Abrupter Abschied vom Auslandspraktikum in Ghana
Abrupter Abschied vom Auslandspraktikum in Ghana
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Unerwartete Rückkehr in die Heimat

Im Rahmen des BLLV Auslandspraktikums machten sich Anfang Februar rund 70 Praktikantinnen und Praktikanten auf in die weite Welt. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand ahnen, dass eine weltweite Pandemie dieser wertvollen Erfahrung ein abruptes Ende bereiten würde. Wie es wieder zurück in die Heimat ging, erfahren Sie in diesem Bericht.

Es sollte eine aufregende und abenteuerreiche Zeit im Ausland werden. In über 20 verschiedene Länder schwirrten die jungen Studierenden aus, um sich für soziale Projekte zu engagieren oder an einer der BLLV-Partnerschulen zu unterrichten. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand ahnen, dass eine weltweite Pandemie dieser wertvollen Erfahrung ein abruptes Ende bereiten würde. 

In den meisten Praktikumsländern war die Lage Mitte März zunächst nicht so angespannt wie in Europa. Viele Teilnehmende fühlten sich sicher in ihren Projekten. Dementsprechend war die Überraschung vieler groß, als der BLLV das Programm aus Sicherheitsgründen vorzeitig beendete und auf eine schnellstmögliche Rückreise drängte. Dieser Entschluss sollte sich jedoch schnell als richtig herausstellen. Die Lage änderte sich rapide und die Organisation eines Heimflugs wurde von Tag zu Tag aussichtsloser. Die größten Rückkehrschwierigkeiten hatten die Praktikanten und Praktikantinnen in Peru und Namibia. Durch die verhängten Ausgangssperren und die Einstellung des Flugverkehrs hatten einige von ihnen zunächst keine andere Wahl, als in ihren Gastfamilien oder Wohngemeinschaften zu bleiben und abzuwarten. Erst die großangelegte Rückholaktion des Auswärtigen Amts ermöglichte dem Großteil schließlich einen Rückflug in die Heimat.

Herzlichkeit in Costa Rica

Rikke war in Costa Rica und unterrichtete Deutsch an der Franz-Liszt-Schule in Santa Ana. Auch ihre Gastfamilie kümmerte sich in dieser besonderen Situation herzlich um sie. Sie selbst beschreibt die Lage wie folgt: „Die meisten Menschen begannen von zu Hause aus zu arbeiten oder wurden, wie auch ein Mitglied meiner Gastfamilie, entlassen. Ich habe nach der Schulschließung jeden Tag auf einen Anruf des Auswärtigen Amts gehofft, um zurück nach Deutschland zu kommen. In dieser Zeit war ich noch einmal mehr für meine tolle und herzliche Gastfamilie dankbar, die mich stets unterstützt und wie eine eigene Tochter behandelt hat! Letztendlich konnten meine Eltern einen der letzten Flüge für mich buchen und ich bin somit seit einer Woche wieder zurück in Deutschland.“

Abrupter Abschied aus Ghana

Bianca, Alicia und Karin waren zusammen in Sega, Ghana und unterstützen die Lehrkräfte der Anmchara International School. Zu diesem Zeitpunkt verzeichnete Afrika noch wenige Corona Infizierte. Doch war die Angst vor dem Virus bereits spürbar.  Bianca beschreibt die Situation so: „Die meiste Zeit war die Krise ganz weit weg von uns. Wir haben uns wie in unserer eigenen Welt gefühlt und die Probleme und Auswirkungen waren kaum greifbar.“ Alicia ergänzt: „Alles lief sehr gut, bis zu dem Zeitpunkt, als der ghanaische Präsident von einen Tag auf den anderen, aufgrund von sechs Coronafällen im Land, alle Schulen schließen ließ. Bis dahin hatten wir immer das Gefühl, als weiße Europäerinnen in Ghana willkommen zu sein. Die Stimmung schlug jedoch fast schlagartig um und auf einmal hatten wir den Eindruck, beschuldigt zu werden, das Virus nach Afrika gebracht zu haben. Trotz allem wurden wir sehr liebevoll von unseren Dorfbewohnern verabschiedet. Am darauffolgenden Tag reisten wir überstürzt zurück nach Deutschland.“ Karin fiel der schnelle Abschied besonders schwer: „Wir haben zwar ab und zu per Internet die Nachrichten verfolgt, aber uns zunächst sehr sicher gefühlt, da wir zu dem Zeitpunkt noch davon ausgegangen sind, dass das Virus nicht bis nach Afrika kommen würde. Der unerwartete Abschied fiel mir sehr schwer.“

