Nicht nur unsere Gesellschaft versinkt in einem Meer an Informationen und kurzlebigen Reizen - auch unsere Schulen werden überflutet von Aktionen und Reforminitiativen.
Nicht nur unser Lebensstil hat sich in unmenschlicher Weise beschleunigt - auch unsere Schüler sollen immer mehr in immer weniger Zeit lernen.
Nicht nur wir Erwachsenen leiden unter dem Druck von Übererwartung und ständiger Leistungssteigerung - auch unsere Kinder werden zu Opfern einer einseitigen Leistungserwartung.
Wir Lehrerinnen und Lehrer müssen feststellen:
Bildungspolitik in Bayern findet auf viele dieser enormen Herausforderungen für unsere Schulen keine schlüssigen Lösungen.
Bildungspolitik in Bayern verweigert sich in vielen Bereichen einer ideologiefreien Diskussion mit Wissenschaftlern, Praktikern und Experten.
Bildungspolitik in Bayern erschöpft sich leider zu oft in aktionistischen unkoordinierten Einzelinitiativen.
Bildungspolitik in Bayern leugnet zu häufig die existierende pädagogische Not an unseren Schulen und die Ratlosigkeit von immer mehr Lehrern und Eltern.
Wir Lehrerinnen und Lehrer warnen vor einer weiteren Beschleunigung und Verdichtung in unseren Schulen!
- Wir fordern ein Ende des blinden Reformaktionismus.
- Wir fordern eine Entschleunigung der Schule durch eine radikale Kürzung der Lehrpläne, durch die überlegte Einführung eines kompetenzorientierten Unterrichts, durch die Einführung der gebundenen Ganztagsschule und durch ausreichend Zeit für nachhaltiges Lernen an allen Schularten.
- Wir fordern mehr Ressourcen für individuelle Förderung, für Teamteaching und für kleinere Klassen und Gruppen.
- Wir fordern eine Besinnung auf die wesentlichen Bildungsinhalte und auf die pädagogischen Grundbedingungen für Lernen.
Wir Lehrerinnen und Lehrer appellieren an alle bildungspolitisch aktiven Organisationen, an alle Eltern und an die Politiker aller Parteien:
Nehmen Sie die Sorgen und Warnungen der Lehrerinnen und Lehrer, vieler Eltern und Experten ernst. Kritiker der derzeitigen Situation sind keine Nörgler und keine Jammerer. Aus ihrer täglichen Erfahrung in und mit der Schule und aus ihrer pädagogischen Verantwortung heraus drängen sie auf ruhige und überlegte Reformen, auf eine pädagogische Vision und auf eine gemeinsame Gestaltung einer Schule, die den Schülerinnen und Schülern in einer Zeit der Reizüberflutung ein Ort der Bildung und der Gemeinschaft ist. Dies wird möglich, wenn die Freiheit der einzelnen Schule gestärkt, wenn ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung bereit gestellt wird und wenn die Kolleginnen und Kollegen ernst genommen werden.
Dazu brauchen wir in unserem Schul- und Bildungssystem eine Kultur des Vertrauens, der Wertschätzung und der gegenseitigen Unterstützung.