Gesetzestexte zum Lehrerberuf oder zur Schule sind langweilig. Meint man. Die Realität ist viel spannender und aufregender. Meint man. Grundsätzlich stimmt das. Aber es gibt Gesetzestexte, die ganz unschuldig daherkommen und doch enormen Sprengstoff bergen. Texte, die Rätsel aufgeben und nachdenklich machen. Zum Beispiel das „Gesetz über die Leistungslaufbahn und Fachlaufbahnen der bayerischen Beamtinnen und Beamten“. Was für ein sperriger Name für ein Gesetz, das für das Leben vieler Menschen so weitreichende Folgen hat.
Artikel 7 dieses Gesetzes klärt darüber auf, welche Vorbildung die Voraussetzung für den Einstieg in eine der vier Qualifikationsebenen ist: Ein abgeschlossenes Hochschulstudium mit bestandenem ersten Staatsexamen oder ein Masterabschluss an einer Universität. Super! Da schaut eine Grundschul- und eine Mittelschullehrkraft gerne mal nach, was „vierte Qualifikationsebene“ für ihre Besoldung bedeutet. Und siehe da: Artikel 23 des Bayerischen Besoldungsgesetzes legt fest: Eingangsamt A13 für alle, die der vierten Qualifikationsebene zugeordnet werden. Also doch! Acht, zehn Semester beinhartes Lehramtsstudium und zwei Jahre an die Substanz gehende Ausbildung an der Schule rentieren sich für alle Lehrerinnen und Lehrer zumindest finanziell.
Das Gesetz hüllt sich in Schweigen
Diese Folgerung wäre logisch und gerecht. Doch dann steht da dieser lapidare Nebensatz zur Eingangsbesoldung: „Für Grund- oder Mittelschullehrer und Grund- oder Mittelschullehrerinnen gilt abweichend die Besoldungsgruppe A12.“ Was? Habe ich richtig gelesen? Warum das? Das Gesetz hüllt sich in Schweigen. Das tun auch die meisten Politiker. Nur die Freien Wähler haben „A13 für alle Lehrerinnen und Lehrer“ zum Wahlkampfthema gemacht und damit bei vielen Kolleginnen und Kollegen gepunktet. Am Ende der Legislaturperiode werden wir vor allem bei der Regierungspartei der Freien Wähler nachfragen.
Es ist Zeit, sich auf den Weg zu machen – auf den Weg des gleichen Eingangsamtes für alle Lehrerinnen aller Schularten. Warum sollten die enormen erzieherischen Aufgaben in den Grund- und Mittelschulen weniger wert sein als der Fachunterricht am Gymnasium? Wie könnten die Inklusion und die Integration, die fast ausschließlich an Grund-, Mittel- und Förderschulen geleistet werden, als Frage intrinsischer Motivation abgetan werden? Der Lehrermangel an Grund- und Mittelschulen hat auch mit dem Ungleichgewicht von Bezahlung und Leistung zu tun. Und wer behauptet, die Kosten für eine Gleichstellung auf dem höheren Niveau seien nicht zu bewältigen, liegt daneben.
Es geht um Anerkennung und Gerechtigkeit
Und noch was: Eine ungleiche Besoldung spaltet die Lehrerschaft. Sie verhindert die Entwicklung eines gemeinsamen Berufsverständnisses, weil die Lobby der Besserverdienenden nicht selten damit beschäftigt ist, Scheinargumente für die Abstandswahrung zu sammeln. Auch Grund- und Mittelschullehrerinnen und -lehrer pflegen nicht selten Vorurteile gegenüber den Kolleginnen und Kollegen am Gymnasium. Gegenseitige Vorurteile dürfen aber keine Zukunft haben. Die anstehenden Herausforderungen für uns Lehrerinnen und Lehrer sind zu groß.
Es geht um Anerkennung und Gerechtigkeit. Und um ein gemeinsames Professionsverständnis. Das benötigen wir mehr denn je – unabhängig von der Schulart, an der jede und jeder von uns unterrichtet. Lehrerinnen und Lehrer bauen gemeinsam und gleichermaßen an der Zukunft unserer Gesellschaft – in der Grundschule, im Gymnasium, in der Mittelschule, in der Realschule und in der Förderschule. // Simone Fleischmann