Fragiles Gesundheitssystem in Ruanda

Kerstin und Luisa waren in Ruanda. Luisa schildert: „Dann kam alles Schlag auf Schlag. Es gab immer mehr Infizierte in Asien und auch Europa, allerdings nicht in Afrika, weshalb wir noch relativ entspannt waren. Als die Situation dann aber angespannter wurde und immer mehr Flüge abgesagt wurden, wurden auch wir hellhörig. Als es dann die ersten Infizierten in Ruanda gab, standen überall vor Supermärkten, Restaurants und ähnlichem Waschbecken und Desinfektionsmittel. Des Öfteren wurde einem auch Fieber gemessen. Auch wenn wir gerne länger geblieben wären, um unser Praktikum zu beenden, waren wir froh, als wir zurück nach Deutschland fliegen konnten, wo es ein funktionierendes Gesundheitssystem gibt.“ Kerstin ergänzt: „Unsere Familien organisierten die Umbuchung unseres Rückfluges, sodass wir gemeinsam mit einer der letzten Maschinen nach Deutschland fliegen konnten. Der Flughafen in Kigali wurde kurze Zeit später geschlossen. Wir hatten weniger Angst vor dem Virus selbst, sondern eher vor den Folgen eines Zusammenbruchs des Gesundheitssystems in diesem Land.“

Umgang mit Ungewissheit in Neuseeland

Melanie war in Neuseeland und unterrichtete an der Wanganui Intermediate School. Eigentlich stand nun ihr Reisemonat, den sie im Anschluss an das Praktikum machen wollte, an. Sie berichtet: „Die letzten Wochen waren echt ereignisreich und ich bin wirklich froh, dass ich vor neun Wochen noch nicht wusste, wie heftig dieses Virus unsere Welt auf den Kopf stellen würde. Wahrscheinlich wäre ich dann nicht geflogen und hätte so viel verpasst. Keine eindeutigen Informationen bekommen zu können, war fast das Schlimmste. Man hängt im Nichts und jede Entscheidung kann falsch sein. Man muss sagen: Die Botschaft hat ganz tolle Arbeit geleistet. Auch wenn bis zum Schluss nicht immer alles glatt lief, hatte ich immer das Gefühl, von Menschen betreut zu werden, die ihr Bestes geben, um uns sicher nach Hause zu bringen. Was mich fast erstaunt ist, dass es mir kaum Leid tut um eine Reise, auf die ich mich monatelang gefreut habe. Mir war sofort klar, dass es so viel größere Probleme auf der Welt gibt und mein Schaden, im Vergleich dazu, nichtig ist. Sogar unser Alltag ist ein riesiges Privileg. Ich glaube nicht, dass mir das vorher so innig bewusst war!“

Dankbar zuhause

Rückblickend haben die Praktikantinnen und Praktikanten die Situation - den Umständen entsprechend - gut gemeistert und wurden auch in dieser besonderen Zeit von ihren Gastgebern herzlich unterstützt. Vielen von ihnen wurde in dieser Ausnahmesituation noch einmal mehr bewusst, dass es ein Privileg ist, in ein Land mit einer guten Infrastruktur und einem stabilen Gesundheitssystem zurückkehren zu können. Und so kamen am Ende alle dankbar und mit wertvollen Erinnerungen zurück.

 

Über das BLLV Auslandspraktikum

Jährlich absolvieren bis zu 70 Lehramtsstudierende ein Auslandspraktikum mit dem BLLV. Darüber hinaus nehmen rund 40 Studierende am Namibia School Project teil und unterrichten 6 bis 12 Monate an namibischen Schulen Deutsch. Beide Programme werden durch den BLLV betreut und gefördert.

Lesen Sie mehr über die Abenteuer unserer Studierenden in den Auslandsprogrammen auf dem Blog  lehrerreise.de.



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