Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) dankt für die Übermittlung des Entwurfs eines Gesetzes über Verbote der Gesichtsverhüllung in Bayern und äußert sich im Rahmen der Verbandsanhörung wie folgt:
Da wir grundsätzlich für eine offene Kommunikation im Schulalltag eintreten, lehnen wir eine Verhüllung von Mitgliedern der Schulfamilie ab. Der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht geeignet, diesem Ziel näher zu kommen.
Für den BLLV stellt sich die Frage nach den tatsächlichen Gegebenheiten, auf die dieser Gesetzentwurf über ein Verbot der Gesichtsverhüllung in Bayern rekurrieren will. Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann hat öffentlich erklärt, derzeit gebe es im öffentlichen Dienst keine Burka-Trägerinnen (SZ v. 22.2.2017). Ein Verstoß gegen die bestehende Vorschriften von § 1, Art. 75, Änderung des BayBG oder § 3 Art. 2 Abs.4, Änderung BayEUG ist somit bisher nicht eingetreten.
Der BLLV bezweifelt eine sachliche Notwendigkeit für ein solches Gesetz, weil es im Wider- spruch stehen würde zu dem Ziel des Bürokratieabbaus und der Deregulierung sowie zur der seit Dezember 2013 geltenden, bundesweit einmaligen Paragraphenbremse für Gesetze und Rechtsverordnungen.
Der BLLV bezweifelt zudem, dass es beispielsweise bei Schülerinnen, die freiwillig oder un- freiwillig eine Gesichtsverhüllung tragen, im Sinne einer offenen Gesellschaft zielführend wäre, diesen den Zugang zur Schule erst einmal zu verwehren. Daraus folgende Verwerfungen mit den Eltern würden sich massiv auf deren Töchter auswirken. Dies würde vermutlich zu einer noch größeren Abkehr von der Gesellschaft führen, als sie bei einer Gesichtsverhüllung ohnehin schon anzunehmen ist.
Grundsätzlich vertritt der BLLV die Haltung, dass Toleranz im gesellschaftlichen Miteinander und insbesondere im Schulalltag, eine herausragende Rolle einnimmt. Diesem Begriff immanent sind zum einen der Schutz der Persönlichkeitsrechte (Art. 2 GG) sowie die Religionsfreiheit (Art. 4 GG). Die Wahrung dieser Grundrechtsartikel muss in jedem Fall gewährleistet sein, eine Beschneidung dieser Rechte darf nur in äußersten Ausnahmefällen und bei Gefährdung des Allgemeinwohls, jedoch stets unter Beachtung der Verfassungsmäßigkeit, vorgenommen werden.
Der BLLV hat das Manifest: HALTUNG ZÄHLT verfasst. Zu dessen Erstunterzeichner/innen gehören die Vorsitzenden aller Fraktionen des Bayerischen Landtags und der Bayerische Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. Mit diesem Manifest ist der vorliegende Gesetzentwurf aus Sicht des BLLV nicht vereinbar. Denn den Gesetzentwurf halten wir für geeignet, den Eindruck zu erwecken, vom Islam ginge eine Gefahr aus. Dies ist in jedem Fall zu verhindern.
Der BLLV ist gleichwohl der Auffassung, dass Schulleitungen Rechtssicherheit brauchen für den Fall, dass es Lehrerinnen mit Gesichtsverhüllung an ihrer Schule geben sollte. Aus den vorgenannten Gründen ist hierfür ein Gesetz nicht erforderlich und ungeeignet. Der BLLV plädiert dafür, die Rechtssicherheit für Schulleitungen durch ein KMS zu schaffen. Da aus unserer Sicht kein Zeitdruck in dieser Angelegenheit besteht, sollte dieses vorab gründlich diskutiert werden. Dabei sollte auch das Urteil des EuGH vom 14.03.17 einbezogen werden. Ausgrenzung und Abwertung gleich welcher Form sind in jedem Fall zu verhindern.
Aus den genannten Gründen lehnt der BLLV das vorliegende Gesetz ab.