. Es bleibt abzuwarten, wie es heuer weitergeht. Weiterhin haben wir zahlreiche Anmeldungen von Schulen, die schon viele Jahre dabei sind.
MGF: Wie gehen die Schulen mit den besonderen Corona-Bedingungen um?
Feldmann: Es ist erstaunlich, wie viele kreative Ideen umgesetzt werden! So erhielten Schülerinnen und Schüler im Homeschooling auf digitalem Weg Forscheraufträge oder konnten eigene Umwelttipps in Newsletter ihrer Klasse oder Schule einspeisen.
Auch das Thema Mobilität wird jetzt deutlich stärker in den Blick genommen. Viele überlegen, wie das Auto auch bei Präsenzunterricht möglichst stehen gelassen werden kann und rechnen CO2-Einsparungen durch Onlineunterricht aus.
Ein klassisches Thema ist wieder stark im Trend: Mülltrennung und Müllvermeidung. Leider gibt es dabei oft noch Hindernisse, z. B. durch bestehende Verträge mit Reinigungsfirmen oder Kioskbetreibern. Das Bewusstsein für Handlungsbedarf ist aber vorhanden. Eine interessante Idee, die überall sofort umgesetzt werden könnte: Anstelle von Einweghandtüchern aus dem Spender hat jeder sein eigenes kleines Handtuch am Platz und nimmt es einmal pro Woche zum Waschen mit nach Hause.
Außerdem gibt es noch eine Menge weiterer toller Ansätze, die wir nach und nach auf unserer Website veröffentlichen.
MGF: Letztes Jahr wurden 579 Schulen als „Umweltschulen“ ausgezeichnet, 26 Bewerbungen waren nicht erfolgreich. An welchen Kriterien sind diese Schulen häufig gescheitert?
Feldmann: Zentrale Bedeutung hat für die Jury zum einen der Aspekt Nachhaltigkeit, also Kontinuität in der Schulentwicklung. Einzelne, kleine Projekte ohne langfristige Wirkung für die Schule reichen für eine Auszeichnung daher nicht aus.
Außerdem zeichnet es die „Umweltschulen“ aus, dass sie die Schülerinnen und Schüler konsequent beteiligen, mitgestalten und Verantwortung übernehmen lassen. Teilweise wird Partizipation in der Umweltbildung noch zu wenig mitgedacht. Ein Beispiel: Walderlebnistage mit Förstern oder Naturschützern sind natürlich schon an sich hervorragend. Aber erst wenn Schülerinnen und Schüler an der Planung solcher Aktionen beteiligt sind oder danach mit den gewonnenen Erkenntnissen an der Schule aktiv werden, erwerben sie die Gestaltungskompetenzen, die für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) essentiell sind.
MGF: Hier sprechen Sie einen wichtigen Aspekt an, der noch nicht allgemein bekannt ist: BNE umfasst neben der klassischen Umweltbildung eben auch Partizipation und das „Globale Lernen“, bekannte Stichworte dazu wären Fairtrade oder interkulturelles Lernen. „Fehlt“ im Konzept der „Umweltschulen“ also etwas Wichtiges?
Feldmann: Die Auszeichnung heißt im vollen Wortlaut „Umweltschule in Europa / Internationale Nachhaltigkeitsschule“. Das zeigt, dass unser Konzept schon alle Aspekte von BNE abdeckt. Allerdings hat sich die prägnante Kurzform „Umweltschule“ in den letzten 20 Jahren allgemein so etabliert, dass auch wir sie häufig verwenden.
MGF: Herzlichen Dank für dieses interessante Interview. Ich wünsche Ihnen und den Schulen in Ihrem Netzwerk viel Erfolg!
>> Das Interview führte Martin Göb-Fuchsberger, Leiter der Abteilung Schul- und Bildungspolitik im MLLV und Mitglied im Leitungsteam des Arbeitskreises BNE im BLLV.