Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) ist mit über 140.000 Mitgliedern die zweitgrößte Lehrergewerkschaft Deutschlands.„Gewalt gegen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst“ ist nicht erst seit der gemeinsam vom Bundesministerium des Innern und des dbb beamtenbund und tarifunion im April 2016 ver- anstalteten Konferenz ein Thema, wenngleich es nun die Öffentlichkeit erhält, die es ver- dient. Die Debatten zeigten: alle Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes sind betroffen.
Am Montag, den 14. November 2016, haben wir die vom VBE beauftragte und von forsa umgesetzte, repräsentative Umfrage zur "Gewalt gegen Lehrkräfte" veröffentlicht. Fast jede zweite befragte Lehrkraft gab an, dass dies ein Tabu-Thema ist, und forderte mehr Enga- gement des jeweiligen Schulministeriums und der Landesregierung. Wir sind den Kultusmi- nisterien und den Landesregierungen dankbar für die positive Annahme unserer Umfrage und hoffen auf eine konstruktive Debatte zur Änderung der aufgezeigten Situation.
Insbesondere freuen wir uns über die Gesetzesinitiative, die die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, in der Sitzung des Bundesrates am 16. Dezember 2016 vorgestellt hat, „wonach eine gegenüber dem Gemeinwohl feindliche oder gleichgültige Haltung bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist. Dadurch soll die Bedeutung einer solchen Gesinnung für die gerichtliche Strafzumessung verdeutlicht wer- den.“ Für die Umsetzung soll der § 46 (Grundsätze der Strafzumessung) des Strafgesetz- buches erweitert werden. Sie als Mitglied des Rechtsausschusses des Bundesrates werden in der nächsten Sitzung am 25. Januar 2017 hierüber beraten.
Wir gehen davon aus, dass Sie die Gesetzesinitiative kritisch analysieren und eine entspre- chend konstruktive Bewertung abgeben.
Um die Brisanz der Situation und die Dringlichkeit härterer Strafen zu verdeutlichen, möchten wir Sie jedoch im Vorfeld der Beratungen eindringlich auf die Ergebnisse unserer Umfrage hinweisen. Die Befragung von 1.951 Lehrkräften in ganz Deutschland offenbarte, was wir bereits vermuteten, wenngleich uns die Dimension durchaus negativ überraschte. Über die Hälfte der befragten Lehrkräfte sagten u.a., dass es an ihrer Schule in den letzten fünf Jahren zu psychischer Gewalt gegen Lehrkräfte gekommen sei. Zudem sagen 6 Pro- zent der Befragten bundesweit, dass Sie in den letzten fünf Jahren bereits selbst körperli- che Gewalt erlebt haben. Dies betrifft 45.000 Lehrkräfte in Deutschland. Lehrerinnen und Lehrer, die der Generation von morgen Wissen vermitteln möchten, werden durch das des- pektierliche Verhalten anderer zu Opfern gemacht.
Wir stehen dafür ein, dass schulinterne Maßnahmen und im Schulkodex festgelegte Mittel ergriffen werden, um Gewalt gegen Lehrkräfte zu ahnden. Sind Erziehungs- und Ord- nungsmaßnahmen jedoch ausgeschöpft oder zeigt die Bewertung des Gewaltvorfalls nach Schwere der Verletzung, Art des Vergehens und möglicher Strafmündigkeit, eine Gefähr- dung, muss auch eine Anzeige gestellt werden. Hierbei müssen sich Lehrkräfte, die Gewalt erlebt haben, auf den Schutz des Dienstherren und die Bestrafung durch die Justiz verlas- sen können. Der VBE setzt sich dafür ein, dass alle Beteiligten wissen: Rote Linien sind nicht für die konsequente Übertretung gedacht.
Die Gesetzesinitiative aus Nordrhein-Westfalen setzt an diesem Punkt an. Angriffe gegen Lehrkräfte zeigen eine dem Gemeinwohl gegenüber feindliche Haltung. Die Aufnahme die- ses Strafzumessungsgrundes kann strafverschärfend wirken und macht somit deutlich, dass der Staat seine Bediensteten schützt. Dies unterstützen wir in jeglicher Hinsicht.
Wir danken Ihnen für die kritische Prüfung der Gesetzesinitiative unter Einbezug unserer Hinweise.
Udo Beckmann, Bundesvorsitzender
Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV