So richtig Freude kommt aber mit der neuen Schulordnung nicht auf. Im Gegenteil: Die damit einhergehende neue Stundentafel sorgt schon vor der Einführung für Diskussionen. "Die Chemielehrer sehen sich als Verlierer der Schulreform", titelte die SZ am 17. Mai. Naturwissenschaftliche Fächer kämen generell zu kurz, so der Vorwurf. Deutlich aufgewertet dagegen seien die Fächer Informatik oder politische Bildung. Es steht zu befürchten, dass weiter erbittert um die Neugestaltung des G9 gekämpft wird und die Schulen nicht zur Ruhe kommen.
Engere Taktung
Mit der neuen Stundentafel wird die Taktung noch enger als im alten G8. Für die Hauptfächer stehen nun in vielen Jahrgangsstufen weniger Wochenstunden zur Verfügung. In der zehnten Klasse haben die Schülerinnen und Schüler 16 Fächer. Keines davon hat mehr als drei Wochenstunden, vier sind nur einstündig. Sinnvolles Lernen aber braucht Zeit. In einer Stunde pro Woche ist das nicht möglich. Einzelne Fächer verlieren zudem an Kontinuität. Das Fach Geografie beispielsweise wird nur noch 'lückenhaft' unterrichtet, nämlich in den fünften, siebten und zehnten Jahrgangsstufen, in den sechsten achten und neunten nicht.
Problem für den MINT-Bereich
Auch wenn beteuert wird, das stärke die Naturwissenschaften: Die neue Stundentafel ist für den MINT-Bereich problematisch. Die Fächer Chemie und Biologie sollen in den elften Jahrgangsstufen gar nicht mehr unterrichtet werden und das lässt den Schluss zu, dass sich wesentlich schwerer Schüler/innen für die Qualifikationsphase finden werden. Hinzu kommt noch, dass auch die Zahl der Intensivierungsstunden stark zurückgefahren wurde.
Sicher: Alle Erwartungen an die neue Stundentafel für das neunjährige Gymnasium zu erfüllen, gleicht der Quadratur des Kreises. Doch hätte zum Beispiel ein Projektfach in der Mittelstufe, in dem Lerninhalte der verschiedenen Sachfächer gebündelt und mit hohem Lebensweltbezug abgedeckt werden, die Fächerzersplitterung verhindern können. Aber dafür hätte es mehr Mut für echte pädagogische Reformen gebraucht. Hier wurde leider eine Chance vertan.
Reform der Oberstufe steht aus
Für die noch ausstehende Reform der Oberstufe erhofft sich der BLLV eine deutliche Ausweitung der Vertiefungs- und Wahlmöglichkeiten. Vor allen Dingen sollte Bayern wieder zu dem Vier-Fächer-Abitur zurückkehren und die Verpflichtung für Deutsch und Mathematik als Abiturfächer wieder zurücknehmen. Die Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern steigen durch guten Unterricht, nicht durch eine verpflichtende Prüfung am Ende des Bildungsgangs.
Unser 2016 vorgestelltes MODULSYSTEM wäre ein guter Weg. Denn es erlaubt eine echte Individualisierung und bietet ein flexibles und für jeden einzelnen Schüler passgenaues Angebot.
Autor: Fritz Schäffer, Leiter der Abteilung Schul- und Bildungspolitik im BLLV