Ähnlich still wie bei den Geisterspielen in den Fußballstadien, so verhalten ist die Stimmung bei den diesjährigen Tarifverhandlungen. Auch die Einkommensrunde (EKR) 2020 steht verständlicherweise unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Trotzdem läuft die Diskussion über Forderungen und die Planung durchführbarer Aktionen, denn die Arbeitnehmervertretungen wollen laut und sichtbar sein.
Unter dem Dach des dbb beamtenbund und tarifunion bekommt der BLLV eine Stimme in den Verhandlungen zum Tarif. Der dbb fordert gemeinsam mit anderen Gewerkschaften eine Gehaltssteigerung von 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Zudem wird eine Erhöhung der Praktikums- und Ausbildungsentgelte um 100 € angestrebt. Eine weitere Forderung ist die mehr als überfällige Angleichung der Tarife und Arbeitszeiten Ost und West, dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung.
Alle Aktionen müssen coronagerecht durchgeführt werden, damit keine gesundheitlichen Risiken entstehen
Im August beteiligten sich Vertreter*Innen der Fachgruppe Sozial- und Erziehungsdienst an den digitalen Branchentagen, um gemeinsam mit Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen und anderen Mandatsträgern mit dem dbb Bundesvorsitzenden Ulrich Silberbach und dem dbb Fachvorstand für Tarifpolitik Volker Geyer die aktuellen Probleme, mögliche Forderungen und mögliche Druckmittel gegenüber den Arbeitgebern zu diskutieren. Auch wurden Ideen gesammelt, wie die Aktionsfähigkeit erhöht und Aktionsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Hygieneregeln stattfinden können. Fest stand, dass alle Aktionen coronagerecht durchgeführt werden müssen, damit keine gesundheitlichen Risiken entstehen.
Spiel auf Zeit
Nun kam diesen Montag die Ernüchterung. Nachdem es bereits bei der ersten Verhandlungsrunde am 1. September noch kein Angebot der Arbeitgeber von Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) gab, haben diese auch in der zweiten Verhandlungsrunde am 20. September kein Angebot vorgelegt und spielen weiter auf Zeit.
Bei der Tarifrunde 2020 für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen (TVöD) geht es um weit über zwei Millionen Beschäftigte. Die Forderungen gelten für alle Tabellen des öffentlichen Dienstes, dementsprechend auch für die S-Tabelle. Jedoch achtet die Bundestarifkommission auf schlanke, lineare Forderungen. Gesonderte SuE-Forderungen, wie Eingruppierungsfragen, sind nicht Thema dieser Einkommensrunde und werden erst im nächsten Jahr unabhängig von der diesjährigen EKR beschlossen und verhandelt.
Nichtsdestotrotz hat der TVÖD für den Sozial- und Erziehungsdienst eine Vorbildfunktion! Denn es droht, dass der neue Tarif im TVÖD seine Bedeutung als „Leitwährung“ für den frühkindlichen Bereich verliert. Wohlfahrtsverbände, und andere freie Träger könnten dies zum Anlass nehmen und bei Tarifvereinbarungen weit unterhalb des TVÖD verhandeln.
Zum weiteren Zeitplan:
Seit dem 21. September läuft die 2. Aktionsphase. Um den Druck weiter zu erhöhen, erteilt der dbb für die Zeit vom 21. September 2020 bis einschließlich 23. Oktober 2020 die grundsätzliche Freigabe zu jeweils bis zu eintägigen Arbeitskampfmaßnahmen (z.B. Warnstreiks und Demonstrationen).
Am 22. / 23. Oktober ist die dritte und geplant letzte Abschlussrunde. Sollten die Verhandlungen scheitern, können die Gewerkschaften danach zum Erzwingungsstreik aufrufen. Auch ist eine Verlängerung denkbar und weitere Runden könnten folgen – grundsätzlich ist aber auch eine Schlichtung eine Option.
Autorin: Sarah Heße, Leiterin der Fachgruppe Sozial- und Erziehungsdienst im BLLV
>> Weitere Informationen:
Schreiben Nr. 16 des dbb "Einkommensrunde 2020 mit Bund und Kommunen – Zweite Verhandlungsrunde"
>> Neue dbb-Facebookgruppe „Tarif“